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# taz.de -- Russland und Olympische Winterspiele: Ende eines Spiels
> Ein bizarrer Kampf um die Teilnahme russischer Sportler an den
> Winterspielen von Pyeongchang geht in die Schlussphase. Ausgang ungewiss.
Bild: Das Olympische Feuer kommt in Südkorea an. Die Frage ist – wie viele R…
Berlin taz | Was man eben so sagt zu so einem Anlass. „Ich bin mir sicher,
dass sie aufgrund ihrer langen Tradition, ihres Glaubens an Werte und ihrer
Liebe zum Sport großartige Spiele im Februar veranstalten werden“, meinte
Spyros Capralos, der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees
Griechenlands am Dienstag. Da wurde das bei den Ruinen des antiken Olympia
entzündete olympische Feuer an Pyeongchang, den Gastgeber der Winterspiele
2018, übergeben.
Der griechische Präsident Prokopios Pavlopoulos war da, Hymnen wurden
gespielt, und eine junge Frau in einer antik aussehenden Priesterinnentoga
überreichte das Feuer Lee Hee-beom, dem Chef des Organisationskomitees der
Spiele. Die Flamme wurde dann nach Korea geflogen, 100 Tage vor der
Eröffnungsfeier am 9. Februar. Schön war’s.
Wie es war, als Denis Oswald die russischen Langläufer Alexander Legkow und
Jewgeni Below vernommen hat, ist nicht überliefert. Der Schweizer, der seit
1991 Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees ist, untersucht die
Verwicklungen einzelner Sportler in den großen russischen Dopingskandal,
der durch Aussagen von Whistleblowern 2014 schrittweise aufgeklärt wurde.
Zwei Berichte des von der Welt-Anti-Doping-Agentur mit der Untersuchung des
Falls beauftragten Anwalts Richard McLaren legen nahe, dass in Russland
ein staatlich organisiertes Dopingnetzwerk aufgebaut wurde, dass
Dopingproben vertauscht, geöffnet, manipuliert wurden, dass 1.000 russische
Athleten in das System involviert waren.
All das geschah auch, um Russland auf Platz eins des Medaillenspiegels der
Olympischen Winterspiele von Sotschi zu hieven. Auch deshalb erwartet die
Sportwelt so gespannt die Reaktionen des IOC auf die Enthüllungen. Denis
Oswald hat eine erste Entscheidung erwirkt. Die beiden russischen
Langläufer werden disqualifiziert. Legkow verliert seine Goldmedaille von
Sotschi im Skimarathon über 50 Kilometer. In Pyeongchang dürfen beide nicht
teilnehmen.
## Skandalurteil?
Nicht so schön findet man das in Russland. Dort ist in der Sportpresse von
einem Skandalurteil die Rede. Der Anwalt der beiden, der Bochumer
Sportrechtler Christof Wieschemann, wird dabei besonders oft zitiert. Er
meint, dass aus den Untersuchungen hervorgehe, dass Urinproben der beiden
Langläufer zwar geöffnet worden sein könnten, es aber keine Hinweise darauf
gebe, dass sie manipuliert worden seien.
Außerdem stünden die beiden nicht auf der Liste, auf der die Namen von
Sportlern aufgeführt sind, die unter staatlicher Aufsicht unerlaubte Mittel
zur Leistungssteigerung genommen haben sollen. An einem Einspruch gegen
die Suspendierung der Athleten wird schon gearbeitet. Die Idee des IOC,
sich über eine Einzelfallprüfung des Staatsdopingkomplexes entledigen zu
können, wird sich so einfach also nicht umsetzen lassen.
Vor einer grundsätzlichen Entscheidung, Russland ganz von den Spielen
auszuschließen etwa, scheut sich das IOC. Das hat es schon vor den
Sommerspielen von Rio 2016 nicht geschafft. Dort sollten die Fachverbände
entscheiden, ob sie die Russen zulassen oder nicht. Nur der besonders
dopinggeplagte Internationale Leichtathletikverband entschied sich für
einen Bann des russischen Teams und entwickelte die Idee, nachweislich
unbelastete Athleten unter neutraler Flagge starten zu lassen. Eine solche
Idee gibt es auch für die Spiele in Sotschi.
