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# taz.de -- Ein Fußballverein als Rückzugsort: Kicken hilft
> In Wilhelmshaven gibt es einen Fußballverein nur für jesidische
> Geflüchtete. Deren Sorge vor anderen muslimischen Geflüchteten ist groß.
Bild: Die Mannschaft des FC Ezidxan
Hannover taz | Integration klappt nur, wenn man mittendrin ist? In
Wilhelmshaven gehen Geflüchtete einen anderen Weg. Hassan Catuk hat
gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen einen Fußballverein nur für jesidische
Flüchtlinge gegründet. „Wir haben uns gefragt, ob das richtig ist“, sagt
Catuk. Doch für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sei die eigene
Mannschaft ein Rückzugsort.
„Die meisten sind damals vor dem IS nach Deutschland geflüchtet“, sagt
Catuk, der als Immobilienmakler einige der Geflüchteten kennengelernt hat,
weil er ihnen Wohnungen vermietet hat. „Ich habe gemerkt, dass sie nicht
wussten, wo sie hin sollten.“ Der 38-Jährige wollte helfen, am liebsten mit
seinem Lieblingssport: Fußball. Er fragte auch bei anderen Mannschaften an,
aber die jesidischen Geflüchteten fühlten sich nicht wohl bei dem Gedanken,
in Teams mit anderen Geflüchteten zu spielen.
„Sie sind vorsichtig“, sagt Catuk. Jesiden sind eine Minderheit, die
ursprünglich vor allem aus dem nördlichen Irak, aus Nordsyrien und der
südöstlichen Türkei kommen. In den vergangenen Jahrhunderten war die
Glaubensgemeinschaft schon oft Verfolgung ausgesetzt. Derzeit müssen
Jesiden vor dem „Islamischen Staat“ fliehen, der sie zu Tausenden verfolgt,
versklavt und ermordet.
„Sie haben kein Vertrauen mehr in die islamische Welt“, sagt Catuk, der
selbst auch Jeside ist, über die jesidischen Geflüchteten. „Bei den meisten
braucht es noch ein bisschen Zeit mit dem Zusammenleben.“
Ihren Verein haben sie [1][FC Ezidxan] genannt. „Das bedeutet Land der
Jesiden“, sagt Catuk. In dem Team haben sie ihren Platz gefunden. Die
Trainer und anderen Ehrenamtlichen haben allesamt einen
Migrationshintergrund. „Die Übungen erklären wir auf Kurdisch und
übersetzen das dann gleich auf Deutsch“, sagt Catuk, der selbst auch
Co-Trainer ist. Die Spieler sollen die Sprache lernen und sich an den
Einheimischen orientieren können. „Wir sind jetzt auch dabei, junge
Deutsche in die Mannschaft zu holen.“
## Trainiert wird zweimal pro Woche
Die 30 Geflüchteten trainieren zweimal pro Woche und spielen in der
Fusionsklasse D Friesland/Wilhelmshaven. Es läuft mittelgut. „Am Anfang
sind wir zu Spielen nur mit zehn Leuten angetreten“, sagt Catuk.
Mittlerweile haben sie aber auch schon Spiele gewonnen.
Bei der Stadt Wilhelmshaven kommt das Projekt gut an. Der Oberbürgermeister
Andreas Wagner (CDU) wolle demnächst das Training besuchen, sagt eine
Stadtsprecherin. Zudem habe die Stadt dem Verein im Winter Trainingszeiten
in einer Halle ermöglicht. Catuk und seine Mitstreiter könnten sich zudem
mit dem Projekt um den Sozialfonds der Stadt bewerben.
Catuk hat das vor. Denn die Finanzierung ist für einen Verein, in dem kaum
ein Mitglied Beiträge zahlen kann, schwierig. Es fehlt überall: bei der
Miete für den Sportplatz, an Bällen, Leibchen und Trikots. Immerhin: Bei
letzteren hilft nun das Projekt „Sport integriert Niedersachsen“ vom
Landessportbund und dem niedersächsischen Innenministerium. Das will den
Jesiden einen Satz Sportkleidung sponsern.
6 Feb 2018
## LINKS
[1] https://de-de.facebook.com/FC-Ezidxan-WHV-1697618897202227/
## AUTOREN
Andrea Scharpen
## TAGS
Fußball
Integration
Jesiden
„Islamischer Staat“ (IS)
Wilhelmshaven
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Irak
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