| # taz.de -- Übernahme von Air Berlin: Maschinen gerne, Menschen nicht | |
| > Am Donnerstag entscheidet sich, wer Teile von Air Berlin kauft. Flugzeuge | |
| > sind begehrt, Mitarbeiter*innen nicht – für sie gibt es eine Jobmesse. | |
| Bild: Stehen vermutlich bald im Regen: Mitarbeiter*innen von Air Berlin | |
| Die meisten Mitarbeiter*innen verlassen die Air-Berlin-Kantine am | |
| Dienstagmittag mit tief in ihren Schal oder Mantelkragen vergrabenem | |
| Gesicht. Es ist windig und kalt, und es regnet unbarmherzig herab auf das | |
| imposante Gebäude der insolventen Fluggesellschaft. | |
| Kurz bevor am Donnerstag die Verkaufsverhandlungen mit der | |
| Lufthansa-Tochter Eurowings und der britischen Billig-Airline Easyjet | |
| enden, hat das Unternehmen in seiner Zentrale, unweit des Flughafens Tegel, | |
| eine Jobmesse veranstaltet. Air Berlin will guten Willen zeigen, weiß es | |
| doch bereits, dass längst nicht alle Mitarbeiter*innen bei den potenziellen | |
| Käufern unterkommen werden. Wenn überhaupt, übernehmen Eurowings und | |
| Easyjet wohl nur Flugbegleiter*innen und Pilot*innen. Doch selbst dafür | |
| gebe es bislang „keine Signale“, sagt Martina Sönnichsen vom | |
| Verdi-Bundesvorstand. | |
| Insgesamt beschäftigt Air Berlin, das Mitte August seine Insolvenz | |
| verkündet hatte, mehr als 8.000 Mitarbeiter*innen. Mindestens 1.400 | |
| Betroffene in der Verwaltung und am Boden, schätzt der Betriebsrat, haben | |
| bislang keine Perspektive auf einen neuen Job. Ihnen werde | |
| voraussichtlich bis Ende Oktober gekündigt. Wer noch benötigt werde, um den | |
| Flugbetrieb aufrechtzuerhalten, bekomme die Kündigung zu Ende Februar 2018. | |
| Diesen Donnerstag enden die Gespräche über den Verkauf von Teilen der | |
| Fluggesellschaft, bis zum 28. Oktober muss die Airline dann ihren | |
| „eigenwirtschaftlichen“ Flugverkehr einstellen. „Wir wünschen uns | |
| natürlich, dass mit den Maschinen auch möglichst viele Menschen übernommen | |
| werden“, sagt Sönnichsen. Die Käufer hätten eine „soziale Verantwortung�… | |
| „Höchst problematisch“ findet sie, dass sich die Air Berliner*innen auf die | |
| Stellen bei ihren womöglich zukünftigen Arbeitgebern neu bewerben müssen. | |
| Die Bieterunternehmen würden dann vor allem junge und flexible | |
| Arbeitskräfte „herauspicken“, die sie zum Schnäppchenpreis einstellen | |
| könnten. | |
| ## „Eine Jobmesse wie jede andere auch“ | |
| Zur Jobmesse, die sich nun vor allem an Verwaltungsangestellte richtete, | |
| hatte Air Berlin unter anderem die Deutsche Bahn, den Chemiekonzern BASF | |
| und den Onlineversandhändler Zalando eingeladen; auch die Bundesagentur für | |
| Arbeit war dabei. Presse war bei der Veranstaltung indes nicht erwünscht, | |
| denn einige Nochmitarbeiter*innen hätten dort ja vielleicht „bereits | |
| erste kleine Bewerbungsgespräche“, so eine Unternehmenssprecherin. | |
| Derart euphorisch verlässt an dem verregneten Dienstag jedoch niemand die | |
| Konzernkantine. Einige Mitarbeiter*innen drücken sich zwar Mappen oder lose | |
| Zettel an die Brust, auf denen Firmenlogos oder handgeschriebene Notizen zu | |
| sehen sind. Doch: „Maßgeschneidert waren die Angebote da nicht“, sagt eine | |
| junge Frau, die wie alle anderen ungenannt bleiben möchte. „Das war eine | |
| Jobmesse wie jede andere auch.“ | |
| Genauso gut hätte man sich online über die verschiedenen Angebote der | |
| Unternehmen informieren können, klagt eine weitere junge Frau mit einem | |
| Stapel Papier im Arm. Eine dritte Besucherin bestätigt: „Das sind ja die | |
| Firmen, bei denen wir uns ohnehin schon beworben haben.“ | |
| ## Nette Idee, aber keine Hilfe | |
| Dennoch sei die Messe gut besucht, „voll ist es da“, erzählen manche. „A… | |
| eben auch nicht für jeden gedacht“, findet eine Frau, die noch mal zurück | |
| zu den Ständen hastet, weil sie ein paar Unterlagen liegen gelassen hat. | |
| Sie konkretisiert diesen Vorwurf nicht, doch sie reiht sich damit in die | |
| Aussagen derer ein, die glauben, die Jobmesse sei zwar eine ganz nette Idee | |
| von Air Berlin gewesen, aber eben keine Hilfe, die speziell auf ihre | |
| Situation zugeschnitten ist. | |
| Auch Martina Sönnichsen sagt: „Grundsätzlich begrüßen wir natürlich solc… | |
| Initiativen, doch viele waren sehr enttäuscht.“ Wie zum Beweis verlässt ein | |
| älterer Mann die Jobmesse nach kurzer Zeit wieder. „Alles Käse“, murmelt … | |
| und wickelt sich den Schal als Schutz gegen den rauen Wind enger um den | |
| Hals. | |
| 12 Oct 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Hanna Voß | |
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