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# taz.de -- Fake-News-Vorwürfe gegen Tagesschau: Absurdes Gezanke
> In ihrem Streit haben die Zeitungsverleger und die Öffentlich-Rechtlichen
> die echten Probleme längst aus dem Blick verloren.
Bild: Verleger-Boss und Springer-Chef Mathias Döpfner
Es ist der nächste Schritt in einem Streit, der mittlerweile im Absurden
schwelt: Das Landgericht Hamburg hat der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
[1][per einstweiliger Verfügung verboten], zu behaupten, die „Tagesschau“
verbreite „echte Fake News“. Ausgangspunkt war ein Text des FAZ-Autors
Rainer Meyer alias Don Alphonso, in dem er sich [2][mit einem Beitrag des
ARD-Faktenfinders auseinandersetzte].
Die AfD hatte zuvor behauptet, auf dem Oktoberfest in diesem Jahr habe am
ersten Tag „gähnende Leere“ geherrscht. Das Team des Faktenfinders hatte
das überprüft und [3][die Behauptung widerlegt]. Meyer schrieb daraufhin,
die ARD habe aus einem „ ‚Missverständnis‘ echte Fake News“ gemacht. D…
darf er nun nicht mehr verbreiten, die Redaktion hat die Behauptung
mittlerweile aus dem Text gelöscht.
Streitigkeiten zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und einigen
Zeitungsredaktionen, allen voran der FAZ, werden nun also vor Gericht
ausgetragen. Seit Monaten verhaken sich beide Seiten in kleinen und großen
Streitigkeiten. Das Brisante: Jede Seite trägt ihre Argumente in ihren
jeweiligen Medien aus. Die Journalisten, die sonst versuchen oder zumindest
versuchen sollten, objektiv und von außen zu berichten, nutzen ihre
Zeitungsseiten und Sendeminuten zur eigenen Verteidigung. Unabhängige
Berichterstattung über diesen Streit gibt es kaum.
Da schreibt die FAZ seit jeher im AfD-Jargon von „Zwangsgebühren“ und
„Staatssender“ – das dürfte dem Boss des Bundesverbands Deutscher
Zeitungsverleger (BDZV), Mathias Döpfner, gefallen, weswegen er der FAZ
[4][auch gern Interviews gibt]. Bei Springers Welt darf er sowieso Texte
[5][in eigener Sache schreiben]. Er ist ja schließlich als
Axel-Springer-Vorstandsvorsitzender deren Chef. Anderen, wie zum Beispiel
[6][dem Medienmagazin des NDR], [7][dem des RBB-Radios] oder [8][dem des
Deutschlandfunks], verweigert er sich hingegen.
Eine Deutschlandfunk-Kollegin veröffentlichte einen „[9][gut gemeinten
Aufklärungsbrief an die bürgerlichen KollegInnen]“ von der FAZ – und der
überhebliche Duktus ging weiter. Der Redakteursausschuss der ARD
[10][schrieb im Opferton] an Döpfner und die FAZ: „Wir fühlen uns
diskreditiert, wenn Sie uns als Staatsfunk bezeichnen und uns damit
unterstellen, dass wir uns politisch steuern lassen.“ Und weiter: „Können
Sie uns mal erklären, warum wir als verantwortungsvolle JournalistInnen in
diesen Zeiten nicht zusammenhalten gegen Fake News und populistische
Parolen?“
Wegen dieses Briefs bekommt Döpfner wiederum Rückendeckung von seinen
Kollegen im Lokalen (der Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung Ulli
Tückmantel schreibt in seinem Blatt vom neuesten „[11][Gipfel der
Albernheit im ARD-Krieg gegen den Bundesverband der Zeitungsverleger]“) und
aus der Zeitschriftenbranche.
## Was hat er gesagt?
„Staatspresse“, „diskreditiert“, „ARD-Krieg“ – die Wortwahl zeigt…
hier längst nicht mehr um Inhalte geht. Dabei gibt es durchaus Punkte, über
die man diskutieren könnte, wie die Zusammensetzung der
öffentlich-rechtlichen Kontrollgremien oder die Frage, wie lange die
Öffentlich-Rechtlichen ihre Videos in den Mediatheken stehen lassen dürfen.
Ist die neue Audiothek der ARD, in der Radiobeiträge online stehen,
Konkurrenz für die Privatradios? Bedroht Funk, das junge Angebot von ARD
und ZDF, den jungen Journalismus von Zeit, Spiegel und Co? Wie könnte ein
öffentlich-rechtliches Programm im Internet aussehen, das den Verlagen
nicht oder weniger zum Nachteil wird?
Aber so weit reicht die Debatte gar nicht erst. Stattdessen diskutieren
Medienjournalisten und BDZV [12][tagelang] [13][darüber], ob Döpfner die
Öffentlich-Rechtlichen in seiner Rede auf dem BDZV-Kongress im September
„Staatspresse“ genannt hat – oder ob Döpfners „Staatspresse“ im Konj…
gemeint war. (Wenn es so gemeint war, dann hat er es zumindest an einer
Stelle vergessen, den Konjunktiv zu nutzen, was man nachschauen und
[14][nachlesen] kann.)
Im Internet ist so etwas wie eine Brieffreundschaft zwischen Mathias
Döpfner und den Redakteuren der Öffentlich-Rechtlichen entstanden, die aber
nicht darüber hinausgeht, wer nun für wen und wann und warum zum Gespräch
bereit ist oder auch nicht.
Was bemerkenswert ist: Alle Seiten loben immer wieder, wie wichtig der
unabhängige, kritische Journalismus sei, wie wichtig die Zeitungen seien,
wie wichtig der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei – und verhalten sich in
dieser Diskussion dann doch wie besoffene RedakteurInnen in einer
Wirtshausschlägerei.
10 Nov 2017
## LINKS
[1] http://faktenfinder.tagesschau.de/inland/fake-news-faz-101.html
[2] http://blogs.faz.net/deus/2017/09/18/der-neueste-oktoberfestluegenhit-4627/
[3] http://faktenfinder.tagesschau.de/afd-oktoberfest-101.html
[4] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/interview-mit-mathias-doepfner…
[5] https://www.welt.de/kultur/medien/article170267061/Wir-machen-uns-Sorgen-um…
[6] https://twitter.com/daniel_bouhs/status/926122860288073729
[7] https://twitter.com/medienmagazin/status/926505755590713347
[8] https://twitter.com/DLFmedien/status/927604682977103877
[9] http://www.deutschlandfunk.de/staatsrundfunk-liebesbrief-an-die-faz-kollegi…
[10] http://www.agra-rundfunk.de/wordpress/?p=454
[11] http://www.wz.de/home/politik/inland/fuehlen-sich-diskreditiert-ard-contra…
[12] https://uebermedien.de/22482/wahrheitssucher-die-eine-luege-verteidigen/
[13] http://stefan-fries.com/2017/11/02/was-matthias-doepfner-gesagt-haben-will…
[14] https://www.bdzv.de/fileadmin/bdzv_hauptseite/veranstaltungen/2017/zeitung…
## AUTOREN
Anne Fromm
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