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# taz.de -- Verhältnis von DDR und PLO: Trügerische Inszenierung
> Eine Studie zum Verhältnis von DDR und PLO belegt, dass die Palästinenser
> keine verlässlichen außenpolitischen Partner Ostberlins waren.
Bild: Alles nur Fassade: Honecker und Arafat 1982 in Berlin
Ein berühmtes Foto aus dem Jahr 1982 zeigt den Palästinenserführer Jassir
Arafat in herzlicher Begegnung mit Erich Honecker. Honecker drückt
freundschaftlich die Hand Arafats. Doch wie so oft bei offiziellen
Fotografien handelt es sich um eine trügerische Inszenierung. Denn zum
Zeitpunkt des Treffens war das Verhältnis von Arafat und Honecker tief
zerrüttet. Zu diesem Ergebnis kommt eine umfassende Studie des Historikers
Lutz Maeke über das Verhältnis der DDR zur Palästinensischen
Befreiungsorganisation (PLO).
Minutiös arbeitet Maeke diese Beziehung heraus und greift dafür nicht nur
auf Archivmaterial zurück, sondern auch auf Gespräche mit palästinensischen
und deutschen Zeitzeugen. Anders als die bisher veröffentlichte Literatur
zum Thema differenziert der Autor und zeigt auf, dass die Zusammenarbeit
des ostdeutschen Regimes mit der PLO, ihrem Vorsitzenden Arafat und seiner
politischen Fraktion, der Fatah, keineswegs so klar und eindeutig war wie
oftmals behauptet.
Die nationalistisch-konservative Prägung der Fatah wies eine ideologische
Distanz zum Marxismus-Leninismus auf und erschwerte dadurch eine klare
Unterstützung durch die sozialistische DDR. Die Fatah galt der Stasi bis
zuletzt als Hort der Muslimbrüder, als Kollaborateurin mit
rechtsextremistischen Gruppierungen in der BRD und nicht als „progressiver“
Bündnispartner.
Aus diesem Grund setzte man auf die finanzielle und logistische
Unterstützung linker Palästinensergruppen und insbesondere der extremen
Kräfte um den Erzterroristen Abu Nidal. Sie war damit aber keineswegs eine
Vorreiterin im Ostblock, sondern folgte Moskauer Vorgaben und stimmte sich
stets eng mit den Sowjetstrategen ab.
Am Beispiel des Anschlags auf die Westberliner Diskothek La Belle, 1986,
zeichnet Maeke nach, wie weit Ostberlin zu gehen bereit war. Anhand von
Quellen kann er nachweisen, dass mehrere informelle Stasi-Mitarbeiter in
die Anschlagsvorbereitungen involviert waren und der Geheimdienst auch
nicht aktiv eingriff, um den libyschen Terrorakt zu verhindern. Ganz anders
übrigens als bei einem geplanten Anschlag der Fatah auf den syrischen
Botschafter in der DDR, der im Vorfeld durch die Stasi unterbunden wurde.
Denn die Kernthese Maekes lautet, dass das Agieren der DDR nur im Kontext
ihrer Beziehungen zu Syrien verständlich ist. Das Regime in Damaskus war
ein wirtschaftlicher Faktor, aber aus Sicht der DDR der einzige
„progressive“ Partner im Nahen Osten. Der syrische Diktator Hafiz al-Assad
hegte aber eine tiefe Feindschaft gegen Arafat, bekämpfte ihn im Libanon
militärisch und förderte dessen innerpalästinensische Gegner. Somit
sprachen für die DDR neben ideologischen Gegensätzen auch handfeste
außenpolitische Gründe, Arafat nicht zu fördern.
Allerdings birgt Maekes realpolitischer Interpretationsansatz gleichzeitig
die Gefahr, ideologische Faktoren zu vernachlässigen. So gibt es leider
keine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Antizionismus des
ostdeutschen Regimes. Das erscheint unverständlich angesichts Maekes
eigener Aussage, dass der Antizionismus „Kernbestandteil der
Herrschaftslegitimation des SED-Regimes und seines nationalen
Selbstverständnisses“ war.
Von dieser Schwäche abgesehen, beschreibt Maeke hervorragend Arafats
Taktieren zwischen westlicher und sozialistischer Einflusssphäre.
Spätestens ab Ende der Siebzigerjahre galt er als unsicherer Bündnispartner
für den Ostblock. So suchte er zunehmend den engen Schulterschluss mit der
BRD. Maeke gelingt es aufzuzeigen, wie intensiv und problemlos Arafats
Beziehungen zu Bonn waren.
Durch eine Kooperation mit Jordanien suchte er einen Weg in den Westen und
das Arafat-Hussein-Abkommen von 1985 zeigte ihn offen für Kompromisse und
eine Föderation mit Jordanien. Damit war er aber für den Ostblock zur
Persona non grata geworden. Am Ende ging allerdings Arafat als Sieger vom
Feld. Als er 1993 die Oslo-Verträge mit Israel unterzeichnete, war er der
international anerkannte Anführer der Palästinenser, Honecker und die DDR
hingegen waren Geschichte.
13 Dec 2017
## AUTOREN
Kevin Zdiara
## TAGS
Jassir Arafat
PLO
DDR
Erich Honecker
Antizionismus
Palästina
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Mahmud Abbas
Holocaust
Gaza
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