| # taz.de -- Rechtsruck in der CDU: Generation nach Merkel | |
| > Jens Spahn, CDU, sonnt sich im Licht von Österreichs Wahlsieger Sebastian | |
| > Kurz. Er ist Angela Merkels derzeit heftigster innerparteilicher | |
| > Widersacher. | |
| Bild: Paul Ziemiak und Jens Spahn (rechts) drängen in der CDU nach vorn | |
| Show, don’t tell. So lautet eine alte Autorenweisheit. Zeigen statt | |
| erzählen – der CDU-Politiker Jens Spahn hat sich dieses Prinzip offenbar zu | |
| Herzen genommen. Statt nach der Österreich-Wahl groß rumzuschwurbeln, hat | |
| Spahn auf Twitter ein Selfie von sich und [1][ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian | |
| Kurz] veröffentlicht. | |
| Links lächelt Spahn selig aus braunen Augen in die Kamera. Rechts steht der | |
| Wahlgewinner und legt dem Deutschen wohlwollend die Hand an die | |
| Sakkoschulter. Spahns Text zum Foto: „Glückwunsch an den künftigen Kanzler | |
| der Republik Österreich @sebastiankurz!“ Die etwas weniger freundliche | |
| Botschaft könnte lauten: So, alle mal hersehen! So wie der Sebastian hier – | |
| genau so! – gewinnt mal Wahlen. Polarisierend und mit Schmackes. Schöne | |
| Grüße ins Adenauer-Haus! | |
| Hat er natürlich nicht so getwittert, der Jens Spahn. Musste er auch gar | |
| nicht. Jeder weiß, dass er der prominenteste Widersacher von Angela Merkel | |
| ist. Auch am Montag nach der Niedersachsen-Wahl sorgte er für entsprechende | |
| Bilder. Gemeinsam mit JU-Chef Paul Ziemiak tummelte er sich solange bestens | |
| gelaunt in der oberen Etage der Parteizentrale, bis die auf Merkel | |
| wartenden JournalistInnen die beiden bemerkt hatten. | |
| Als dann die Parteivorsitzende mit Landeschef Bernd Althusmann vor die | |
| Presse trat, lobte sie zwar den österreichischen Wahlsieger Sebastian Kurz | |
| für dessen „modernen Wahlkampf“ und die „energische Modernisierung“ der | |
| Partei. Der Wahlausgang sei aber kein Anzeichen dafür, „dass man die | |
| Probleme schon gelöst hat, wenn man es so macht wie in Österreich“. Sie | |
| finde die politische Zusammensetzung „jetzt nicht so, dass ich sie mir für | |
| Deutschland als nachahmenswert vorstelle“, sagte sie mit Blick auf die | |
| rechtspopulistische FPÖ. Im Vergleich zu deren Stärke sei die | |
| Herausforderung durch die AfD in Deutschland „überschaubar“. | |
| Auch dies darf man getrost als deutlichen Wink an Spahn und seine Leute | |
| verstehen. Als Absage an jene, die meinen, man müsse rhetorisch und formal | |
| nur ein bisschen auf den Pudding hauen, damit die WählerInnen ihr Kreuzchen | |
| wieder bei der Union machen. Mit ihr, so viel ist nach dieser mal wieder | |
| wenig ambitionierten Pressekonferenz im Adenauer-Haus klar, geht da nix. | |
| Mit Spahn schon. Der geht keiner Auseinandersetzung aus dem Weg. Eklats | |
| müssen ihm nützen. Etwa beim Bundesparteitag im letzten Jahr, als er gegen | |
| den erklärten Willen seiner Vorsitzenden gegen den Doppelpass gesprochen – | |
| und das entsprechende Abstimmungsergebnis herbeigeredet hatte. [2][Oder | |
| beim Deutschlandtag der Jungen Union kürzlich in Dresden]. Dort hat er | |
| Merkels Flüchtlingspolitik für den Stimmenverlust seiner Union bei der | |
| Bundestagswahl verantwortlich gemacht. | |
| „In den Sitzungen und Gremien, an denen ich teilgenommen habe“, wolle dies | |
| niemand so recht ansprechen, sagte er da. Angela Merkel, die tags darauf | |
| nach Dresden geeilt war, um den Aufstand des Parteinachwuchses abzublasen, | |
| wird sich gefragt haben: Was will der eigentlich noch, der Jens Spahn? | |
| Zugriff auf Macht will der. Und mit Verlaub, selbst Angela Merkel dürfte | |
| seit Langem klar sein, dass nach der Bundestagswahl der Wind gegen sie | |
| auffrischen würde. Und dass dieser Wind sehr wahrscheinlich aus der | |
| Spahn-Ecke kommen würde. Dort warten mit ihm schon Drahtzieher wie JU-Chef | |
| Paul Ziemiak und der Vorsitzende der Mittelstandsunion Carsten Linnemann. | |
| Den dreien fehlt eigentlich nur noch eine Frau, um auch für liberalere | |
| Parteimitglieder anschlussfähig zu werden. In der Union beinhaltet | |
| Anschlussfähigkeit stets ein Aufstiegsversprechen. | |
| ## Nachwuchsarbeit gehört nicht zu Merkels Stärken | |
| Der nach fünfzehn Jahren Bundestag [3][immer noch junge Abgeordnete Spahn] | |
| macht sich also frech daran, die Nachfolgedebatte in Partei und Kanzleramt | |
| nicht der mittelalten, sondern der jungen Generation zu zuzuschanzen. Das | |
| ist logisch und fällig, Nachwuchs muss ungeduldig sein. Es fällt aber auf, | |
| dass es zwischen der Parteivorsitzenden und ihren Widersachern keine | |
| Zwischengeneration gibt. Merkel mag eine Menge richtig gemacht haben in den | |
| zurückliegenden zwölf Jahren – ihre Nachwuchsarbeit gehört nicht dazu. | |
| Erschwerend kommt für die 63 Jahre alte CDU-Chefin ihr zweiter Mann im | |
| Geschirr hinzu. Horst Seehofer ist 68 Jahre alt und möchte von seiner CSU | |
| partout noch einmal zum Vorsitzenden gewählt werden. 2018 sind in Bayern | |
| Landtagswahlen. Das schlechte Bundestagswahlergebnis hat Seehofer | |
| innerparteilich geschwächt, am liebsten würde er deshalb den längst | |
| annoncierten Parteitag Mitte November verschieben. | |
| Aber laut Satzung muss noch in diesem Jahr gewählt werden, Seehofer wird | |
| sich stellen müssen. Verschieben ginge höchstens, wenn er seiner Partei | |
| noch vor Weihnachten einen Koalitionsvertrag präsentieren könnte. Am Montag | |
| hat Horst Seehofer deshalb den CSU-Vorstand gedrängt, die Debatte über | |
| seine politische Zukunft auf die Zeit nach den Jamaika-Gesprächen in Berlin | |
| zu vertagen. | |
| Die während der Sitzung einlaufenden Nachrichten aus Berlin waren sicher | |
| nicht dazu angetan, optimistisch zu sein. Auf die Frage nach der Dauer der | |
| an diesem Mittwoch startenden Sondierunggespräche antwortete Angela Merkel: | |
| „Ich rechne da mit mehreren Wochen.“ | |
| 16 Oct 2017 | |
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| Anja Maier | |
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