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# taz.de -- Kritik an Jugendportal: Böhmermanns Bento-Verriss ist schief
> Jan Böhmermann schaltet sich mit einem seltsamen Beitrag in den Streit
> zwischen Verlagen und Öffentlich-Rechtlichen ein. Das geht daneben.
Bild: Kritisiert den Identitätsfetisch von Berufsjugendlichen auf Bento.de: Ja…
Berlin taz | Jan Böhmermann, Moderator der Sendung Neo Magazin Royale, hat
sich einen neuen Gegner gesucht. Nach [1][dem türkischen Präsidenten
Erdogan] und der deutschen Musikindustrie hat er sich [2][in seiner
aktuellen Sendung] einen kleineren Player vorgenommen: [3][Bento.de], das
Nachrichtenportal für junge Leser aus dem Spiegel-Verlag. Bento, kritisiert
Böhmermann, veröffentliche banale Texte, die mit Journalismus nichts zu tun
hätten, beschmutze den Ruf des Spiegel als Nachrichtenmagazin.
Es stimmt, dass vieles von dem, was auf bento.de (und auf [4][ze.tt],
[5][jetzt.de], [6][buzzfeed], [7][Vice] und anderen Portalen) steht, weder
Minister stürzen noch Journalistenpreise gewinnen wird. Aber dafür ist
bento.de auch nicht angetreten. All die Jugendseiten sind Versuche der
Verlage, im Netz junge Leser zu erreichen. Sie kommen zu spät und sind noch
lange nicht fertig.
Was ist schon „fertig“ im Internet? Wie sieht denn, abgesehen von einem
Böhmermann im Nischensender, die Internetstrategie des ZDF aus? Wo
erreichen die Öffentlich-Rechtlichen ihre jungen Zuschauer? Ach ja, [8][bei
Funk], dem jungen Angebot im Internet. Dort gibt es eine Talkshow auf dem
Klo und Nachrichten, vorgetragen von einem pöbelnden Moderator. Sendungen,
bei denen man sich auch fragen kann, welchen journalistischen Mehrwert sie
haben.
Böhmermann jedenfalls muss nicht darüber nachdenken, wer seine Sendung
bezahlt. Er hat den Gebührenzahler im Rücken. Das macht es leicht, sich
über Strategien von Verlagen lustig zu machen.
## Er sonnt sich in Döpfners Schein
Böhmermanns Kritik hat allerdings einen berechtigten Kern. Er beschreibt,
wie bento mit Native Advertising Leser in die Irre führt. Das funktioniert
so: Bento schaltet Werbung, die aussieht wie redaktioneller Inhalt. Diese
bezahlten Inhalte sind zwar irgendwie gekennzeichnet, werden aber als
Artikel dargestellt. Untersuchungen zeigen, dass Leser diese Form der
Werbung nicht erkennen. Dem Leser wird vorgegaukelt, er lese Journalismus.
Das ist mies und gehört geächtet.
Falsch wird seine Kritik aber dort, wo er den moralischen Zeigefinger
erhebt, ohne den seine Sendung [9][seit einiger Zeit nicht mehr auskommt].
Statt bei der berechtigten Kritik an bento zu bleiben, schwingt er sich zum
Retter des Journalismus auf, zitiert Hans-Joachim Friedrichs und sorgt sich
um das Erbe von Rudolf Augstein. Das nervt.
Für seine moralische Anklage verwendet Böhmermann immer wieder Ausschnitte
aus Reden von Matthias Döpfner, dem Vorstandsvorsitzenden des
Axel-Springer-Verlags. Der spricht pathetisch über die Rolle des
Journalismus, Licht in die Dunkelheit zu bringen, und Böhmermann sonnt sich
in Döpfners Schein. Das allein wäre unpassend genug, schließlich ist
Döpfner Verleger, kein Journalist, und gibt in seinem Verlag auch den
Kampagnenjournalismus der Bild-Zeitung heraus.
## Journalismus und Lobbyismus vermischt
Völlig absurd ist die Wahl Döpfners als Posterboy des Journalismus aber,
weil [10][Döpfner auch Präsident des Bundesverbandes Deutscher
Zeitungsverleger] ist. Er ist also nicht nur kein Journalist, er ist
Lobbyist. Döpfners Job ist es, die ökonomischen Interessen der
Zeitungsverleger zu vertreten.
Und das tut er im Moment vor allem mit populistischen Tiraden in Kampf
gegen die Öffentlich-Rechtlichen und ihr Angebot im Netz. Er bezeichnet ARD
und ZDF dabei als „Staatsfunk“, benutzt den gleichen Duktus wie die AfD.
Und mit so einem will Böhmermann den Journalismus verteidigen? Böhmermann
kritisiert die Vermischung von Werbung und Inhalt und vermischt dabei
selbst Journalismus und Lobbyismus.
Sein Bento-Verriss erscheint in einer Zeit, in der gerungen wird um die
Rolle der Öffentlich-Rechtlichen und ihr Verhältnis zu den
Zeitungsverlagen. Der Spiegel schrieb eine viel kritisierte
Titelgeschichte, Politiker suchen nach Grenzen für die
Öffentlich-Rechtlichen und die wiederum geben sich hilflos. Böhmermanns
Beitrag zu dieser Debatte ist misslungen und peinlich.
27 Oct 2017
## LINKS
[1] /!5391268
[2] https://www.zdf.de/comedy/neo-magazin-mit-jan-boehmermann
[3] http://www.bento.de/
[4] http://ze.tt/
[5] http://www.jetzt.de/
[6] https://www.buzzfeed.com/?utm_term=.miJLkZVPJG#.utj6kzB0qK
[7] https://www.vice.com/de
[8] https://www.funk.net/
[9] http://www.zeit.de/2017/37/humor-jan-boehmermann-politik-moral/komplettansi…
[10] /!5445583
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
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Schwerpunkt Zeitungskrise
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