# taz.de -- US-Diplomatie in Zeiten von Trump: Kein Geld fürs State Department | |
> Unter Präsident Trump und Minister Tillerson wurde das | |
> US-Außenministerium drastisch zurechtgestutzt. Trump hält nicht viel von | |
> Diplomatie. | |
Bild: Spekulant gegen Showbusinessman: Tillerson und Trump fechten einen Hahnen… | |
Washington taz | Ein Blick auf das Organigramm des Außenministeriums zeigt, | |
dass es zu einer leeren Hülse wird: Von 105 Führungspositionen sind nur 39 | |
ordnungsgemäß in fester Hand. 44 Stellen sind „vakant“, weitere 21 nur | |
interimistisch besetzt. Die Leerstellen reichen vom Vizeminister bis zu | |
Dutzenden Abteilungsleitern und quer durch alle Weltregionen und | |
Fachbereiche. | |
Das State Department entwickelt keine diplomatischen Strategien mehr für | |
eine Frauenpolitik, es kümmert sich nicht mehr um die Rechte von Muslimen, | |
Behinderten und LGBT-Communities. Es hat die Nichtverbreitung von | |
Atomwaffen, Cyber-Fragen und die Klimapolitik aufgegeben, es interessiert | |
sich nicht mehr für Antisemitismus und hat die Schließung des | |
Gefangenenlagers Guantanamo ad acta gelegt. | |
Die spürbarsten Lücken klaffen da, wo die gegenwärtigen Krisen am größten | |
sind: sowohl für Nordkorea, Birma und Bangladesch als auch für den Nahen | |
Osten inklusive der beiden Sudans und Somalia fehlt das Führungspersonal. | |
Die Aushungerung des Ministeriums begann mit dem Amtsantritt von Donald | |
Trump und Außenminister Rex Tillerson. Sie wollten den Ministeriumshaushalt | |
um 31 Prozent kürzen. Der Kongress schwächte das ab, doch wer geht, wird | |
nur in Ausnahmefällen ersetzt. In den letzten neun Monaten haben | |
reihenweise Beschäftigte aus den Chefetagen aufgegeben oder sind gefeuert | |
worden. Diplomaten, die unter Präsidenten beider Parteien gedient haben, | |
gelten unter Trump als verdächtig, weil sie für Obama gearbeitet, Clinton | |
unterstützt oder einen anderen republikanischen Kandidaten als Trump | |
favorisiert haben. | |
Exbotschafter William Burns versucht ExkollegInnen damit aufzumuntern, dass | |
keine Regierung ewig bleibe. Tom Countryman, der unter sechs Präsidenten im | |
Außenministerium gedient hat, bevor er unter Trump in den Ruhestand ging, | |
rät KollegInnen: „Dient dem amerikanischen Volk, so lange, bis es für euch | |
persönlich und moralisch nicht mehr erträglich ist.“ John Kiriakou, | |
Whistleblower aus der CIA, der einst auch mehrere Jahre am Irak-Desk des | |
State Departement gearbeitet hat, weiß: „Die Stimmung war nie schlechter.“ | |
Unterdessen wird die Macht aus dem State Department auf das Pentagon und | |
den Sicherheitsrat im Weißen Haus verlagert, wo ebenfalls Militärs das | |
Sagen haben. Ausländische PolitikerInnen, die zum State Departement kamen, | |
wenn sie US-Positionen eruieren wollen, wenden sich nun direkt an das Weiße | |
Haus. | |
## Spekulant vs. Dickkopf | |
Die Hahnenkämpfe zwischen Trump und Tillerson haben das Außenministerium | |
zusätzlich geschwächt. Der Präsident hat seinen Minister immer wieder | |
desavouiert. [1][Während Tillerson versuchte, Gespräche mit Pjöngjang | |
anzubahnen], drohte Trump die „völlige Zerstörung Nordkoreas“ an und | |
tweetete, Tillerson verschwende seine Zeit. | |
Als Tillerson dem Präsidenten riet, [2][das Atomabkommen mit dem Iran | |
erneut zu zertifizieren], beauftragte dieser Mitarbeiter im Weißen Haus, | |
ihm die nötigen Argumente gegen das Abkommen zu liefern, das er „eines der | |
schlechtesten, die wir je unterschrieben haben“ nennt. | |
Auch wegen der arabischen Halbinsel gerieten sie aneinander. [3][Während | |
Trump Saudi-Arabiens Blockade von Qatar unterstützte], suchte Tillerson die | |
Feindseligkeiten mit Gesprächen zu beenden. | |
Wie die meisten Mitglieder dieser Regierung gehören beide zu den | |
Spitzenverdienern der USA. Doch ihre Charaktere sind grundverschieden: Der | |
Spekulant und Showbusinessmann aus New York, der mit seinem Geld, seinen | |
Wolkenkratzern und Frauen prahlt, hat es mit einem texanischen Ingenieur | |
und Dickkopf zu tun, der mit Ölscheichs in aller Welt verhandelt hat und | |
seit Jahrzehnten mit derselben Frau verheiratet ist. | |
Insider sind sich uneinig, ob Tillerson aufgeben oder Trump diesen Gefallen | |
nicht tun wird. „Tillerson ist Texaner“, sagt einer: „Er wird bleiben, bis | |
Trump ihn feuert.“ Als ausgemacht gilt, dass auf den Pragmatiker ein/e | |
IdeologIn folgen wird. | |
Fürs Erste freilich erledigt Tillerson noch die Arbeit, für die er von | |
Trump geholt wurde. Ein Managementunternehmen hat Tillerson | |
Kosteneinsparungen vorgeschlagen. Jetzt strukturiert er das Ministerium wie | |
einen großen Konzern um. Trump teilt die Missachtung der Diplomatie mit | |
vielen RepublikanerInnen, die das State Department auf konsularische | |
Dienste zurechtstutzen wollen. | |
3 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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