# taz.de -- Kolumne Ich meld mich: Es kann nur einen geben | |
> Wir sind der echte Norden. So sieht es zumindest die Landesregierung in | |
> Schleswig-Holstein. Gibt es nicht noch einen Norden? | |
Bild: Eigentlich ist ja ganz Schleswig-Holstein ein Leuchtturm … | |
Wir sind „der echte Norden“. Nur. Wir. Und zwar seit dem 27. August 2013. | |
Da hat die Landesregierung in Kiel den Slogan für das Land | |
Schleswig-Holstein offiziell vorgestellt. Die Kreativen an der Küste hatten | |
sich wieder mal mordsmäßig ins Zeug gelegt: Die neue Marke stehe nicht nur, | |
meinten sie, „für unsere Klarheit, Verlässlichkeit, Bodenständigkeit und | |
Machermentalität mit Understatement“. Tusch! Sondern auch für unsere | |
„Bescheidenheit und Weltoffenheit“. Nu ja, weet wi, weet wi, geiht kloor … | |
Seitdem geht ein Rumoren durch Deutschland, und alles blickt hinauf ans | |
Meer. Wir aber, die wir hier leben, sind an Großes längst gewöhnt. Vor | |
Jahren hieß es noch bei und über uns: „Schleswig-Holstein: Meer und Mehr“. | |
„Meer und Mehr“, das meinte, das Neue wagen und das Bewährte nicht lassen, | |
sich dem Ewigen verpflichtet und dem Wandel geneigt zu wissen – auch dies | |
schon ein Treffer von elementarer Wucht, taufrischer Originalität und quasi | |
bodenloser Doppelbödigkeit. | |
Nunmehr also der „echte Norden“. Die Spatzen pfeifen es schon von den | |
Reetdächern: „Ein Leistungsversprechen, das für unsere Qualität steht und | |
neue Perspektiven aufzeigt“, ist dieser unser neuer Slogan. Und so nach und | |
nach sind auch wir, die Bewohner zwischen Niebüll und Nusse, Hansühn und | |
Husum, davon überzeugt, dass es keinen anderen geben kann. Denn nachdem CDU | |
und FDP damals, noch in der Opposition, die Marke für so was von „absolut | |
sinnlos“ und „absolut dilettantisch“ gehalten hatten, finden sie sie heut… | |
wo sie das Land mitregieren, überraschenderweise so was von absolut | |
gelungen. Dem schließen wir uns natürlich an. „Standfestigkeit“ wurde uns | |
schließlich auch attestiert. | |
Der echte Norden – das heißt in etwa: Unsere Knicks sind knackiger, die | |
Kutter kaputter, die Schafe schärfer und die Witze … äh, die Schollen | |
platter. Nur hier kriegen Hülsenfrüchte eine eigene Königin, nur hier kommt | |
der Sommer stets inkognito daher, nur hier ernten die Bauern immer ganz | |
kleine Kartoffeln, weil sie so plietsch sind. Unser Regen ist nasser, und | |
selbstverständlich haben wir mehr davon als alle anderen. Und wo sonst | |
liegt dieser güldene Schein von Heimatglück über Dünen und Auen? Wo wurden | |
Vicky Leandros, Uwe Barschel und Oswalt Kolle geboren? Eben. Ein sanftes | |
Ziehen spüren wir im Herzen und leichten Schauder auf dem Rücken, wenn wir | |
es leise vor uns hinmurmeln: Der echte Norden … | |
Komme uns also künftig kein Rostocker mehr mit seinen Fake-Fischbrötchen, | |
kein Bremer mit seinem Pseudo-Backstein und kein Hamburger mit seinem | |
künstlichen Platt. Mag es ja alles geben. Aber, deut mi Leed, Lüüd: Echt | |
ist echt anders. Der NDR kennt sich da aus: Das Beste am Norden – das ist | |
der echte Norden. | |
Und dass DAS echte Norden in Ostfriesland/Niedersachsen liegt …? Einfach | |
bloß gar nicht ignorieren, sagen wir da – in der eben nur uns eigenen | |
Gelassenheit. | |
27 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Franz Lerchenmüller | |
## TAGS | |
Schleswig-Holstein | |
Fische | |
Hotel | |
Reisen | |
Marketing | |
Meer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Ich meld mich: An den Seiten lappt er schlapp herab | |
Der 5. Mai ist der Tag des Fischbrötchens. Unser Autor weiß: Auf die | |
Zutaten kommt es an, gut gegart, roh und entgrätet, in einem | |
Essig-Salz-Bad. | |
Kolumne Ich meld mich: Behütet in Napoleons Schlafstube | |
Angenehme Atmosphäre, freundlicher Empfang, ein vorausdenkender Service, … | |
– wenigstens träumen darf man doch von einem idealen Hotel. | |
Kolumne Ich meld mich: Who is who? | |
Eine Gruppenreise zeigt immer wieder neue Facetten der Mitreisenden. Und | |
Neues aus Winkeln der Gesellschaft, die weitab liegen von einem selbst. | |
Kolumne Ich meld mich: Sehnsucht die Adrenalin verstärken? | |
War es der Übersetzungscomputer? Oder ein mit expressionistischem Feuer und | |
Beredsamkeit gesegneter sambosischer Kreativkopf? | |
Kolumne Ich meld mich: Hinterm Horizont geht’s immer weiter | |
Es zieht uns ans Meer. Sanft laufen die Wellen an der Küste auf. Und dann, | |
im nächsten Moment schon sind sie unberechenbar und zerstörerisch. |