# taz.de -- Klage der Herero gegen Deutschland: Sühne für einen Völkermord | |
> Vor einem Jahr reichten Herero und Nama vor einem New Yorker Zivilgericht | |
> Klage gegen die Bundesrepublik ein. Das sind die Hintergründe. | |
Bild: 2004 bot die damalige Ministerin für Entwicklunghilfe, Heidemarie Wieczo… | |
Berlin taz | Am 5. Januar 2017 reichten die namibischen Volksgruppen der | |
Herero und Nama – vertreten durch ihre traditionellen Chiefs sowie den | |
Verband der Herero-Völkermordüberlebenden in den USA und einen in den USA | |
eingebürgerten Herero – vor dem US-Bundesbezirksgericht New York | |
[1][Zivilklage gegen die Bundesrepublik Deutschland ein]. | |
Die Kläger forderten Reparationen für den Völkermord, den deutsche Truppen | |
zwischen 1885 und 1909 im heutigen Namibia (damals Deutsch-Südwestafrika) | |
begingen, sowie eine Beteiligung an Regierungsverhandlungen zwischen | |
Deutschland und Namibia. | |
Die Kläger gründen ihre Forderung auf das Gesetz „Alien Claims Tort Act“ | |
(ACTA) der USA aus dem Jahr 1789, das Nicht-US-Bürgern erlaubt, Schäden | |
infolge von Verstößen gegen internationales Recht weltweit in den USA | |
einzuklagen. | |
Deutschland bestreitet die Zuständigkeit des New Yorker Gerichts und | |
bestreitet auch, dass es einen Völkermord an den Herero und Nama gab, weil | |
der Tatbestand des Völkermordes erst seit 1948 juristisch existiert. | |
Doch Nachfahren von Holocaust-Opfern und NS-Zwangsarbeitern haben durch | |
ACTA-Klagen in den USA Entschädigung von Deutschland erstritten. Den | |
Holocaust erkennt Deutschland als Völkermord an, obwohl er vor 1948 | |
geschah, und seit Juni 2016 auch den türkischen Völkermord an den Armeniern | |
ab 1915. Die Armenien-Anerkennung durch den Deutschen Bundestag ermutigte | |
die Herero und Nama, ihrerseits eine rechtsverbindliche – also mit | |
finanziellen Folgen behaftete – Anerkennung des deutschen Völkermordes in | |
Namibia erstreiten zu wollen. | |
## Erst 2004 Völkermord anerkannt | |
Noch 2015 war eine Herero- und Nama-Delegation in Deutschland abgeblitzt: | |
Sie konnte ihren Forderungskatalog über einen „bedingungslosen und offenen | |
Dialog“ nicht offiziell übergeben. Daraufhin wurde die Klage vorbereitet. | |
Die deutsche Regierung hat den Völkermord in Namibia erst 2004 überhaupt | |
als solchen benannt. Seit diesem Schritt der damaligen Bundesministerin | |
Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) ruht eine 2001 in Washington eingereichte | |
ACTA-Klage von Herero gegen deutsche Firmen auf zwei Milliarden US-Dollar | |
Entschädigung. | |
Eine rechtsverbindliche Anerkennung des Geschehens in Namibia als | |
Völkermord gibt es von offizieller deutscher Seite bis heute nicht. | |
Deutsche Truppen im heutigen Namibia hatten ab 1904 Aufstände von Herero | |
und Nama gegen ihre Enteignung dadurch niedergeschlagen, dass die | |
Angehörigen dieser Volksgruppen gezielt getötet, in Konzentrationslagern | |
interniert oder in die Wüste getrieben wurden. 80 Prozent aller Herero und | |
50 Prozent aller Nama starben. | |
25 Jan 2018 | |
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[1] /Klage-der-Herero-gegen-Deutschland/!5476165 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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