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# taz.de -- Diplomatische Annäherung durch Sport: Mal ping, mal pong
> Olympia könnte zur Annäherung von Süd- und Nordkorea führen. Neu ist ein
> solcher Versuch nicht – und er funktioniert längst nicht immer.
Bild: Die Deutsche Shan Xiaona spielt den Ball
In die Geschichte eingehen wie Richard Nixon. Das wär’s. Davon träumen
derzeit einige Sport- und Staatenlenker: Nordkoreas Kim Jong Un
beispielsweise, Thomas Bach vom Internationalen Olympischen Komitee ebenso,
vielleicht auch Südkoreas Präsident Moon Jae In.
Man muss nämlich nur von Watergate und dem schmählichen politischen Ende
des einstigen US-Präsidenten absehen, um fest daran zu glauben, dass mit
der Erinnerung an Richard Nixon großer Ruhm winkt: eine
süd-nord-koreanische Wiederholung der legendären Ping-Pong-Diplomatie
nämlich. Mit der gelang 1971 etwas Ähnliches wie das, worauf derzeit
gehofft wird. Damals näherten sich die USA und die Volksrepublik China an,
weil sich zwei Tischtennisspieler beider Länder, Glenn Cowan und Zhuang
Zedong, während einer Weltmeisterschaft angefreundet hatten. Was folgte,
war die Einladung eines US-Teams nach China und letztlich der Besuch des
US-Präsidenten beim Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas.
Entspannung halt.
Seit Nixon und Mao gilt Sport als das süßeste Instrument der Außenpolitik.
Noch wirksamer als das Einbestellen des Botschafters oder das Drohen mit
einem Embargo. Mit Sport kann man belohnen und mit Nichtsport kann man
drohen. Wenn Sport stattfindet, etwa bei Olympischen Spielen oder
Weltmeisterschaften, kann man unbemerkt Gespräche führen und so tun, als
diene das, was man zur Durchsetzung der Interessen des eigenen Landes
veranstaltet, nur dem Weltfrieden.
Die Strahlkraft des Sports, seiner oft jugendlichen oder zumindest nicht
allzu alten Akteure, die zudem oft noch gut aussehen, ist so stark, dass es
sogar eine Agentur gibt, die den Frieden in kurzen Hosen als Weltmarke
vertreibt: Internationales Olympisches Komitee heißt das Start-up, kürzt
sich supermodern IOC ab, nutzt fünf bunte Ringe als Corporate Design, und
seine – wie Gründer ja gerne formulieren – „Philosophie“ ist genial: W…
holen alle Nationen zu einem Zeitpunkt an einem Ort zusammen, das nennen
wir „Olympia“, und unsere Kunden können dort ihren politischen Gewinn
einstreichen. Eine Messe des guten Willens.
## Alle zufrieden
An seinen Kunden Süd- und Nordkorea schraubt das IOC schon seit Jahrzehnten
rum. 1988 sollten etwa die Olympischen Sommerspiele in Seoul, der
südkoreanischen Hauptstadt, stattfinden, und Nordkorea drängte sich rein:
Die Hälfte aller Wettbewerbe, mindestens aber acht Disziplinen sollten in
Nordkorea stattfinden – nicht zuletzt Tischtennis.
Hätte es geklappt, wären alle zufrieden gewesen: Südkorea, weil es sein
Entgegenkommen weltweit demonstriert hätte, Nordkorea, weil es plötzlich
als sympathische Weltmacht erschienen wäre, und das IOC, weil sein
Präsident sich schon auf den Friedensnobelpreis hätte freuen können.
Hatte aber nicht geklappt, Nordkorea boykottierte letztlich die Spiele,
doch dem IOC hat das Scheitern seiner Mission am allerwenigsten geschadet:
Schuld sind stets die, welche die selbstlose Mittlerrolle des
Olympiakonzerns ausschlagen. Mittlerweile weiß man, dass nicht mal Boykotte
schaden: Am wenigsten den Olympischen Spielen, die bislang noch nie in
ihrer über hundertjährigen Geschichte ohne irgendein politisch motiviertes
Fernbleiben auskamen. Nicht mal die großen Boykotte 1980 und 1984 haben dem
IOC seinen Ruf als größte Friedensbewegung der Welt den Garaus machen
können.
Die Ping-Pong-Diplomatie kam Anfang der 70er Jahre ohne das IOC aus. Mit
Unterstützung von Thomas Bach wäre Richard Nixon vielleicht noch
ruhmreicher abgetreten.
20 Jan 2018
## AUTOREN
Martin Krauss
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