# taz.de -- Neue Krankenhaus-Studie: Mehr Arbeitsbelastung in der Pflege | |
> In den Krankenhäusern gibt es weniger Pflegepersonal als vor 25 Jahren. | |
> Und gleichzeitig über 30 Prozent mehr Behandlungen. | |
Bild: Eine Pflegekraft betreut heute rund 60 Patient_innen. 1991 waren es im Sc… | |
Das Neue | |
Die Arbeitsbelastung von Pflegekräften in den deutschen Krankenhäusern ist | |
seit Anfang der 1990er Jahre deutlich gestiegen. Dem Statistischen | |
Bundesamt zufolge arbeiteten im Jahr 2016 etwas mehr als 325.000 | |
PflegerInnen auf Krankenhausstationen – das sind 1.000 weniger als noch | |
1991. Die Zahl der KrankenhausärztInnen wuchs dagegen in den vergangenen 25 | |
Jahren um 66 Prozent auf 158.000 Personen. | |
Zeitgleich stieg aber die Zahl der Behandlungen von 14,6 Millionen auf 19,6 | |
Millionen um ein Drittel. Das bedeutet einen Anstieg der Arbeitsbelastung | |
um über 30 Prozent. | |
Der Kontext | |
Erklären lässt sich die wachsende Arbeitsbelastung mit dem Abbau von | |
Pflegestellen bei gleichzeitig steigenden Patientenzahlen. Betreute eine | |
Pflegekraft 1991 im Schnitt noch 45 PatientInnen, waren es im Jahr 2016 | |
bundesweit durchschnittlich 60 pro Pflegekraft. Diese Entwicklung steht in | |
gravierender Diskrepanz zum demografischen Wandel: Immer mehr PatientInnen | |
sind alt, chronisch krank und pflegebedürftig. Für sie gibt es zwar viele | |
Ärzte – aber nicht ausreichend Pflegepersonal, das sie betreut. | |
Die Reaktionen | |
„Die Kliniken und die Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben den | |
demografischen Wandel ignoriert“, kritisiert der Vorstand der Deutschen | |
Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. „Die Pflege fährt auf der letzten | |
Rille.“ Die Zahl der Pflegekräfte sei über Jahrzehnte systematisch abgebaut | |
worden, so Rysch weiter. | |
Diese Kritik ist der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD im | |
Bundestag, Hilde Mattheis, zu pauschal. „Wir haben in der Großen Koalition | |
massive Dinge unternommen, um diese gravierende Lage zu verbessern. Aber | |
mit den Schwarzen war das nicht möglich“, sagt sie. Die SPD werde aber | |
weiter für ein ordentliches Personalbemessungssystem kämpfen. „Im Moment | |
gibt es massive Fehlanreize im System, die wir korrigieren müssen. Für | |
Krankenhäuser muss sich nicht nur der Ärzteeinsatz, sondern auch die Pflege | |
rentieren“, sagt Mattheis. | |
Die Konsequenz | |
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert nun einen Aktionsplan | |
„Demografiekompetenz im Krankenhaus“ in der Koalitionsvereinbarung: „Die | |
neue Regierung muss umgehend eine deutschlandweit verbindliche | |
Personaluntergrenze für Pflegekräfte auf allen Stationen in Krankenhäusern | |
einführen“, sagt Stiftungsvorstand Eugen Brysch. | |
Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher: In vielen Ländern | |
gibt es laut einer komparatistischen Studie der Hans-Böckler-Stiftung über | |
staatliche Vorgaben zu einer Mindestbesetzung im Pflegedienst vom Februar | |
gesetzlich festgelegte Personalschlüssel. Diese könnten Überlastung der | |
Pflegekräfte und Qualitätsmängel in der Pflege lindern, so die Autoren der | |
Studie. Der Analyse zufolge wären die untersuchten Regelungen in großen | |
Teilen auf Deutschland übertragbar. | |
5 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Elisabeth Kimmerle | |
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