# taz.de -- Streit um den Tempelberg: Israel beendet Unesco-Kooperation | |
> Die UN-Kulturorganisation nimmt die umstrittene Resolution zu den | |
> Heiligen Stätten in Ostjerusalem an. Die Beziehungen sind angespannt. | |
Bild: Blick auf den Felsendom in Ostjerusalem | |
Mit der Entscheidung der Unesco, eine Resolution zu den heiligen Stätten in | |
Jerusalems Altstadt zu verabschieden, geraten die angespannten Beziehungen | |
zwischen Israel und der UN-Kulturorganisation in eine weitere Krise. Das | |
von sieben arabischen Staaten, darunter Ägypten und Libanon, eingereichte | |
Dokument ignoriert nicht nur die jüdische Verbindung zum Tempelberg, | |
sondern spricht auch von „Al Buraq“, dem arabischen Terminus für die | |
Klagemauer, der heiligsten jüdischen Pilgerstätte überhaupt. Die jüdische | |
Bezeichnung Westmauer steht im Text in Anführungszeichen. | |
Israels Regierung, die vor fünf Jahren die Beitragszahlungen an die Unesco | |
aussetzte, als diese Palästina als Vollmitglied aufnahm, legte die | |
Kooperation aus Protest gegen dieses „Theater des Absurden“, wie | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu kommentierte, nun vollends auf Eis. | |
Die Resolution der Unesco zum „Schutz des kulturellen Erbes von Palästina“ | |
zeigt den wachsenden Einfluss arabischer Staaten in der UN-Organisation, | |
die erneut der Besatzungspolitik Israels eine klare Absage erteilt. | |
Von wenigen Ausnahmen wie den USA und Deutschland abgesehen, zeigt sich die | |
Welt immer weniger nachgiebig gegenüber Jerusalems rechtsreligiöser | |
Regierungskoalition, die den Bau israelischer Siedlungen im Westjordanland | |
vorantreibt und die internationale Kritik daran ignoriert. | |
## Muslimische Gläubige versus jüdische Pilger | |
Fast im Wortlaut wiederholt die Resolution einen bereits im April | |
verabschiedenen Text, der „die israelischen Aggressionen und illegalen | |
Maßnahmen gegen die Religionsfreiheit und den Zugang für Muslime zu den | |
heiligen Stätten der Al-Aksa-Moschee/Al-Haram al-Scharif“ verurteilt. | |
Der heilige Schrein gilt nach biblischer Überlieferung als der Ort, an dem | |
Abraham seinen Sohn Isaak opfern wollte. Für Muslime ist der Ort heilig, | |
weil von dort aus Mohammad seine Himmelsreise angetreten haben soll. Der | |
Konflikt um den Tempelberg war vor genau einem Jahr Auslöser der aktuellen | |
Serie von überwiegend mit Messern verübten Attentaten in Israel. | |
Muslimische Gläubige fühlen sich provoziert von der steigenden Zahl | |
jüdischer Pilger auf dem Tempelberg und sorgen sich um den Felsendom. | |
Nationalreligiöse Extremisten, darunter auch Knesset-Abgeordnete, sprechen | |
offen über ihrem Plan, auf dem Tempelberg einen dritten jüdischen Tempel zu | |
errichten. | |
## Autonomiebehörde begrüßt das Votum | |
Seit Beginn der israelischen Besatzung 1967 gilt, laut einer Regelung des | |
damaligen Verteidigungsministers Mosche Dajan, dass Muslime alleiniges | |
Gebetsrecht auf dem Tempelberg genießen, Juden hingegen nur zu Besuch | |
kommen dürfen. Diese Woche feiern die Juden das Laubhüttenfest. Die | |
palästinensische Nachrichtenagentur Maan meldete am Dienstag, dass „200 | |
rechtsgerichtete Israelis den Platz vor der Al-Aksa Moschee gestürmt | |
haben“. | |
Die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah begrüßte laut Maan das | |
Votum, das „die fortgesetzte Verpflichtung der Mehrheit der | |
Mitgliedsstaaten“ reflektiere, „die Prinzipien zu ehren, auf denen die | |
Unesco gegründet wurde“. | |
Der diplomatische Erfolg wird die Palästinenser ihrem Ziel der | |
Eigenstaatlichkeit dennoch nicht näher bringen. Die Unesco ist ein Körper | |
ohne Zähne, der Israel konkret kaum wehtun wird, schon gar nicht, solange | |
Jerusalem die Rückendeckung der USA genießt. | |
19 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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