# taz.de -- Kommentar willkürliche Mütterrente: Eine bequeme Ungerechtigkeit | |
> Die SPD im Bundestag will daran festhalten, dass Adoptivmütter bei der | |
> Rente diskriminiert werden. Dabei geht es nur um läppische 30 Euro. | |
Bild: Sind es die eigenen? Sonst können Eltern bei der Mütterrente leer ausge… | |
Die Bundesregierung macht es sich zu leicht: Legt einfach einen Stichtag | |
fest, der regelt, wer Anspruch auf die Mütterrente hat, und lehnt sich | |
zurück. Die Mütterrente bekommt nur, wer sich im zwölften Lebensmonat um | |
ein Kind gekümmert hat. | |
Viele Adoptivmütter sind damit raus. Das ist ungerecht. Gerechtigkeit, war | |
da nicht was? Hatte sich die SPD im Bundestagswahlkampf nicht Gerechtigkeit | |
auf die Fahnen geschrieben? Nun aber, wo es um immerhin rund 40.000 | |
Adoptivmütter geht, die die Mütterrente von ohnehin läppischen 30 Euro im | |
Monat nicht bekommen, hat die SPD auf Anfrage der taz erklärt, dass sie | |
keinen Änderungsbedarf sieht. | |
[1][Eine Ohrfeige für die Osnabrücker Adoptivmütter.] Die aber werden | |
weiter kämpfen, weil es ums Prinzip geht – schließlich haben sie Kinder | |
großgezogen und so den Staat unterstützt, der sonst die Heimkosten hätte | |
zahlen müssen. Aber die Frauen kämpfen auch, weil sie es müssen. | |
Das Jugendamt hat zumindest eine der Osnabrückerinnen dazu gedrängt, ihren | |
Job aufzugeben. Eine andere Mutter hörte auch auf zu arbeiten, um sich um | |
die Tochter zu kümmern, die in ihrer Entwicklung verzögert war. Wegen | |
dieser Lücke in den Erwerbsbiografien müssen die Frauen nun mit ihrer | |
Mini-Rente auskommen. 30 Euro, eine Summe, die dem Staat keine großen | |
Probleme bereiten dürfte, sind da viel Geld. | |
Hinzu kommt, dass die Stichtagsregelung willkürlich ist. Sie soll den | |
Aufwand, den Eltern mit ihren Kindern haben, ausgleichen. Aber ist es nicht | |
vielmehr so, dass jedes Kind intensiv betreut werden muss, wenn es neu in | |
die Familie gekommen ist? Das gilt sicher für ein Neugeborenes, aber ebenso | |
für ein Kind, dass aus dem Heim in eine Familie kommt. | |
In beiden Fällen müssen die Eltern plötzlich die Verantwortung für ein Kind | |
übernehmen und mit dem Alltag klarkommen. Ob dieses Kind schon 13 oder doch | |
erst zwölf Monate alt ist, macht keinen Unterschied. | |
Das sollte die SPD kapieren. So aber macht sie sich als selbsternannter | |
Streiter für Gerechtigkeit vollkommen unglaubwürdig. | |
19 Jan 2018 | |
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## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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