# taz.de -- Umgang der USA mit dem Iran: Der „Dealbreaker“ im Weißen Haus | |
> Wie schon bei anderen Verträgen zeigt sich Donald Trump auch dem | |
> Iran-Abkommen gegenüber feindselig – und erntet Kritik von vielen Seiten. | |
Bild: Der US-Präsident ist im Iran nicht sonderlich beliebt | |
NEW YORK taz | Donald Trump hat versucht, seine engsten europäischen | |
Verbündeten zu spalten. Stattdessen hat er sie näher zueinander gebracht. | |
Minuten, nachdem er am Freitag in Washington angekündigt hat, dass er dem | |
Iran-Atomvertrag die in den USA alle 90 Tage fällige Bestätigung | |
verweigert, reagierten Angela Merkel, Emmanuel Macron und Theresa May mit | |
einer gemeinsamen Erklärung. „Wir sind besorgt angesichts der möglichen | |
Folgen“, schrieben die drei EuropäerInnen und forderten den US-Präsidenten | |
auf, an dem Vertrag festzuhalten. Ihrerseits fügt die Außenbeauftragte der | |
EU, Federica Mogherini hinzu: „Als internationale Gemeinschaft können wir | |
es nicht zulassen, dass ein Atomabkommen, das funktioniert, aufgekündigt | |
wird.“ | |
Bei seiner Rede war Trump so aggressiv gegenüber Teheran, wie zuletzt | |
George W. Bush im Jahr 2002. Trump beschrieb ein „Schurkenregime“, das | |
„fanatisch“, „radikal“ und „mörderisch“ sei und „den Terrorismus… | |
Um das zu belegen, griff er bis ins Jahr der Revolution in Teheran zurück, | |
um die iranischen Verbrechen aufzulisten: von Geiselnahmen, über Angriffe | |
auf US-Einrichtungen und über Unterstützungen von Hisbollah, Hamas, Al | |
Kaida und die Taliban bis hin zu Interkontinentalraketen heute. | |
Belege für irgendeine Verletzung des Iran-Vertrags nannte er keine. Die | |
internationale Atombehörde IAEO, die seit der Unterzeichnung des | |
Iran-Vertrag von jeder Inspektion im Iran das Ergebnis mitgebracht hat, das | |
Teheran sich an die Regeln des Vertrags halte, erwähnte er mit keinem Wort. | |
Hingegen erklärte er: „Wenn wir diesen Weg weiter gehen, wird er zu mehr | |
Gewalt, mehr Terror und der sehr realen Drohung eines iranischen nuklearen | |
Durchbruchs führen“. Trump lehnte die „Zertifizierung“ ab. Und beauftrag… | |
stattdessen den Kongress, in den nächsten 60 Tagen ein Gesetz zu | |
produzieren, das die „zahlreichen ernsthaften Mängel des Vertrags“ behebe. | |
Sollte eine solche Lösung nicht zustande kommen, „wird“, so Trump, „der | |
Vertrag beendet. Er steht unter ständiger Überprüfung und unsere | |
Beteiligung kann jederzeit durch mich, als Präsident beendet werden.“ | |
## Breits zwei Bestätigungen | |
In seiner Rede, die er mit zusammengekniffenen Lippen und in einem scharfen | |
Ton vom Teleprompter ablas, bezeichnete Trump den Vertrag „als eine der | |
schlechtesten und einseitigsten Transaktionen, an denen sich die USA je | |
beteiligt haben“. Schon im Wahlkampf hatte er angekündigt, dass er den | |
Iran-Vertrag aufkündigen wolle. Doch seit seinem Amtsantritt hat er ihn | |
zwei Mal „zertifiziert“. | |
Auch beim dritten Mal haben seine Mitarbeiter, darunter | |
Verteidigungsminister James Mattis und Außenminister Rex Tillerson | |
versucht, den Präsidenten umzustimmen, weil das dem nationalen | |
Sicherheitsinteresse der USA entspräche. Parallel zu ihnen haben die | |
US-Botschafter aus London, Paris und Berlin ein intensives Lobbying für den | |
