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# taz.de -- Die Wahrheit: Die Insel ohne Pfaffen
> John Sullivan hat eine Krebskranke geheilt, als er selbst schon tot war:
> Wenn das keine Heiligsprechung verdient hat!
Bild: In Süditalien ist Padre Pio nahezu allgegenwärtig
Nur noch ein Wunder, und er hat es geschafft. Der irische Pfarrer John
Sullivan ist voriges Jahr seliggesprochen worden, weil der Papst endlich
anerkannt hat, dass die Heilung der krebskranken Delia Farnham durch
Sullivan im Jahr 1954 ein Wunder war. Das war es tatsächlich, wenn man
bedenkt, dass der Pfarrer bereits 1933 gestorben ist. Nachzulegen dürfte da
nicht allzu schwierig sein.
Seine Seligsprechung in Dublin glich einem Popkonzert. Der Event wurde von
den Jesuiten per Livestream im Internet übertragen, vor der ausverkauften
Kirche wurden Zelte mit Riesenfernsehern und Dixi-Klos aufgebaut, und zum
Abschluss wurde Sullivans Schrein geöffnet, sodass die Menge den Sarg
betatschen konnte.
Aber Irlands katholische Kirche braucht noch andere Wunder. Der inzwischen
nach Albanien versetzte päpstliche Nuntius Charlie Brown war alarmiert. Man
habe nur noch Pfarrer in Irland, die über 70 oder sogar über 80 seien und
immer noch arbeiten müssen. „In zehn Jahren werden sie das nicht mehr tun“,
mutmaßte Brown. „Wir stehen am Abgrund.“
Bischof Denis Nulty ist deshalb nach Rumänien gereist, um den Pfarrer Eugen
Dragos abzuwerben. Auf dem in der dunklen Kirche im Osten Rumäniens
aufgenommenen Foto ähnelt Dragos mit Sonnenbrille, offenem weißen Hemd und
einem umgehängten Gegenstand, der wie eine Maschinenpistole aussieht, eher
einem Mafioso als einem Mann Gottes. Soll er in Irland die abtrünnigen
Schäfchen mit Gewalt in die Kirche treiben?
Es geht ja schließlich ums Geld. Ohne Pfaffen keine Messen, ohne Messen
keine Klingelbeutel. Aber es geht auch anders. In so manchem irischen
Altenheim müssen die Insassen 25 Euro Eintritt zahlen, wenn sie zur Messe
wollen. Das lässt sich ausbauen: Kommunion für einen Zehner, wenn man eine
Oblate mit Whiskygeschmack will, erhöht sich der Preis; Sündenvergebung
zwischen 10 und 100 Euro, je nach Schwere der Sünde.
Aber auch die Benachteiligung von Frauen ist ein Thema bei den Katholiken.
Das Nachrichtenportal Waterford Whispers hat enthüllt, dass immer noch 15
Prozent weniger Menschen zur heiligen Brigid als zum heiligen Patrick
beten. Dabei sei dieser Patrick relativ faul. Er ist lediglich Schutzpatron
Irlands, während Brigid als Heilige für Schmiede, Kinder unverheirateter
Paare, Molkereiangestellte, Flüchtlinge und Matrosen schuften müsse. „Das
ist klassische Geschlechterdiskriminierung“, sagte Grainne O’Molly von der
Organisation „Women for Brigid“.
Zu Patricks Ehren gebe es Paraden, Besäufnisse, Grußkarten und Einladungen
ins Weiße Haus, während Brigid mit einem Kreuz aus Strohhalmen
vorliebnehmen muss. Das wird von Kindern an ihrem Ehrentag gebastelt, dem
1. Februar, an dem nach dem keltischen Kalender der Frühling beginnt. Dass
sich auch das Wetter nach diesem Datum richtet, das wäre doch das Wunder,
das Sullivan zum Heiligenschein fehlt.
12 Feb 2018
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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Ralf Sotscheck
katholisch
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