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# taz.de -- Klamme Klinikkassen: Millionen für die Krankenhäuser
> Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt verspricht den Kliniken
> Investitionsprogramme – doch die Finanzierung ist nicht gesichert.
Bild: In Niedersachsen selbst behandlungsbedürftig: Krankenhäuser
HANNOVER taz | Mit Millionenbeträgen will Niedersachsens rot-grüne
Landesregierung die klammen Krankenhäuser zwischen Küste und Harz
unterstützen. In den kommenden Jahren können die Kliniken mit einer
einmaligen Sonderhilfe in Höhe von 94 Millionen Euro rechnen, die je zur
Hälfte vom Bund und vom Land getragen wird. Außerdem wird in Hannover
darüber nachgedacht, die Investitionskosten etwa für Krankenhausbauten
durch Kredite in dreistelliger Millionenhöhe vorzufinanzieren.
„Wir wollen die Häuser zukunftsfest machen“, sagte Gesundheits- und
Sozialministerin Cornelia Rundt vor einem Treffen des sogenannten
Planungsausschusses. In dem Gremium verhandelt die Sozialdemokratin mit
Vertretern der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG), der
Krankenkassen und der kommunalen Spitzenverbände, also dem Städte- und
Gemeindebund sowie dem Landkreistag, über die künftige Struktur der
Kliniklandschaft.
## Chronisch unterfinanziert
Anlass dazu gibt es: Niedersachsens Krankenhäuser klagen schon seit Jahren
über chronische Unterfinanzierung. Mehr als die Hälfte der 185 Häuser im
Land schrieben aktuell rote Zahlen, zwei Drittel seien „mittelfristig in
ihrer Existenz bedroht“, so NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke zur taz.
Insgesamt liege der Investitionsstau bei der technischen Infrastruktur bei
rund 1,5 Milliarden Euro.
Niedersachsen drohe ein „Krankenhaussterben auf Raten“, sagt auch der
Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Hubert Meyer, der viele
Klinikträger vertritt. Aktuell seien die Häuser „zweifach unterfinanziert�…
Neben den mangelnden Investitionen reichten auch die Zahlungen der
Krankenkassen für den laufenden Betrieb nicht aus.
„Unsere Krankenhäuser bekommen deshalb für die gleiche Operation deutlich
weniger Geld“, kritisiert Meyer. Gerade in Konkurrenz mit Kliniken in
Hamburg oder Bremen sei das ein Wettbewerbsnachteil: Viele Patienten
informierten sich heute vorab im Internet über die Anbieter benötigter
Operationen und mieden „40 bis 50 Jahre alte Häuser“, sagt der
Kreisvertreter. Die Folge: Gerade diese Kliniken rutschen noch weiter in
die roten Zahlen. Umso schwieriger sei es für sie dann, „hochqualifizierte
Ärzte zu gewinnen“, sagt Meyer.
Auch das Gesundheitsministerium in Hannover leugnet die wirtschaftlichen
Probleme nicht. Klinikschließungen wie etwa in Dissen bei Osnabrück sollen
aber Einzelfälle bleiben: Schließlich liegt Niedersachsen bei der
Versorgung mit Krankenhausbetten im bundesweiten Vergleich auf dem
vorletzten Platz. Statistisch betrachtet stehen 100.000 Einwohnern 533
Betten zur Verfügung – nur in Baden-Württemberg sind es mit 528 noch
weniger.
„Andere Bundesländer wie Thüringen, Bremen oder Sachsen-Anhalt liegen noch
über 700“, sagt ein Sprecher der Gesundheitsministerin Rundt. Diese mache
sich deshalb auch für höhere Zahlungen der Krankenkassen zum laufenden
Klinikbetrieb stark – immerhin liegt der hochkomplizierte Berechnungssatz
pro Patient, der sogenannte Landesbasisfallwert, etwa in Rheinland-Pfalz
bei 3.325 Euro. „Eine niedersächsische Klinik erhält nur 3.190,81 Euro“,
sagt der Sprecher.
## „Hin-und-Her-Gehetze der Beschäftigten“
Außerdem will Rundt besonders das Pflegepersonal in den Kliniken entlasten.
Zwischen 1991 und 2013 wurden mehr als 2.000 Stellen eingespart – fast
sieben Prozent. „In den Krankenhäusern müssen mehr Pflegefachkräfte
eingesetzt werden, damit das Hin-und-Her-Gehetze der Beschäftigten ein Ende
hat“, polterte die Ministerin Ende Juni.
Die Krankenhausträger werden es gern hören; steht doch die wohnortnahe
Krankenhausversorgung der Niedersachsen zur Diskussion. Allerdings scheint
noch unklar, wie weit sich Gesundheitsministerin Rundt insbesondere mit
ihrem kreditfinanzierten Investitionsprogramm gegen ihren Parteifreund,
SPD-Landesfinanzminister Peter-Jürgen Schneider, durchsetzen kann: „Bislang
sind Rundts Plane dem Finanzministerium lediglich vorgestellt worden“, war
am Mittwoch aus dem Krankenhaus-Planungsausschuss zu hören. „Beschlossen
ist noch nichts. Ein endgültiges Okay steht noch aus.“
8 Jul 2015
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Gesundheitspolitik
Krankenhäuser
Krankenkassen
Volksentscheid
Gesundheitspolitik
Landtagswahl in Niedersachsen
Bremen
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