| # taz.de -- Kritik an Öffentlich-Rechtlichen im Netz: Böse sind immer die and… | |
| > Verlage wollen auch im Netz Abos verkaufen. Unmöglich bei | |
| > „öffentlich-rechtlicher Gratispresse“, schimpfen sie. Ganz so einfach ist | |
| > das nicht. | |
| Bild: BDZV-Präsident Mathias Döpfner sieht „nordkoreanische Verhältnisse“ | |
| Mathias Döpfner bleibt sich treu. Der Boss des Medienhauses Axel Springer | |
| warnt schon seit Jahren, wie 2010 auf den Münchner Medientagen, vor ARD, | |
| ZDF und Deutschlandradio: Sie beschädigten „die Basis für ein künftiges | |
| Geschäftsmodell der privaten Inhalteanbieter in der digitalen Welt“. | |
| Vor einem Jahr in Berlin sprach er bei seinem ersten prominenten Auftritt | |
| als Präsident des Verlegerverbandes BDZV von „öffentlich-rechtlicher | |
| Gratispresse“. Ende September in Stuttgart skizzierte er schließlich das | |
| Horrorszenario, es könne nur noch „Staatsfernsehen und Staatspresse“ geben, | |
| „nach dem Geschmack von Nordkorea“. | |
| Der verzweifelte Ruf an die Politik also: Helft uns! | |
| Döpfner wünscht sich per Gesetz, was er den ARD-Intendanten in geheimen | |
| Treffen nicht direkt hat abringen können: dass Einträge der Sender maximal | |
| zu einem Drittel aus Fließtext bestehen und allein „hinführenden Charakter�… | |
| auf Audios und Videos haben. Bisher dürfen Journalisten in den Sendern so | |
| lange Texte schreiben, wie sie wollen, solange ihre Inhalte einen | |
| „Sendungsbezug“ haben. | |
| ## Furcht vor digitaler Bedeutungslosigkeit | |
| Die Rundfunkkommission der Länder arbeitet dieser Tage an einem Update des | |
| Rundfunkstaatsvertrags. Die Medienpolitiker prüfen dabei auch das | |
| Döpfner-Modell. Die ARD fürchtet wiederum die digitale Bedeutungslosigkeit, | |
| denn online wird vor allem eines: gelesen. | |
| Den Verlegern kommt unterdessen die Onlinestrategie des ZDF zupass, das | |
| seit Jahren freiwillig an Texten spart. Vergangene Woche erklärte | |
| ZDF-Intendant Thomas Bellut: Er wünsche sich zwar „mehr | |
| Bewegungsspielraum“, etwa großzügigere Verfallsdaten für seine Beiträge in | |
| der Mediathek, aber „nicht im Textangebot“. Das ZDF stehe da „ganz | |
| eindeutig für das ZDF“. Kurzum: Die Öffentlich-Rechtlichen lobbyieren nicht | |
| mit einer Stimme. | |
| In einem sind sich die Senderchefs aber einig: Nicht sie sind das Problem, | |
| sondern das Silicon Valley sei es. Bereits Belluts Vorgänger Markus | |
| Schächter mahnte, Verlage bewachten „die falsche Tür“: Google und Facebook | |
| seien die wahren Störenfriede. Die Plattformen raubten Aufmerksamkeit und | |
| förderten die Kostenlosmentalität. Auch für die ARD-Intendanten sind nun | |
| wieder die Netz-Giganten die Bösewichte. Allein: Diese Front bröckelt. | |
| ## Unterstützung aus Silicon Valley | |
| In der „Digital News Initiative“ wirft Google allein im Euro-Raum mit | |
| einer dreistelligen Millionensumme um sich und fördert Digitalentwicklungen | |
| der Medienszene. Der Konzern will Verlagen nun sogar dabei helfen, | |
| Bezahlmodelle im Netz durchzusetzen und passt dafür seinen Suchalgorithmus | |
| an, der Seiten nicht mehr abstraft, die Geld für Inhalte verlangen. Das sei | |
| „erfreulich und ermutigend“, lobt selbst Döpfner. | |
| Während die Bedrohungslage „Silicon Valley“ schwindet, bleibt Verlagen | |
| zunehmend die Heimatfront. Aber sind öffentlich-rechtliche Angebote | |
| wirklich das Problem? ARD-Funktionäre weisen auf die Abrufstatistiken hin, | |
| die tatsächlich zeigen: Bei den News-Portalen dominieren private Seiten. | |
| Öffentlich-Rechtliche haben – auch regional – nie eine entscheidende Rolle | |
| gespielt, sondern sind für Verlage ein Problem unter vielen. | |
| Wenn es darum geht, auch für Journalismus im Netz Abos zu verticken, machen | |
| sich nicht zuletzt private Seiten gegenseitig das Leben schwer. Während | |
| Portale wie Spiegel Online, Bild, Welt und auch die taz ihre Leser | |
| animieren, für Artikel zu zahlen, setzen andere weiter darauf, Nachrichten | |
| und Analysen rein werbefinanziert ins Netz zu stellen. Auf Verlagsseite tut | |
| das vor allem Focus Online, das sogar Lokalressorts aufbaut, wenn auch | |
| überwiegend auf Basis von Pressemitteilungen. | |
| ## Nachrichten auf T-Online und 1&1 | |
| Nach dem Prinzip „Wenn nur genügend Nutzer vorbeischauen, bringt Reklame | |
| noch immer genug ein“ operiert auch „T-Online“, das passenderweise | |
| mittlerweile zum Werbevermarkter Ströer gehört. Der baut seine Redaktion | |
| aus und dürfte die Situation so verschärfen. Und auch der Internetanbieter | |
| 1&1 betreibt eine eigene Redaktion für kostenfreie Nachrichten, die so oft | |
| abgerufen werden, dass Verleger neidisch sind. | |
| Chef-Verleger Döpfner weiß um all diese Probleme. Sein Medienhaus Axel | |
| Springer geht etwa juristisch dagegen vor, dass Focus Online seine | |
| Journalisten hinter die Bezahlschranke von Bild schickt, damit sie über das | |
| Exklusive berichten, das sie dort finden – frei zugänglich. Über Probleme | |
| in den eigenen Reihen schimpft es sich nur nicht so einfach wie gegen das, | |
| was Verleger verächtlich „Staatspresse“ nennen. | |
| Der Autor arbeitet als freier Medienjournalist für Verlage und | |
| öffentlich-rechtliche Sender | |
| 5 Oct 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bouhs | |
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