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# taz.de -- Die aktuellen Situation des IOC: Eigene Wahrheiten
> Das IOC muss sich auf seiner Vollversammlung mit einer Menge Probleme
> herumschlagen. Dafür verhält es sich sehr passiv.
Bild: Hält unverdrossen die Fahne hoch: IOC-Präsident Thomas Bach, hier bei d…
Was läuft gut beim IOC?
Hmm… für die Sommerspiele 2024 und 2028 hat man mit Paris und Los Angeles
immerhin Abnehmer gefunden. Für den krisengeplagten IOC-Chef Thomas Bach
ist das nicht weniger als eine „Win-win-win-Situation“.
Was läuft schlecht beim IOC?
Bis vor Kurzem konnten die IOC-Funktionäre noch Bestechungsgelder beim
Gerangel um die Vergabe der Spiele einstreichen. Jetzt will kaum noch einer
das überdimensionierte Sportevent ausrichten. Im Falle von Los Angeles muss
man gar 1,5 Milliarden Euro aufbringen, damit die Amerikaner, die
eigentlich wie Paris schon 2024 Gastgeber sein wollten, ihre Bewerbung
aufrechterhielten.
Sonst noch was?
Kurz vor der gerade stattfindenden IOC-Vollversammlung in Lima holt den
Weltverband die alte Korruptionspraxis bei der Vergabe der Spiele ein. In
Rio de Janeiro sind die brasilianischen Behörden einem Stimmenkauf auf der
Spur. Bei einer Großrazzia wurde im Haus von Rios OK-Chef Carlos Arthur
Nuzman Beweismaterial sichergestellt. Er soll Vermittler bei der Verteilung
von Bestechungsgeldern gewesen sein, die afrikanische IOC-Funktionäre für
ihr Rio-Votum in Millionenhöhe erhielten. 1,5 Millionen Dollar Schmiergeld
sollen beispielsweise an den Senegalesen Papa Massata Diack überwiesen
worden sein, dem Sohn des damaligen IAAF-Präsidenten und IOC-Mitglieds
Lamine Diack. Zumindest Pat Hickey trat noch vor der IOC-Versammlung in
Lima von seinem Amt im Exekutivkomitee zurück. Der Ire war in den
Olympia-Ticketskandal von Rio de Janeiro 2016 verwickelt. Die irische
Untersuchungskommission beklagte, dass Hickey und das IOC sich komplett
verweigert hätten, an der Aufklärungsarbeit mitzuwirken.
Sonst noch jemand korrupt?
Wo war eigentlich Ahmad al-Fahad al-Sabah, als sich in dieser Woche das IOC
in Lima getroffen hat? Der Scheich aus Kuwait, der Strippenzieher und so
etwas wie die Personifizierung der Korruption im Sport, hatte Thomas Bach
einst zum Boss des IOC gemacht. Nun weilt er in Turkmenistan. Dort sei er
als Mitorganisator der Asian Indoor and Martial Arts Games gefragt. Es wird
allerdings vermutet, dass der Chef des Olympic Council of Asia dem langen
Arm der US-Staatsanwaltschaft entgehen will. Richard Lai, der Präsident des
Fußballverbands von Guam, hatte vor einem Gericht in New York ausgesagt,
zwischen 2009 und 2014 mehr als 850.000 Dollar an Schmiergeldern erhalten
zu haben. In den Akten fand sich in diesem Zusammenhang der Name Ahmad
al-Fahad al-Sabah. Im Mai trat der Kuwaiter deshalb von seinem Posten im
Fifa-Council zurück. Vielleicht glaubt ihm ja jemand die Turkmenistan-Mär.
Und was ist eigentlich mit den Dopingskandalen?
33 Medaillen haben russische Sportler bei den Winterspielen von Sotschi
gewonnen. Dass dahinter ein von staatlicher Hand vorbereitetes
Dopingprogramm stand, gilt seit den Wada-Untersuchungsberichten von Richard
McLaren als gesichert. Und doch tut sich das IOC schwer, die Russen für den
organisierten Sportbetrug zu bestrafen. Nun haben 17 Nationale
Antidopingagenturen, darunter auch die deutsche Nada, gefordert, Russland
nicht zu den anstehenden Winterspielen von Pyeongchang zuzulassen.
Russische Sportler, die als dopingfrei gelten, sollen unter neutraler
Flagge starten dürfen. So weit die Forderung. Beim IOC beschäftigen sich
zwei Kommissionen mit der Causa Russland. Noch vor Beginn der
Wintersportsaison soll eine Entscheidung fallen. IOC-Präsident Thomas Bach
hat sich für eine Bestrafung Russlands ausgesprochen und gleichzeitig,
warum auch immer, die Rolle von Russlands Staatschef Wladimir Putin bei der
Aufklärung des Staatsdopingkomlexes gelobt. Schnell machten Gerüchte die
Runde, Russland könne sich mit einer Strafzahlung das Startrecht für 2018
erkaufen. Wir sind gespannt.
