# taz.de -- Tischtennisturnier Korea Open: Nord-Süd-Korea gewinnt Gold | |
> Erstmals seit 27 Jahren gewinnen SportlerInnen aus Nord- und Südkorea | |
> wieder eine gemeinsame Goldmedaille – im gemischten Doppel. | |
Bild: Es könnte größer werden: Cha Jyo Sim (Nordkorea) und Jang Woojin (Süd… | |
Die Mixed-Wettbewerbe von internationalen Tischtennisturnieren sind | |
gewöhnlich eine Sache für Liebhaber. Nicht so am Samstag bei den Korea | |
Open. Im südkoreanischen Daejon gewannen die Koreaner Cha Hyo Sim und Jang | |
Woojin das gemischte Doppel. Sie ist aus Nordkorea, er aus Südkorea. Und | |
gemeinsam feierten sie die erste Goldmedaille im Sport für ein vereintes | |
koreanisches Team seit 27 Jahren. Auch damals war es der Tischtennissport: | |
1991 im chinesischen Chiba haben die verfeindeten Nationen sensationell die | |
Weltmeisterschaft bei den Frauen gewonnen. | |
Der jüngste sportliche Erfolg der koreanisch-koreanischen Paarung ist der | |
vorläufige Höhepunkt der Annäherung beider Länder, in der Sport als | |
bedeutendes Vehikel fungiert. Schon zu Jahresbeginn waren Nord- und | |
Südkorea [1][bei den Olympischen Winterspielen] im südkoreanischen | |
Pyeongchang unter gesamtkoreanischer Flagge eingelaufen. Sie hatten sogar | |
[2][ein gemischtes Eishockeyteam der Frauen] ins Rennen geschickt, das zwar | |
für Aufmerksamkeit sorgte, sportlich aber unterging. Ende April sprachen | |
beide Länder schließlich [3][beim Korea-Gipfel] über eine atomare Abrüstung | |
in der Grenzregion der Länder, die seit dem Ende des Koreakriegs 1953 | |
getrennt sind. Bis zum Jahresende wolle man zudem einen Friedensvertrag | |
aushandeln. | |
Auf dem Weg dorthin kann nicht nur der Sport zum Motor werden – sondern vor | |
allem das Tischtennis. Im Tischtennis ist die Kooperation von Nord- und | |
Südkorea besonders, weil beide Nationen hier zur erweiterten Weltspitze | |
zählen und für positive Schlagzeilen sorgen können. In ihren Ländern, aber | |
auch im Rest der Welt. | |
Das bewiesen ihre AthletInnen nicht erst in Daejon: Bei der Mannschafts-WM | |
Anfang Mai im Halmstadt, Schweden, wären die Frauenteams aus Nord- und | |
Südkorea im Viertelfinale aufeinandergetroffen. Sie entschieden sich aber | |
am Vorabend ihres Duells, nicht gegeneinander zu spielen – sondern im | |
Halbfinale als gemeinsames Team miteinander. Obwohl das Regelwerk eine | |
solche Fusion nicht hergibt, willigte der Tischtennis-Weltverband ein. Es | |
gehe um etwas, „das größer ist als die Regeln: Es ist ein Zeichen für den | |
Frieden“, hatte Thomas Weikert, der deutsche Präsident des Weltverbands, | |
gesagt. „Wir sind froh, ein neues Kapitel Tischtennisdiplomatie zu öffnen, | |
um Frieden auf der koreanischen Halbinsel zu fördern.“ Das Team Korea | |
gewann die Bronzemedaille. | |
Schon während der WM war immer wieder der Begriff der | |
„Ping-Pong-Diplomatie“ gefallen. „Tischtennis hat eine lange Tradition als | |
Friedensstifter“, so Weikert. Die begründet sich auf ein außenpolitisches | |
Zerwürfnis und ein US-amerikanisches Embargo gegen die Volksrepublik China, | |
das durch den Tischtennissport aufgelöst wurde: Während der | |
Weltmeisterschaft 1971 im japanischen Nagoya hatte sich der | |
US-amerikanische Spieler Glenn Cowan mit Zhuang Zedong, der für China | |
spielte, angefreundet. Daraufhin hatte der chinesische Tischtennisverband | |
die amerikanischen Spieler im Anschluss an die WM nach China eingeladen. | |
Sie waren die Wegbereiter für Besuche von hochrangigen Politiker wie Henry | |
Kissinger und Richard Nixon in den darauffolgenden Monaten. | |
Nun also der Ping-Pong-Diplomatie zweiter Teil. Korea Open in Daejon, wo | |
sich die Akteure der Tragweite des Moments durchaus bewusst waren. „Ich | |
habe mich gefühlt, als müssten wir unbedingt gewinnen“, so der siegreiche | |
Südkoreaner Jang Woojin nach dem Finale gegen die chinesische Paarung Wang | |
Chuqin/Sun Yingsha. Ausgerechnet der international erfahrenere Mann aus | |
Südkorea spielte zunächst fahrig. „Ich habe zum ersten Mal in meiner | |
Karriere eine Gänsehaut beim Spielen gehabt“, sagt er. Doch seine Partnerin | |
Cha Hyo Sim, mit der er zum ersten Mal im Mixed antrat, habe ihn beruhigt. | |
Cha Hyo Sim war es auch, die den Matchball zum Vier-Satz-Sieg verwandelte. | |
Allerdings wird über eine gemeinsame Zukunft beider Länder nicht an der | |
Platte, sondern am Verhandlungstisch entschieden. Und hier bezweifeln viele | |
Experten die ernsthaften Absichten Nordkoreas. Das brachte, ob gewollt oder | |
ungewollt, auch der siegreiche Tischtennisspieler Jang Woojin zur Sprache: | |
„Ich habe Hyo Sim bei der Siegesehrung weinen sehen, und es bricht mir das | |
Herz, dass wir uns bald voneinander verabschieden müssen“, sagte er über | |
seine Partnerin. Denn wann sich die Gewinner wiedersehen werden, das | |
entscheiden trotz des historischen Triumphs noch immer andere. | |
22 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jan Lueke | |
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