# taz.de -- Arafat-Museum in Ramallah eröffnet: Vier Uniformen und eine Gasmas… | |
> Der legendäre Palästinenserführer erhält zum Gedenken ein Museum. Die | |
> Geschichte Palästinas wird dort im Crash-Kurs zusammengefasst. | |
Bild: Hier ist Arafat mit seiner Frau zu sehen. In dem Museum geht es eher um s… | |
RAMALLAH taz | Vier Uniformen hängen im Schrank von Jassir Arafats | |
Schlafzimmer, zwei Wintermützen und eine Haarbürste. Ab heute ist die | |
Sammlung mit Fotos und Filmdokumenten sowie persönlichen Gegenständen des | |
früheren Chefs der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und | |
späteren Palästinenserpräsidenten der Öffentlichkeit zugänglich. Das letzte | |
Ausstellungsstück für das Arafat-Museum in Ramallah kam aus dem | |
Gazastreifen. Die Hamas-Führung gab die Medaille, die Arafat 1994 erhielt, | |
als er zusammen mit dem damaligen israelischen Regierungschef Jitzhak Rabin | |
und dem Außenminister Schimon Peres mit dem Friedensnobelpreis | |
ausgezeichnet wurde, erst vor Kurzem heraus. | |
Die Dauerausstellung erstreckt sich auf 1.350 Quadratmetern Fläche gleich | |
hinter dem Mausoleum des legendären Palästinenserführers. Der Besuch soll | |
„keine Pflichtübung bei Staatsbesuchen sein“, sagte Museumsdirektor | |
Mohammed Halayka während einer Pressetour am Montag, aber „wer möchte, der | |
ist uns willkommen“. Der Eintritt ist frei. | |
Zwölf Jahre nach dem Tod Arafats ist das palästinensische Volk geteilt und | |
lebt unter den zerstrittenen Führungen der Hamas im Gazastreifen und der | |
Fatah im Westjordanland. Mahmud Abbas, der als Nachfolger ins | |
Präsidentenamt gewählt wurde, gilt als korrupt und schwach. Arafats Vision | |
von der Eigenstaatlichkeit scheint heute noch ferner zu sein als zu seinen | |
Lebzeiten. Was von ihm bleibt, ist ein von Mythen umwobenes Vermächtnis. | |
## Mit Originalschlafzimmer | |
Schon über den Geburtsort Arafats streiten sich die Experten. Das Museum | |
ignoriert die Theorien über Kairo oder Gaza und hält fest, dass Arafat in | |
Jerusalems Altstadt das Licht der Welt erblickte. Am 4. August 1929 habe | |
seine Mutter Zahwa Saleem Abu Al-Saud ihn als ihr sechstes Kind entbunden. | |
Mehrere großflächige Bilder zeigen das Elternhaus gleich neben dem | |
Felsendom. | |
Ein Crash-Kurs in palästinensischer Geschichte erwartet die Besucher in dem | |
Museum. Die meisten Fotos und Gegenstände sind vor schwarzem Hintergrund | |
arrangiert , darunter Bilder palästinensischer Flüchtlinge während der | |
Vertreibung 1948 und nach dem Sechstagekrieg 1967. Videoaufnahmen zeigen | |
den ersten israelischen Regierungschef David Ben-Gurion, als er den Staat | |
ausruft. | |
Die berühmte Rede 1974 vor der UN-Generalversammlung ist ebenfalls filmisch | |
dokumentiert und die Unterzeichnung der Osloer Prinzipienerklärung 1993. | |
Auf großflächigen Bildern winkt der PLO-Chef bei seiner Rückkehr aus dem | |
Exil der jubelnden Menschenmenge zu. | |
Abschließender Höhepunkt ist das Originalschlafzimmer Arafats, das über | |
eine Brücke mit dem Museum verbunden ist. In dem kaum acht Quadratmeter | |
großen Raum soll sich „seit dem Tod Arafats nichts verändert“ haben, so | |
versicherte Halayka. Auf dem Fernseher steht das einzige persönliche Bild. | |
Es zeigt Arafat mit seiner Tochter Zahwa im Arm. | |
## Die Belagerung wird nachempfunden | |
Fast drei Jahre verbrachte der Palästinenserpräsident unter Belagerung in | |
der Mukata, seinem Amtssitz, hinter mit Zement gefüllten Fässern aus Sorge | |
vor einem Angriff der israelischen Soldaten, die das Haus umzingelt | |
hielten. Die Kellerräume, in denen sich Arafat damals aufhielt, sind per | |
Fahrstuhl zu erreichen. | |
Im Konferenzraum hängt ein schwarz-weißes Palästinensertuch mit dem Motiv | |
des Felsendoms. Eine Pappschachtel mit Taschentüchern und ein in Kunstharz | |
eingeschweißter Miniatur-Felsendom liegen dort neben seiner Brille, einer | |
Gasmaske und einem Sauerstoffgerät, das dem zuletzt sehr kranken Mann beim | |
Atmen half. Nebenan im Schlafraum der Wachen liegen die Decken zerknüllt | |
auf den Betten, davor Stiefel und Gewehre, alles wie früher, nur jetzt gut | |
verstaut hinter Glaswänden. | |
„Ich könnte mich über Stunden hier aufhalten“, schwärmt Tami Rafidi, | |
Projektmangerin der Arafat-Stiftung in Ramallah, die die meisten | |
Museumsstücke zusammengetragen hat. Vieles sei aus Tunis und Beirut | |
gekommen. „Arafat hatte nie ein wirkliches Heim.“ Vor allem im | |
Gazastreifen, der vorletzten Station in seinem Leben, sei unter dem Regime | |
der Hamas vieles zerstört worden. Rafidi freut sich, dass sie überhaupt so | |
viel an Erinnerungsstücken, an Audio- und Filmaufnahmen zusammentragen | |
konnte. | |
Noch steht das Leben und Wirken Arafats zwar nicht auf dem Lehrplan der | |
Schulen, trotzdem erinnerten sich die palästinensischen Kinder noch sehr | |
gut an ihn. „Sie wissen, wann er geboren ist, wann die Belagerung war, und | |
wann er ermordet wurde“, sagt Rafidi. Denn daran, dass ihm Israel Polonium | |
verabreichte, bestehe „nicht der geringste Zweifel“. | |
8 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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