| # taz.de -- Referendum in Katalonien: Mehrere hundert Verletzte | |
| > Die Polizei feuert mit Gummigeschossen auf Katalanen, die über die | |
| > Unabhängigkeit abstimmen wollen. Madrid spricht von angemessener Gewalt. | |
| Bild: Am Sonntag in Barcelona | |
| Barcelona dpa/taz | Katalonien hat sich dem Verbot der Justiz widersetzt | |
| und am Sonntag gegen den Willen der Zentralregierung ein Referendum über | |
| die Abspaltung der Region von Spanien abgehalten. Dabei sind bis zum frühen | |
| Nachmittag 337 Personen von der Polizei verletzt worden, teilte die | |
| katalanische Regierung in Barcelona mit. | |
| Schon bei der Öffnung der Wahllokale um 9 Uhr griffen die von der | |
| Zentralregierung entsandte paramilitärische Polizeieinheit Guardia Civil | |
| und die Nationalpolizei teilweise hart durch und versuchten, Wähler | |
| energisch am Zugang zu den Urnen zu hindern. Die Frage auf den Stimmzetteln | |
| lautete: „Wollen Sie, dass Katalonien zu einem unabhängigen Staat in Form | |
| einer Republik wird?“. | |
| Eine Lösung der Krise war indes nicht in Sicht. Der Ministerpräsident der | |
| katalanischen Regierung, Carlos Puigdemont, betonte, jeder der abstimmen | |
| wolle, könne das tun. Da die Gegner einer Abspaltung überwiegend nicht zur | |
| Wahl gingen, wurde eine Mehrheit für die Unabhängigkeit erwartet. Fraglich | |
| war, ob die Polizei eine Auszählung und Veröffentlichung der Ergebnisse | |
| verhindern würde. Je höher die Beteiligung, desto mehr Gewicht dürfte das | |
| Referendum haben. Die Zentralregierung in Madrid beharrte darauf, dass das | |
| Referendum illegal ist. Dies hatte die Justiz bestätigt. | |
| ## Gummigeschosse gegen Wähler | |
| Auf Fotos war zu sehen, dass die Polizei zum Teil auch Gummigeschosse | |
| einsetzte. Mehrere Menschen bluteten im Gesicht, darunter auch ältere | |
| Bürger ([1][hier geht es zum Liveticker der Zeitung El Periodico]). Die | |
| Guardia Civil ist seit der Unterdrückung der Region unter dem Franco-Regime | |
| in Katalonien äußerst unbeliebt. | |
| Der Chef der katalanischen Regionalregierung, Carles Puigdemont, erklärte, | |
| die Sicherheitskräfte hätten auch Gummigeschosse und Schlagstöcke | |
| eingesetzt und sprach von einem „ungerechtfertigten, irrationalen und | |
| unverantwortlichen“ Gewalteinsatz. Und sagte an die Adresse der Regierung | |
| des spanischen Regierungschefs Mariano Rajoy: „Es ist alles gesagt, die | |
| Schande wird sie auf ewig begleiten.“ | |
| Die katalanische Regionalpolizei Mossos d'Esquadra, die in der Region | |
| verwurzelt und angesehen ist, war vor dem Referendum Madrid unterstellt | |
| worden. Dem Befehl, Schulen und andere Wahllokale abzuriegeln, kam sie am | |
| Morgen dennoch nicht nach und blieb passiv. Mitarbeiter der | |
| Staatsanwaltschaft kündigten an, deshalb juristisch gegen die katalanische | |
| Polizei vorgehen zu wollen. Die Mossos hätten sich wie „eine politische | |
| Polizei“ verhalten. | |
| Die konservative Zentralregierung in Madrid hatte bis zuletzt versucht, die | |
| vom Verfassungsgericht untersagte Befragung zu unterbinden. Auch das | |
| spanische Verfassungsgericht hatte die Abstimmung untersagt. | |
| ## Lieder gegen Polizeigewalt | |
| „Wir sind gezwungen, das zu tun, was wir nicht tun wollten“, verteidigte | |
| der Vertreter der Zentralregierung in Katalonien, Enric Millo, den | |
| Polizeieinsatz. Über Barcelona kreisten Hubschrauber. Die Menschen | |
| reagierten friedlich auf die Aktionen der Polizei, hielten ihre Hände in | |
| die Höhe und stimmten Lieder an. Einige gingen mit Blumen in den Händen auf | |
| die Sicherheitskräfte zu. „Wir sind friedliche Leute!“, riefen die Bürger | |
| in Sprechchören. | |
| An vielen Orten war überhaupt keine Polizei zu sehen, und die Wähler | |
| standen in langen Schlangen vor den Urnen an. „Bei uns läuft alles rund, | |
| die Wahllokale sind offen und die Bürger wollen wählen“, sagte der | |
| Bürgermeister des Ortes Arenys de Munt nordöstlich von Barcelona der | |
| Deutschen Presse-Agentur. „Das ist Demokratie.“ | |
| Insgesamt seien 73 Prozent der insgesamt 3215 Wahllokale funktionstüchtig, | |
| erklärte der Sprecher der katalanischen Regionalregierung, Jordi Turull. | |
| Eine unabhängige Überprüfung dieser Angabe war zunächst nicht möglich. | |
| ## Rücktrittsforderungen gegen Rajoy | |
| Seit Wochen hatte Rajoy immer wieder versucht, die Befragung zu verhindern. | |
| Bei Dutzenden von Razzien wurden mindestens zwölf Millionen Wahlzettel | |
| sowie Millionen von Wahlplakaten und Broschüren beschlagnahmt. Viele | |
| Webseiten wurden gesperrt. Mehr als 4000 Angehörige der Guardia Civil und | |
| der Nationalpolizei wurden nach Katalonien entsandt. | |
| Gegen den Einsatz von Gewalt haben sich zahlreiche Politiker in Spanien | |
| ausgesprochen. Die Partei der katalanischen Sozialisten PSC forderten | |
| Ministerpräsident Rajoy zum Rücktritt auf. Nach Einschätzung der spanischen | |
| Vize-Regierungschefin Soraya Saenz de Santamaria hat die Polizei angemessen | |
| und professionell in Katalonien gehandelt. Es sei absolut unverantwortlich | |
| von der katalanischen Regionalregierung, die Abstimmung abzuhalten. | |
| Der Generalsekretär der Sozialistischen Partei PSOE,Pedro Sánchez, spricht | |
| von einem „traurigen Tag für die spanische Demokratie“ und rief alle Seiten | |
| zur Ruhe auf. Für die Gewalt machte er sowohl die katalanische als auch die | |
| Zentralregierung in Madrid verantwortlich. | |
| 1 Oct 2017 | |
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| [1] http://www.elperiodico.com/es/politica/20171001/referendum-cataluna-ultimas… | |
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