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# taz.de -- Medien in Polen: Mit Geldstrafe auf Linie bringen
> Der Privatsender TVN24 soll umgerechnet 350.000 Euro zahlen. Er hatte
> 2016 kritisch über Proteste gegen die Regierung berichtet.
Bild: Er könnte zu weiteren Bußgeldzahlungen gezwungen werden: der Privatsend…
Warschau taz | Polens Privatsender TVN24 soll ein Rekordbußgeld von fast
1,5 Millionen Zloty (ca 350.000 Euro) zahlen. Angeblich, so behauptet der
Landesmedienrat, habe TVN24 im Dezember 2016 „rechtswidrige und die
Sicherheit gefährdende Handlungen propagiert“.
Damals gab es massive Proteste gegen die nationalpopulistische
Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Abgeordnete der Opposition
hatten den großen Sitzungssaal des Parlaments besetzt, um gegen die
Einschränkung der Medienfreiheit zu protestieren und erhielten
Unterstützung von tausenden empörter Bürger draußen auf der Straße vor dem
Parlament.
Die Demonstranten warteten auf die herauskommenden PiS-Politiker, um diesen
ihre Meinung sagen zu können. Manche, darunter auch der
PiS-Parteivorsitzende Jaroslaw Kaczynski, der sich nur selten ohne seine
Bodyguards unters Volk traut, sahen sich durch die Demonstranten in ihrer
Freiheit bedroht. Darüber hatte TVN 24 berichtet.
Auch der Staatssender TVP berichtete über die Proteste im und vor dem Sejm,
bezeichnete diese aber ganz im Sinne der Regierungspartei PiS als „Putsch“
oder „Anschlag“. Dabei konnte die PiS innerhalb des Sejm-Gebäudes in einen
zweiten großen Saal umziehen und verabschiedete dann dort mit der absoluten
Mehrheit, die die PiS im Parlament hat, das Haushaltsgesetz für das Jahr
2017.
## Unmut kundtun
Allerdings zeigte TVN24 auch, wie sich manche PiS-Abgeordnete erst nach der
Abstimmung in die Anwesenheitsliste eintrugen, darunter auch Justizminister
Zbigniew Ziobro. Die Demonstranten auf der Straße waren weder bewaffnet,
noch griffen sie irgendjemanden tätlich an. Sie wollten einfach nur
möglichst laut ihren Unmut kundtun. Die Polizei bildete schließlich ein
Spalier und begleitete die PiS-Abgeordneten sicher durch die aufgebrachte
Menge.
Der von der PiS beherrschte Landesmedienrat drohte TVN24 zudem, dass
weitere Strafen noch höher ausfallen könnten, da das jetzt verhängte
Bußgeld nur ein Prozent der möglichen Strafe gegen den Privatsender
ausmache. Die maximale Höhe einer Strafe für den amerikanischen Sender TVN
liege bei derzeit 147. 929.600 Zloty (36.982.400 Euro).
Zwar kündigte TVN24 bereits an, gegen das Bußgeld Einspruch erheben und die
Sache auch vor Gericht durchkämpfen zu wollen. Doch bis zum
Verhandlungstermin dürften einige Monate vergehen.
Zeit genug für die PiS, um die dann zuständigen Richter auszutauschen. Die
letzten beiden von insgesamt drei Gesetzen, die die Unabhängigkeit der
polnischen Richter aufheben, wurden dieser Tage bereits mit der Mehrheit
der PiS-Stimmen im Parlament beschlossen und müssen nur noch vom
Präsidenten unterzeichnet werden. Die Chancen von TVN24 sowie anderer
Medien, die nicht PiS-Hofberichterstattung machen, einen Prozess gegen die
PiS zu gewinnen, dürften dann gegen Null tendieren.
## Zensur einführen
„Polens derzeitige Regierung hat einen einfachen Weg gefunden, in Polen die
Zensur einzuführen“, schreibt der bekannte Publizist Bartosz Weglarczyk auf
Facebook. Eine Re-Polonisierung der ausländischen Medien sei gar nicht
nötig, es reiche, unabhängige Medien so lange mit Bußgeldern zu belegen,
bis diese entweder Pleite gingen und dann von staatlichen Medienhäusern
billig aufgekauft würden oder aber die weiße Fahne hissten und nur noch
PiS-Ideologie und Regierungs-Hofberichterstattung lieferten.
Die Strafen würde kaum ein polnischer Verleger lange aushalten. Die Folge
seien Autozensur und schließlich Aufgabe jeder Kritik an den Machthabern.
„Um die Medienfreiheit in unserem Land steht es schon sehr schlecht“,
schreibt Weglarczyk. „Und es kann noch schlimmer kommen. Dies ist ein
schwarzer Tag für die Meinungsfreiheit in Polen.“
12 Dec 2017
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Medien
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Jarosław Kaczyński
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