# taz.de -- Kommentar AfD im Bundestag: Kühle Distanz | |
> Scharf in der Sache und ein bisschen mehr Selbstbewusstsein, bitte! | |
> Wolfgang Schäuble zeigt, wie der Umgang mit der AfD gelingen kann. | |
Bild: Hüter der parlamentarischen Demokratie: Wolfgang Schäuble und zwei Beis… | |
Wolfgang Schäuble [1][wird ein guter Bundestagspräsident sein]. Schon mit | |
seiner ersten Rede hat er bewiesen, dass er der richtige Mann in diesem Amt | |
ist. Schäuble, ein konservativer Intellektueller, ein erfahrener Demokrat | |
und pointierter Redner, gab in der konstituierenden Sitzung des Bundestages | |
kluge Hinweise, wie ein Umgang mit der AfD gelingen könnte. | |
Der erste lautet: Gelassenheit. Schäuble wies zu Recht darauf hin, dass | |
Erregung und Krisengefühle nicht neu sind – er nannte den | |
Nato-Doppelbeschluss oder den Mauerfall als Beispiele. Ja, es ist eine | |
Zäsur, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine | |
nationalkonservative, in Teilen rechtsextreme Partei im Bundestag sitzt. | |
Aber deshalb vor Aufregung zu hyperventilieren wäre verrückt. Ein bisschen | |
mehr Selbstbewusstsein, bitte. | |
Die parlamentarische Demokratie ist stark genug, um diese AfD auszuhalten. | |
Eine Herausforderung für die demokratischen Wettbewerber wird sein, nicht | |
über jedes ihrer Stöckchen zu springen. Der AfD-Fraktionsgeschäftsführer | |
ließ sich die Gelegenheit zu einer billigen Provokation nicht entgehen, | |
indem er seine Partei [2][in eine Reihe mit den Opfern des | |
Nationalsozialisten Hermann Göring stellte]. Solch unhistorische | |
Geschmacklosigkeiten wird die AfD noch öfter aufbieten, um Diskussionen zu | |
dominieren. | |
Soll man sich darüber aufregen? Ja, natürlich. Aber in einer Debatte hilft | |
auch kühle Distanz. Eine kurze Richtigstellung, dann zurück zum Thema. Das | |
Parlament muss nicht jeden Blödsinn der Scharfmacher besprechen. Die Arbeit | |
im Bundestag, dafür spricht viel, wird die AfD auch entlarven. Denn hier | |
zählen Inhalte und Sachkenntnisse, wer dumm provoziert, bekommt das Mikro | |
ausgestellt oder wird des Saales verwiesen. | |
Wie soll die Zukunft des Landes aussehen, bei der Rente, dem Klimaschutz, | |
der Bildung? Wie blank die Rechten oft sind, wird man ab sofort in | |
Ausschüssen und Plenardebatten beobachten können. Ebenso wird sichtbar | |
werden, dass sie oft gar nicht die Interessen der Menschen vertreten, deren | |
Anwälte sie sein wollen. Die sozialpolitische Expertise der AfD ist | |
überschaubar. | |
Niemand vertritt alleine das Volk, auch diesen Satz schrieb Schäuble den | |
Rechten ins Poesiealbum. So etwas wie ein Volkswille entstehe überhaupt | |
erst in und mit parlamentarischen Entscheidungen. Solche demokratischen | |
Selbstverständlichkeiten bergen für die Rechtspopulisten einiges | |
Frustpotenzial. Alle Fraktionen haben unterschiedliche Positionen und | |
ringen um Kompromisse, am Ende bestimmt die Mehrheit. Im Parlament bekommen | |
die Rechten ab jetzt ständig unter die Nase gerieben, dass sie eben nicht | |
für „das Volk“ sprechen – sondern für eine kleine Minderheit. Sie sitzen | |
alleine ganz rechts außen. | |
Scharf in der Sache, unerbittlich beim Verweis auf Regeln, aber keine | |
Geschäftsordnungstricks – das wäre ein angemessener Umgang im Parlament. | |
Schäuble hat für Fairness und Regeln beim Streit geworben. Michelle Obama | |
hat für solche Fälle den klugen Satz geprägt: „When they go low, we go | |
high.“ | |
24 Oct 2017 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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