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# taz.de -- Weiterer Aufschub im NSU-Prozess: „Sie wollen uns ärgern“
> Die Plädoyers der Nebenklage verzögern sich erneut wegen der Verteidigung
> eines Angeklagten. Die Tochter eines NSU-Opfers fühlt sich brüskiert.
Bild: Angeklagter Andre E. (links) neben seinem Anwalt Michael Kaiser im März …
MÜNCHEN taz | Drei Wochen war der NSU-Prozess wegen Befangenheitsanträgen
zuletzt unterbrochen. Am Dienstag, dem 384. Prozesstag, nun sollte es
soweit sein: Die Plädoyers der Nebenklage sollten beginnen, die
Schlussworte der Opfer des NSU-Terrors und ihrer Angehörigen. Es kam
anders. Schon wieder.
Bereits Mitte September hatte die Bundesanwaltschaft im Prozess ihr
Plädoyer beendet – und hohe Strafen für die Angeklagten gefordert. Für
Beate Zschäpe lebenslange Haft mit Sicherungsverwahrung, für die vier
Mitbeschuldigten Haftstrafen bis zu zwölf Jahren. Der Angeklagte André E.,
der bisher hoffte, glimpflich davonzukommen, wurde wegen Fluchtgefahr noch
im Gerichtssaal festgenommen. Seitdem überzog sein Anwalt Michael Kaiser
die Richter mit Befangenheitsanträgen, teilweise schlossen sich andere
Verteidiger an.
Einen einzigen Prozesstag bekam das Gericht dadurch in den vergangenen
sechs Wochen zustande. Am Dienstagmorgen nun waren alle
Befangenheitsanträge abgeräumt. Aber Verteidiger Kaiser intervenierte
erneut. Erst wollte er nicht weiterverhandeln, bis er die
Ablehnungsschreiben der letzten Befangenheitsanträge persönlich gelesen
habe. Dann protestierte er, zusammen mit anderen Verteidigern, als Richter
Manfred Götzl ein Polizeiprotokoll zu einer Razzia gegen André E. verlesen
wollte.
Später beantragte er, das Verfahren bis zum nächsten Tag ganz zu
unterbrechen – weil André E. die Ablehnungsschriftsätze zu den
Befangenheitsanträge, insgesamt 20 Seiten lang, nicht mehr durchblicken
könne. Sein Mandant leide an Konzentrationsschwäche und brauche zur Lektüre
seine Zelle. Dort gebe es eine „etwas angenehmere Umgebung“ und frische
Luft.
Am späten Nachmittag schließlich gab Götzl nach und unterbrach den Prozess
bis Mittwoch. Ob die Nebenklage-Plädoyers dann starten? Sie könnten – wenn
die Verteidigerriege nicht erneut dazwischengeht. Gamze Kubasik, Tochter
des Dortmunder NSU-Opfers Mehmet Kubasik, die eigens angereist war,
kritisierte die Verteidiger. „Ich habe das Gefühl, dass sie das machen, um
uns Nebenkläger zu ärgern. Das ist enttäuschend.“
Der rechtsterroristische „Nationalsozialistische Untergrund“ hatte von 2000
bis 2007 zehn Morde verübt, dazu auch drei Sprengstoffanschläge und 15
Raubüberfälle.
24 Oct 2017
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
NSU-Prozess
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Rechtsextremismus
Lesestück Interview
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
Otto Schily
Lesestück Meinung und Analyse
Rechtsextremismus
NSU-Prozess
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