Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Der Geruch von Satans Atem
> Ein Königreich für einen Exorzisten. Oder was soll man sonst gegen die
> Dämonen auf dem Dachboden einsetzen?
Wenn man mal einen Exorzisten braucht, ist keiner da. Unser Haus ist von
Dämonen besessen, die auf dem Dachboden leben. Man hört sie, aber man sieht
sie nicht. Zunächst glaubten wir, es handle sich um Mäuse, aber die
aufgestellten Fallen funktionierten nicht. Der Köder war jeden Morgen
weggefressen, die Falle jedoch nicht zugeschnappt. Da Mäuse gewöhnlich
nicht über Werkzeug zur Lahmlegung von Mausefallen verfügen, muss es sich
um Dämonen handeln.
Wir sind nicht die Einzigen, die von ihnen heimgesucht werden. Die
Zeitschrift The Irish Catholic berichtet, ein „führender Experte“
beschuldige die Hierarchie, dass sie „in Anbetracht des dramatischen
Anstiegs dämonischer Aktivitäten im Land die Schäfchen im Stich lasse“,
weil sie keine Exorzisten ausbilde. Der Experte ist Pfarrer Pat Collins,
selbst ein Exorzist. Er warf den Kirchenoberen vor, wirklichkeitsfremd zu
sein. Damit hat er sicherlich recht, aber seine Begründung erscheint
fraglich: Er sei verblüfft, dass die Kirche nichts unternehme, um Menschen
zu helfen, die Geistern begegnen, aus ihren Betten gezogen werden oder
komplett besessen sind.
Der Vatikan hat 1999 ausgewählten Lesern eine Übersetzung des Buches „De
Exorcismis et Supplicationibus Quibusdam“ zugänglich gemacht, eine
84-seitige Anleitung zum Exorzismus, die seit Jahrhunderten inoffiziell von
Priestern angewendet wurde. Malachi Martin, der berühmteste irische
Exorzist, erlebte das nicht mehr, er war kurz zuvor gestorben. Er hatte in
Kerry im Südwesten gewirkt, wo sonderbare Menschen leben und sonderbare
Politiker ins Dubliner Parlament wählen. „Ich habe Satans Atem gerochen und
die Stimmen der Dämonen gehört“, schrieb er in seinen Memoiren, „kalte,
kratzige Stimmen, die Hassbotschaften verbreiteten.“ Eine Zukunftsvision
von Trump?
Voriges Jahr hat Martin wieder Schlagzeilen gemacht, weil Netflix eine
Dokumentation über ihn unter dem Titel „Hostage to the Devil“ gesendet hat.
Martin hat sich 1964 von seinem Priestergelübde entbinden lassen, weil die
Kirche „stärker an der Macht interessiert ist als an der Rettung der
Seelen“. Er zog nach New York und wurde Tellerwäscher und später Millionär,
weil sich seine Memoiren wie geschnitten Brot verkauften.
Noch erfolgreicher als Martin ist der Italiener Gabriele Amorth, der
angeblich schon mehr als 70.000 Menschen von Dämonen befreit hat. „Der
Teufel hatte einer Frau prophezeit“, sagt Amorth, „dass er sie dazu bringen
würde, ein Transistorradio auszuspucken. Und tatsächlich, kurz darauf spie
sie die Einzelteile eines Radios aus.“ Warum hat sie einen Exorzisten
gerufen? Ein Transistorradio ist doch eine feine Sache. Vielleicht wäre es
beim nächsten Mal ein Ferrari gewesen.
Wenn das Weihwasser kocht, Gebetsbücher brennen oder Kruzifixe durch den
Raum fliegen, genügt meist schon ein Gebet. Bei unseren Mäusedämonen hat es
nicht gewirkt. Wir stellen jetzt eine Katze als Exorzisten ein.
29 Jan 2018
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Exorzismus
Irland
Katholische Kirche
Papst Franziskus
Ralf Sotscheck
Irland
Sprache
Irland
Biologie
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Ein himmlischer Starschnitt
Im Sommer wird Papst Franziskus Irland besuchen. Schon jetzt wirft die
scheinheilige katholische Kirche die große Kitschmaschine an.
Die Wahrheit: Die Insel ohne Pfaffen
John Sullivan hat eine Krebskranke geheilt, als er selbst schon tot war:
Wenn das keine Heiligsprechung verdient hat!
Die Wahrheit: Gnadenlose Zwangsabfüllung
Abwarten und dann Tee trinken: In Irland muss man einen angebotenen Tee
erst zweimal ablehnen. Alles klar?
Die Wahrheit: Unbunte Menschen
Die seltsamen Schöpfungen der selbsternannten Sprachpolizisten werden immer
mumpitziger.
Die Wahrheit: Gespräch mit einem Blecheimer
Die unfähigste Telefongesellschaft Irlands heißt bekanntlich Eir. Auch
Geschäftsübernahmen haben daran nichts geändert.
Die Wahrheit: Wer Angst hat, läuft
„Ich weiß, dass ich ein ängstlicher Beifahrer bin, doch gegen Freunde darf
man kein Mitfahrverbot verhängen.“ Der Freund antwortete gnadenlos:
„Doch.“​
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.