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# taz.de -- US-Energiepolitik auf der Klimakonferenz: Fossil und strahlend
> Das US-Plädoyer für Kohle und Atomenergie provoziert. Die
> „Volksdelegation“ demonstriert lautstark gegen Trumps Energiepläne.
Bild: Schlechte Zeiten für Eisbären
Bonn taz | Es war eine schiere Provokation und sie wurde gern angenommen.
Als am Montagabend etwa 70 meist junge Klimaschützer unter Gesang und
Protest eine Veranstaltung der US-Delegation verließen, hatten beide Seiten
ihr Ziel erreicht. Die Trump-Regierung hatte mit ihrem einzigen
öffentlichen Auftritt auf der UN-Klimakonferenz gezeigt, wie ihre
Vorstellung von Klimapolitik aussieht: Mehr „saubere“ Kohle und Atom. Und
die Protestierer von der „US People's Delegation“, der „Volksdelegation�…
hatten ebenso klar gemacht, dass sie davon gar nichts halten – und dass die
Regierung Trump nur einen Teil der US-Gesellschaft vertritt.
Schon vor der Veranstaltung war die Stimmung angespannt wie lange nicht auf
Klimakonferenzen. 700 Menschen drängten sich schon eineinhalb Stunden vor
Beginn in langen Schlangen des Ausstellungsareals „Bonn Zone“. Sie warteten
vor „Raum 7“, der nur 220 Plätze fasste. Die US-Delegation hatte aus einer
ursprünglich harmlosen Veranstaltung mit dem Titel „Innovationen anregen“
den provokanten Titel gemacht: „Die Rolle von saubereren und effizienteren
fossilen Energien und der Atomkraft beim Klimaschutz“. Themen, „über die
auf der Klimakonferenz geschwiegen wird“, hieß es von Trumps Klimaberater
George David Banks vom Podium.
Das war offizielle Schützenhilfe für Kohle und Gas vor einem Publikum, das
zunehmend verzweifelt nach Wegen sucht, den Fossilen ein Ende zu bereiten.
Schließlich sieht das Pariser Abkommen vor, aus diesen dreckigen Energien
auszusteigen. Und die aktuellen Daten legen nahe, dass es schneller gehen
muss als bislang gedacht, wenn das Ziel halbwegs realistisch sein soll, den
Klimawandel auf maximal zwei Grad zu beschränken. „Kohle auf der
Klimakonferenz anzupreisen ist [1][wie Tabak auf einer Krebskonferenz zu
promoten]“, feuerte deshalb auch der UN-Beauftragte für Klimaschutz und
US-Milliardär Michael Bloomberg zurück – passenderweise auf Twitter.
In Raum 7 sorgte dann ab 18 Uhr nur noch die Klimaanlage für kühle Luft.
Schon vor der Tür gab es Gerangel mit den Sicherheitsleuten, Besucher und
Presse wurde nur dosiert und handverlesen eingelassen. Bevor die
Diskutanten das Wort ergreifen konnten, bauten sich die Gouverneure der
US-Bundesstaaten Washington und Oregon vor den Journalisten in den letzten
Reihen des Saals auf.
## „Diese Veranstaltung ist ein Witz“
„Im Namen der 15 Bundesstaaten der Klima-Allianz lehnen wir die Leugnung
des Klimawandels durch Trump ab“, rief Jay Inslee, Gouverneur von
Washington. „In den Vereinigten Staaten machen die Staaten die Politik.
Diese Veranstaltung ist ein Witz. Die Feuerwehr fragt ja auch nicht den
Brandstifter um Rat.“ Kurze Zeit später, als Trumps Berater sprachen, erhob
sich die Hälfte des Publikums und begann zu singen und zu tanzen: „Ihr
behauptet, Amerikaner zu sein, aber wir durchschauen Eure Gier, die alles
auf der Welt für das Kohlegeld tötet.“
Nach turbulentem Beginn kamen dann doch noch die Trump-Berater und die
Industrievertreter zu Wort. Man müsse auch auf der Klimakonferenz die
„Realitäten des Energiesystems sehen“, forderte Banks. Der Energiebedarf
werde rapide zunehmen, weltweit würden 1.600 neue Kohlekraftwerke gebaut,
erneuerbare Energien hätten nur da eine Zukunft, wo es kein Stromnetz gäbe.
„Ehrgeizigen Klimaschutz und Entwicklung mit Solar- und Windenergie zu
planen ist naiv“, sagte Banks.
Ihm folgten ähnliche Statements von Vertretern der US-Energiebehörde und
von Managern der Gasfirma Tellurian, des erst kürzlich aus der Pleite
geretteten Kohle-Giganten Peabody und der Firma NuScale Power, die
Mini-AKWs „mit geringem Fußabdruck“ plant. Niemand leugnete den
Klimawandel, aber alle folgten der gleichen Argumentation: Gas und Kohle
würde noch lange den weltweiten Energiemix dominieren. Deshalb müsse viel
Geld investiert werden, um diese Energien sauberer zu machen; das
umstrittene Abtrennen und Lagern des Klimagases CO2 (CCS) müsse gefördert
werden.
## „Es gibt keine saubere Kohle!“
Auch kleine neue Atomkraftwerke hätten eine Zukunft ohne CO2. Und
schließlich: Armutsbekämpfung und die Umsetzung der UN-Entwicklungsziele
könne es nur mit Gas, Kohle und Atom geben. „So sieht eine rationale
Klimapolitik aus“, meinte Banks.
Immer wieder unterbrochen von Zwischenrufen einiger verbliebener
Demonstranten („Lügner!“, „Es gibt keine saubere Kohle!“) spulten die
Referenten ihre Power-Point-Vorträge ab. Teilweise nervös und mit rotem
Kopf angesichts eines feindlichen Saals und einer feindlichen Konferenz,
teilweise mit falschen Behauptungen („Wenn Länder wie Deutschland aus der
Atomkraft aussteigen, erhöhen sich die Emissionen“).
Aber nicht alle Vertreter der USA zeigten sich einverstanden mit der
Politik des Weißen Hauses. Ob sie hinter Trumps Entscheidung zum Ausstieg
aus dem Pariser Abkommen stehen, wurden die Panelisten gefragt. Die eine
Hälfte sagte Nein oder verweigerte die Aussage. Von den anderen drei hieß
es lapidar: „Wir arbeiten für den Präsidenten.“
14 Nov 2017
## LINKS
[1] https://twitter.com/MikeBloomberg/status/930149091526545410
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
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