## Eine „nationale Schande“
Auch das findet man in Russland weniger schön. Unmöglich sogar. Gennadi
Timtschenko, der Präsident der Eishockey-Profiliga KHL, stellte in dieser
Woche ganz einfach fest: „Die Sbornaja kann nicht unter neutraler Flagge
antreten. Das wäre einfach komisch.“ Timtschenko ist nicht irgendjemand.
Der Multimilliardär steht wegen seiner engen Kontakte zu Präsident Wladimir
Putin und wegen seiner offenen Unterstützung für dessen Krim- und
Ukrainepolitik auf der Sanktionsliste der USA und darf dort nicht
einreisen. Wenn er sich einmischt, geht es um die große Politik.
Die hat sich selbst auch schon zu einem möglichen Auftritt unter neutraler
Flagge geäußert. Eine „nationale Schande“ wäre das, meinte Wladimir Puti…
Und gestern legte der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees
Russlands, Alexander Schukow, noch einmal nach und stellte kategorisch
fest, dass russische Sportler nicht unter neutraler Flagge antreten. Mit
solchen Äußerungen werden die eigenen Sportler ebenso gezielt unter Druck
gesetzt wie das IOC.
Die Russen werden auch wissen, wie wenig wert etwa ein olympisches
Eishockeyturnier ohne russische Beteiligung wäre, zumal die US-Profiliga
NHL diesmal nicht kooperiert und ihren Spielern die Olympiateilnahme
verwehrt. Am Donnerstag jedenfalls stellte der Russische Eishockeyverband
schon mal das Olympiatrikot der Sbornaja vor. Ganz in Rot ist es gehalten,
mit dem goldenen Doppeladler vorne drauf. Schön sieht das aus.
## Es liegt vor allem an Russland
Anfang Dezember will das IOC die große Entscheidung über Russland fällen.
Reichlich spät. Die Wintersportsaison läuft dann schon auf Hochtouren.
Etliche Klagen gegen die bis dahin von Denis Oswald getroffenen
Entscheidungen in Einzelfällen werden vor den Spielen zu entscheiden sein.
Ausgang ungewiss. Nur eines steht fest: Das russische Dopingproblem wird in
der Olympiasaison nicht gelöst werden können. Das liegt nicht allein am
zögerlichen IOC.
Das liegt vor allem an Russland, das ganz offen den mit der Gründung der
Welt-Anti-Doping-Agentur Wada 1999 geschaffenen Konsens in der
Dopingbekämpfung aufgekündigt hat. Das bewährte Spiel, in dem die
Sportverbände, wenn es nicht mehr anders ging, sich gegen die Athleten
stellten, die überführt und gesperrt wurden, und im Zweifel von
Einzelfällen sprachen, funktioniert nicht mehr. Wer jemals an einen
sauberen Sport geglaubt hat, muss spätestens jetzt vom Glauben abfallen.
Das IOC kann das nicht schön finden.
Dafür zeigt es schöne Bilder. Am Freitag hatte die offizielle
Olympiadokumentation zu den Spielen von Rio de Janeiro auf einem Filmfest
in Tokio Premiere. Wie die Spiele gekauft wurden, dass der brasilianische
Superfunktionär Carlos Nuzman wegen Geldwäsche und Zugehörigkeit zu einer
kriminellen Vereinigung sich vor Gericht verantworten muss, dass der
irische Oberolympier Patrick Hickey sich durch Ticketverkäufe bereichert
hat, das wird in dem Film nicht gezeigt. Auf der Website des IOC wird der
Film als Manifest bezeichnet, das erläutert, dass die olympischen Werte
auch in einer modernen Gesellschaft relevant sind. Der Titel des Films:
„Tage der Wahrheit“.
6 Nov 2017
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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IOC
Sotschi 2014
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