# taz.de -- Eiskunstlaufpaar trainiert für Olympia: Die Chemie muss stimmen | |
> Annika Hocke und Ruben Blommaert haben ihr Ticket für Olympia schon so | |
> gut wie in der Tasche. Zwei Berliner Eiskunstläufer kämpfen noch um einen | |
> Startplatz. | |
Bild: Annika Hocke und Ruben Blommaert trainieren zum Song „Hey Big Spender“ | |
Big Spender“ ist die Musik zum Kurzprogramm von Annika Hocke und Ruben | |
Blommaert. Und das steht heute auf dem Trainingsplan im Sportforum | |
Hohenschönhausen. Als die Musik verklungen ist, kommt die 17-jährige Hocke | |
enttäuscht an die Bande. Die ehrgeizige Eiskunstläuferin ärgert sich über | |
den misslungenen Touloop. „Das war noch schlechter als beim Wettkampf am | |
Wochenende“, sagt sie. | |
Doch Knut Schubert, erfahrener Trainer und Meistermacher, war zufrieden mit | |
seinen Schützlingen „trotz des „kleinen Dings“, wie er den Fehler nennt. | |
„Sonst war alles gut.“ Für den Folgetag verordnet er seinen Schützlingen | |
trainingsfrei. „Geht mal an die Sonne. Euer Körper muss sich erholen. Die | |
Regeneration ist wichtig, dann klappt das übermorgen.“ | |
Erst seit einem Jahr sind die Berlinerin Annika Hocke und der gebürtige | |
Belgier Ruben Blommaert, der lange in Bayern gelebt hatte, ein Paar auf | |
dem Eis. Hocke wurde im letzten Dezember noch Dritte bei den Deutschen | |
Meisterschaften im Einzellaufen. Dass mit der jungen Läuferin ein riesiges | |
Talent über das Eis lief, war nicht zu übersehen. Hocke konnte springen und | |
interpretierte ihre „Carmen“-Kür mit viel Ausdruck. | |
Blommaert war bis Ende 2016 mit einer anderen Partnerin im Paarlauf | |
international gestartet. Doch die Chemie zwischen den beiden hatte nicht | |
mehr gestimmt. Der erfahrene Paarläufer hatte bei Familie Hocke angerufen | |
und fragte, ob Annika mit ihm gemeinsam Eislaufen möchte. „Ich habe sie zu | |
den deutschen Meisterschaften laufen gesehen. Sie hat alles, was eine gute | |
Paarläuferin ausmacht“, erinnert er sich. Und Annika Hocke sagt: „Ich | |
brauchte nicht lange zu überlegen. Ich will ja unbedingt zu Olympia. Und | |
das konnte ich mir als Paarläuferin neben Ruben besser vorstellen als als | |
Einzelläuferin.“ | |
## „Wir haben Potential“ | |
Das Olympiaticket haben die Eiskunstläufer nach knapp einem Jahr | |
gemeinsamen Training so gut wie in der Tasche. In der internen deutschen | |
Wertung liegen sie nach dem internationalen Spitzenpaar Aljona | |
Savchenko/Bruno Massot auf dem zweiten Platz. Mit großem Abstand zum | |
nächstplatzierten Paar. Den dürften ihre Konkurrenten bis zu den deutschen | |
Meisterschaften Mitte Dezember – wo die Nominierung für Olympia erfolgt –, | |
nicht mehr aufholen können. Und zwei Startplätze im Paarlaufen hat die | |
Deutsche Eislaufunion in Pyeongchang im Februar. | |
Ruben Blommaert hat den eigentlich riskanten Wechsel der Partnerin in der | |
vorolympischen Saison nicht bereut. Nicht nur, weil er mit Annika wieder | |
Freude am Training hat. „Wir haben Potential“, sagt er. Beim ersten | |
gemeinsamen Wettkampf im September gaben die Preisrichter dem Paar 180 | |
Punkte. „Das ist mehr als ich mit meiner damaligen Partnerin je hatte.“ Mit | |