Vertrag versucht. Ehemalige Mitarbeiter der Regierung von Barack Obama | |
haben hart gekämpft, um zu erklären, dass der Vertrag besser und sicherer | |
sei, als der Status Quo davor sei. Noch eine Stunde vor Trumps Rede | |
erklärte Wendy Sherman, die unter Obama im Verteidigungsministerium war: | |
„Wir verlieren unsere Augen und Ohren im Iran“. Und Obamas einstiger | |
Sprecher, Ben Rhodes, mahnte: „Nordkorea zeigt, was passiert, wenn wir | |
keine internationalen Inspektionen haben“. | |
Die Obama-Regierung betrachtete den Vertrag nicht als optimal. Aber sie sah | |
ihn als Möglichkeit, die nukleare Bewaffnung des Iran, der zuvor kurz vor | |
der Herstellung einer Bombe stand, zumindest auf Jahre hinaus zu verzögern. | |
Zusätzlich erkannte Obama in dem Vertrag die erste Möglichkeit, das seit | |
1979 kontinuierlich feindselige Verhältnis zum Iran zu verbessern. An einer | |
solchen Annäherung freilich haben weder Saudi Arabien noch die anderen | |
Verbündeten der UA in der Region ein Interesse. | |
## Beendigung internationaler Abkommen | |
Alle Beteiligten der Verhandlungen mit dem Iran weisen darauf hin, dass die | |
Aufkündigung des Atomvertrages gleichbedeutend mit einer Rückkehr zur | |
atomaren Aufrüstung wäre – und dass gleichzeitig die Kontrollmöglichkeiten | |
durch die IAEO wegfallen würde. Am Freitag antwortete der iranische | |
Präsident Hassan Rohani auf Trumps' Rede: „Das Abkommen ist solider, als | |
dieser Herr denkt. So lange die anderen Vertragspartner daran festhalten, | |
wird der Iran das auch tun“. | |
Der Iran-Vertrag ist das jüngste internationale Abkommen das Trump | |
attackiert. Zuvor ist er bereits aus dem Pariser Klimaabkommen ausgeschert, | |
hat Neuverhandlungen über den Freihandelsvertrag mit Mexiko und Kanada, | |
NAFTA, angekündigt und hat die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen | |
TPP beendet. Im Weißen Haus ist der Mann, der sich stolz als „Dealmaker“ | |
bezeichnet, zu einem „Dealbreaker“ geworden. | |
Wenige Stunde nach Trumps‘ Rede verteilte das Weiße Haus am | |
Freitagnachmittag eine Liste mit den Namen von republikansichen | |
Gratulanten. Als einziger ausländische Politiker auf der Liste, lobte | |
Benjamin Netanjahu Trump für seinen „Mut“. Doch es ist unwahrscheinlich, | |
dass die RepublikanerInnen Trump in 60 Tagen ein Gesetz nach seinem | |
Geschmack vorlegen. Sie sind auch in der Iran-Frage uneinig. Und es kommt | |
hinzu, dass sie mindestens acht demokratische SenatorInnen bräuchten, um | |
das Projekt anzunehmen. | |
„Trump macht Amerika unsicherer“, kommentierte der demokratische Sozialist | |
Bernie Sanders am Freitag. Und die demokratische Senatorin Elizabeth Warren | |
fügte hinzu: „dieser Vertrag ist gut für unsere nationale Sicherheit“. Do… | |
die schärfste Reaktion kam von Ex-Aussenminister John Kerry. Nachdem der | |
drei Jahre lang über das Abkommen verhandelt hatte, wirft er Trump ein | |
„leichtsinniges Verlassen der Fakten zugunsten von Ego und Ideologie“ vor. | |
Kerry hofft, „dass die sechs anderen Unterzeichner an diesem Abkommen | |
festhalten. Unabhängig davon welche falschen Anklagen und künstliche | |
Provokationen Donald Trump vorbringt“. | |
14 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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