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# taz.de -- Debatte AfD im Bundestag: Dialog wird überschätzt
> Die AfD ist eine Wiedergängerin der NSDAP. Ihre Gegner müssen sich jetzt
> zusammentun, um sie gemeinsam zu bekämpfen – auch wenn das schwer wird.
Bild: Schluss mit Reden: AfD-Chef Jörg Meuthen (rechts) und der Vorsitzende de…
Am Tag nach der Katastrophe war es dann ein älterer Herr, der den
Parlamentarismus retten soll. Das Bild eines lächelnden Wolfgang Schäuble
als Bundestagspräsident auf den Titelseiten stand am vergangenen Mittwoch
symbolisch für die Hoffnung, dass es so schlimm schon nicht kommen werde.
Wie eine Art wiederauferstandener Paul von Hindenburg, als Sieger in
zahlreichen Schlachten gegen die nach deutschen Steuergeldern gierenden
Südeuropäer, würde Schäuble auch die Rüpel von der Alternative für
Deutschland im Zaum halten.
Man muss diese Assoziation mit dem greisen Pseudoverteidiger der Weimarer
Republik und der Machtübernahme der Nazis weder teilen noch
überstrapazieren. Man kann aber eine einfache Frage stellen: Macht es sich
die deutsche Öffentlichkeit nicht ein bisschen kindlich-bequem im Umgang
mit den Völkischen im Bundestag, wenn allein der verdienstvolle Demokrat
Schäuble uns aus dem braunen Sumpf ziehen soll?
Soll er allein es richten im Umgang mit einem wie Alexander Gauland, der
sich „unser Volk zurückholen“ will – was nichts anderes meint, als dass …
unsere Familien, unsere Freunde, Bekannten und Kollegen rassistisch
aussondert?
Die AfD ist keine demokratische Partei. Sie ist „eine zeitgemäß
modifizierte Wiedergängerin der NSDAP“ ([1][Micha Brumlik]), der aktuell
stärkste Ausdruck der seit der Wiedervereinigung 1989 raumgreifenden
rechtsradikalen Offensive. Die AfD lebt sehr gut mit Hitler-Reden
imitierenden Nazis wie Björn Höcke; und bei ihren Veranstaltungen stehen
hinter der ersten (oder manchmal auch erst der zweiten) Reihe die
faschistischen Totschläger.
Augenfälligste Manifestation des völkischen Charakters der AfD sind die
derzeitigen Abspaltungstendenzen innerhalb der Partei – was den
absurd-komischen Nebeneffekt hat, dass aktuell viele Linke und Liberale mit
der AfD reden wollen, während jene, die die Partei am besten, nämlich von
innen kennen, nichts mehr mit ihren Parteigenossen zu tun haben wollen.
An der AfD sind nicht ihre Diskurse interessant, sondern es ist ihre
autoritäre und rassistische Struktur. Man muss sich nicht überlegen, wie
man sie einbindet, sondern wie man sie nach spätestens vier Jahren wieder
aus dem Bundestag draußen hat. Das zu begreifen und in Aktion umzusetzen
fällt allen schwer, die durch demokratische Sozialisation auf Dialog
trainiert sind, auf Lesen, Zuhören und Verstehen.
Die völkischen Rechtsradikalen fordern den anhaltenden Innerlichkeitskult
der Deutschen, insbesondere ihrer Intellektuellen heraus. Intellektuelle
leben davon, sich öffentlich Gedanken zu machen und Dinge zu erörtern,
nicht zuletzt solche, die sich in einem Zentrum der Gesellschaft wie dem
Bundestag abspielen.
Wenn die AfD aber, mit den Worten der Journalistin und
Menschenrechtsaktivistin Anetta Kahane gesagt: besprechen will, was nicht
zu besprechen ist, und über das verhandeln will, was in der Demokratie
unverhandelbar ist – dann brauchen wir den vorsichtig dekonstruierenden,
zum sittsamen Dialog mahnenden Intellektuellen dieses eine Mal genau nicht.
Daraus ergeben sich keine Vorschriften für den Umgang mit den Völkischen.
Der allein seligmachende Weg, mit den täglichen Twitter-Delirien des
US-amerikanischen Präsidenten umzugehen, ist ja auch noch nicht gefunden.
Wer mit der AfD reden will, dem kann man das nicht verbieten. Angemessener
wäre es allerdings, wenn die Gegner der AfD sehr schnell miteinander ins
Gespräch kämen anstatt mit den Feinden der offenen, freien und
multikulturellen Gesellschaft, die wir alle erhalten und fortentwickeln
wollen – der Gesellschaft des Grundgesetzes.
28 Oct 2017
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[1] /Debatte-Bundestags-Einzug-der-AfD/!5447739
## AUTOREN
Ambros Waibel
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