ihr hatte Blommaert immerhin drei Jahre trainiert. | |
„Annika und Ruben haben in einem Jahr gelernt, was andere in drei oder vier | |
Jahren nicht lernen“, lobt Knut Schubert. Bereits nach einem Monat | |
gemeinsamen Trainings stand die bisherige Einzelläuferin Annika Hocke, die | |
sich lediglich 2014 wenige Wochen einmal im Paarlaufen probiert hatte, den | |
ersten dreifachen Wurf. Nach zwei Monaten saßen alle Würfe dreifach. Das | |
können nur internationale Spitzenpaare. | |
Trainer Schubert kommt aus dem Schwärmen nicht heraus, wenn er über seine | |
Meisterschüler spricht. „Sie lieben den Sport. Sie wissen, was sie wollen. | |
Beide sind fleißig, intelligent und sehr reflektiert. Und Annika kann mit | |
ihrer natürlichen Ausstrahlung das Paar präsentieren.“ Auch die Chemie | |
untereinander stimme, sagt Schubert in Anspielung Blommaerts ehemalige | |
Eispartnerin. | |
Nur bremsen muss er seine Schützlinge manchmal. So wie heute, wo die beiden | |
nach dem aus ihrer Sicht misslungen und aus Trainersicht recht ordentlichen | |
Kurzprogramm einfach nicht mit dem Training aufhören wollen. „Einen Touloop | |
noch“, handelt Hocke nach längerer Diskussion einen Kompromiss aus. | |
Schubert willigt ein. Der Touloop sitzt dann auch. | |
## Zwei exzellente Springer | |
Um den einzigen deutschen Olympiastartplatz bei den Männern konkurrieren | |
zwei Berliner Trainingskameraden: der 29-jährige Altmeister Peter Liebers | |
und der 25-jährige Paul Fentz. Beide sind sich eigentlich ähnlich: Sie sind | |
exzellente Springer. Bei Wettkämpfen zeigen sie öfter mal Nerven. Und die | |
künstlerische Seite des Eiskunstlaufes wurde ihnen zwar nicht in die Wiege | |
gelegt, sie haben sie sich aber hart erarbeitet. | |
Wer zu Olympia fahren darf, entscheidet sich bei internationalen | |
Wettkämpfen an diesem und dem kommenden Wochenende sowie zu den deutschen | |
Meisterschaften Mitte Dezember. Bisher hat Paul Fentz einen kleinen | |
Vorsprung. | |
Wie ist das, wenn man jeden Tag gemeinsam für das Ziel Olympia trainiert | |
und weiß, dass es nur einer von beiden schaffen kann? „Das ist eine gesunde | |
Konkurrenz. Wir sind damit groß geworden“, meint Peter Liebers. Trainerin | |
Romy Oesterreich ergänzt: „Sie verstehen sich zum Glück sehr gut und nutzen | |
die Konkurrenz, um sich im Training gegenseitig zu pushen.“ | |
Für Liebers, der nach Olympia seine Karriere beenden und sein Studium der | |
Biotechnologie zu Ende bringen will, ist die Situation in diesem Jahr ein | |
Déjá-vu zu 2010 mit umgekehrtem Vorzeichen: Damals konkurrierte er als | |
junges Nachwuchstalent mit Altmeister Stefan Lindemann um einen einzigen | |
Olympiastartplatz in Vancouver und unterlag denkbar knapp. Lindemann | |
überließ ihm großzügig den einzigen Startplatz zur Weltmeisterschaft einen | |
Monat nach Olympia. | |
Sollte Liebers in diesem Jahr das Olympiaticket lösen, will er gleich im | |
Anschluss seine Laufbahn beenden, womit das WM-Ticket an Paul Fentz fiele. | |
Doch noch ist nichts entschieden. | |
26 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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