Sieht man aber mal von den Korruptions- und Dopingproblemen ab, dann läuft
doch spätestens bei den Winterspielen nächsten Februar in Pyeongchang
wieder alles rund?
Das Säbelrasseln zwischen den USA und Nordkorea hat möglicherweise
Auswirkungen auf die Winterspiele in Pyeongchang. Die geopolitische Lage
verschärft die Probleme des größten Dachsportverbands. IOC-Exekutivmitglied
Gian Franco Kasper gestand, er befürchte, dass einige Nationen die Spiele
boykottieren werden, weil sie sich um ihre Athleten sorgten. Die
südkoreanische Gastgeberstadt ist nur 80 Kilometer von der Grenze zu
Nordkorea entfernt. IOC-Chef Thomas Bach aber wischt jegliche Bedenken weg
und bewertet die Winterspiele als friedensschaffende Maßnahme. Pyeongchang
werde als „Symbol des Verstehens und des Dialogs“ betrachtet. Die alte Mär:
Sport verbindet und so.
Warum gibt es für die Winterspiele immer weniger Bewerber?
Für die Winterspiele 2014 ließ Russland die Berglandschaft hinter dem
Badeort Sotschi für den Wintersport planieren. Sotschi wurde zum Sinnbild
der Gigantomanie. Winterolympia ist auch für herkömmliche Wintersportorte
zu groß geworden. Im Schweizer Kanton Graubünden lehnte die Bevölkerung in
einer Volksabstimmung die Spiele ebenso ab wie in Garmisch-Partenkirchen
und in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein. Die Spiele 2022
werden nun in Peking stattfinden. Einen Austragungsort mit echtem
Wintersportappeal zu finden, ist schwer geworden. Innsbruck wäre so ein
Ort. Die Stadt, die schon zweimal Austragungsort war (1964 und 1976),
bewirbt sich mit einem Schmalspurkonzept für 2026. Statt der eigentlich
geforderten sieben Eishallen geht man mit nur zwei ins Rennen und will das
IOC so bei der Ehre packen. Wenn die Olympier es ernst nehmen mit ihrer
Reformagenda, in der das Ende der Gigantomanie beschworen wird, müsste
Innsbruck den Zuschlag erhalten. Ob die Tiroler das wollen, entscheiden sie
in einer Volksabstimmung am 15. Oktober.
Hat IOC-Chef Thomas Bach dennoch alles im Griff?
Thomas Bach, der nun auch schon seit 2013 Präsident des Internationalen
Olympischen Komitees ist, kann gewiss keine Massen begeistern. Er ist im
vertraulichen Gespräch sicherer als bei Auftritten auf großer Bühne. Hinter
verschlossenen Türen arbeitet er an seinen eigenen Wahrheiten über die
olympische Bewegung und ihre Probleme. Als Ende des vergangenen Jahres nach
dem Blick auf ein paar schnell heruntergekommen Olympiaanlagen von Rio und
die Abrechnung die Frage aufgekommen ist, ob die Spiele von 2016 vielleicht
ein Misserfolg gewesen sein könnten, da griff Bach zu einem bemerkenswerten
Vergleich. All die Diskussionen erinnerten ihn an die Berichte vor und nach
dem Wahlerfolg von Donald Trump in den USA. Es gebe einfach einen
Unterschied zwischen „veröffentlichter und öffentlicher Meinung“. Wer so
denkt, für den sind Themen wie Doping oder Korruption reine
Medienphänomene. Bachs Methode als Krisenmanager ist die Verleugnung der
Krise. Das hat fast schon etwas vom guten alten Joseph Sepp Blatter.
Und was macht die Ethikkommisssion?
Mit dem früheren UN-Generalsekretär Ban Ki Moon (2007-2016) hat die
IOC-Vollversammlung in Lima am Donnerstag einen Mann an die Spitze ihrer
Ethikkommission gewählt, der es gewohnt ist, eine Institution zu führen,
die nichts zu sagen hat. Seit 1999 besteht bereits das Ethikgremium des
IOC. Als scharfes Schwert im Kampf gegen Korruption hat es sich bislang
nicht erwiesen. Aber einen eingeübteren moralischen Mahner als Ban Ki Moon
hätte das IOC nicht finden können. Das Zeugnis, das ihm einst die
norwegische UN-Diplomatin Mona Juul ausstellte, hat ihm möglicherweise auch
zu seinem IOC-Amt verholfen. Juul bemängelte, der Südkoreaner sei passiv,
ihm mangele es an Charisma, er zeige keine Führungskraft.
17 Sep 2017
## AUTOREN
Johannes Kopp
Andreas Rüttenauer
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