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# taz.de -- Alternative Nobelpreise bekanntgegeben: Gegen die Übel der Welt
> Korruption, Umweltsauereien von Chemiefirmen, Diskriminierung von
> Minderheiten: Dagegen kämpfen die diesjährigen Preisträger.
Bild: Robert Bilott bekommt den Ehrenpreis – die „NYT“ nannte ihn „ DuP…
Vier VorkämpferInnen für Gerechtigkeit und sozialen Wandel erhalten den
diesjährigen Right Livelihood Award, auch „Alternativer Nobelpreis“
genannt. Wie am Dienstag in Stockholm bekannt gegeben wurde, teilen sich
das Preisgeld von umgerechnet 315.000 Euro der indische
Menschenrechtsanwalt Colin Gonsalves, die investigative Journalistin
Khadija Ismayilova aus Aserbaidschan und die äthiopische
Behindertenaktivistin Yetnebersh Nigussie.
## Umweltschutz in den USA: Robert Bilott
Der Ehrenpreis geht an den US-Umweltrechtler Robert Bilott, der so die
Begründung der Jury, „eine über Jahrzehnte andauernde chemische
Umweltverschmutzung aufgedeckt, Entschädigung für die Opfer erreicht“ hat
und sich für eine „effektivere Regulierung gefährlicher Chemikalien
einsetzt“.
Als „Anwalt, der DuPonts schlimmster Alptraum wurde“ beschrieb die [1][New
York Times] Robert Bilott im vergangenen Jahr. In einem zwei Jahrzehnte
andauernden Rechtsstreit hatte der 52-jährige 70.000 AnwohnerInnen
vertreten, deren Trinkwasser durch eine Fabrik des Chemiekonzerns DuPont im
US-Bundesstaat West Virginia mit Perfluoroctansäure (PFOA) verseucht worden
war.
Zumindest 700 Tonnen dieser fluorierten synthetischen Säure, die u.a. für
die Herstellung von Teflon verwendet wird, waren jahrzehntelang über
Schornsteine, das Abwasser und Abfallhalden [2][in die Umwelt ausgetreten].
Um die gesundheitlichen Risiken von PFOA nachzuweisen, die in der Natur
über Jahrhunderte persistent ist und sich im menschlichen Körper
anreichert, ließ Bilott Untersuchungen bei Zehntausenden AnwohnerInnen
vornehmen. Das Resultat: Ein kräftig erhöhtes Erkrankungsrisiko an Nieren-
und Testikelkrebs, Darm- Schildrüsenerkrankungen und hohem Blutdruck.
Aufgrund dieser erdrückenden Beweise erklärte sich DuPont im Februar 2017
zur Zahlung eines Rekordschadensersatzes von 671 Millionen Dollar bereit.
Nun laufen weltweit Untersuchungen bei anderen Chemiestandorten und
ähnliche Verfahren könnten das Resultat sein.
## Minderheitenrechte in Indien: Colin Gonsalves
Rechtsanwalt ist auch Colin Gonsalves. Er arbeitet an Indiens Oberstem
Gerichtshof und ist außerdem Gründer des Menschenrechtsnetzwerks [3][HRLN].
In dem engagieren sich Anwälte seit drei Jahrzehnten für die Rechte
ethnischer und religiöser Minderheiten, SlumbewohnerInnen, Frauen und
Armen. Zu deren größten Erfolgen zählt das „Recht auf Nahrung“-Verfahren,
in dem der Gerichtshof die Einführung eines kostenfreien Mittagessens für
alle Schulkinder und die Subventionierung von Getreide für 400 Millionen
InderInnen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, rechtlich festschrieb.
Gonsalves habe die Aufhebung der Immunität der indischen Armee vor
Strafverfolgung erstritten, heißt es in der Preisbegründung weiter: In
deren Gefolge sei die „Zahl außergerichtlicher Hinrichtungen in Indiens
nordöstlichen Bundesstaaten signifikant zurückgegangen“.
## Gegen Korruption in Aserbeidschan: Khadija Ismayilova
Die aserbaidschanische Journalistin Khadija Ismayilova hat für ihren
investigativen Journalismus schon mehrere Preise erhalten. Darunter 2012
den Gerd Bucerius-Förderpreis und im vergangenen Jahr den von der Unesco
vergebenen Guillermo-Cano-Preis für Pressefreiheit. In der Begründung ihrer
Auszeichnung wird auf ihre 10-jährigen Bemühungen zur Aufdeckung „der
korrupten und lukrativen Geschäfte der herrschenden Elite Aserbaidschans“
hingewiesen, „in die auch Familienmitglieder von Präsident Aliyev
involviert sind“.
„Ihre Recherchen und Dokumentationen zeigen auf, wie der Reichtum der
Nation geplündert und ins Ausland geschleust wird“, schreibt die
schwedische Stiftung, es würden mit dem Geld beispielsweise europäische
Politiker beeinflusst, wie der in der vergangenen Woche [4][öffentlich
gewordene aktuelle Fall] der [5][CDU-Bundestagsabgeordneten Karin Strenz]
zeige: „Die Politikerin äußerte sich gegen hohe Zahlungen
aserbaidschanischer Lobbyfirmen positiv über das Regime, lobte im Gegensatz
zur OSZE-Beobachtermission die Wahlen 2010 und stimmte als einzige deutsche
Abgeordnete im Europarat gegen eine Resolution zur Freilassung politischer
Häftlinge in Aserbaidschan.“
Das sei „so erbärmlich“ kommentierte Ismayilova gegenüber dem
[6][Deutschlandfunk]: „Solche Leute ermöglichen es dem Regime, unsere
Freiheit zu unterdrücken und uns ins Gefängnis zu bringen.“
## Barrierefreiheit in Äthiopien: Yetnebersh Nigussie
Die Äthiopierin Yetnebersh Nigussie schließlich wird „für ihre
inspirierende Arbeit, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu stärken
und sich für deren Inklusion stark zu machen“, geehrt, heißt es in der
Preisbegründung. Wobei die 35-jährige Anwältin am eigenen Leib erlebt habe,
was Diskriminierung sei: „Aufgrund ihrer Herkunft, ihres Alters, ihres
Geschlechts und nicht zuletzt, weil sie seit dem sechsten Lebensjahr blind
ist.“
Die damit verbundenen gesellschaftlichen Barrieren habe sie überwinden
können: Als eine der drei ersten blinden Jurastudentinnen habe sie die
rechtswissenschaftliche Ausbildung an der Universität Addis Abeba
absolviert und das äthiopische [7][Behindertenzentrum ECCD] mitbegründet.
Derzeit arbeitet sie als Inklusionsbeauftragte für die NGO [8][„Light for
the world“], die sich zugunsten augenkranker, blinder und anders
behinderter Menschen in Ländern der Dritten Welt einsetzt. Weltweit haben
mehr als eine Milliarde Menschen oder rund 15 Prozent der Weltbevölkerung
eine Behinderung.
26 Sep 2017
## LINKS
[1] https://www.nytimes.com/2016/01/10/magazine/the-lawyer-who-became-duponts-w…
[2] http://highline.huffingtonpost.com/articles/en/welcome-to-beautiful-parkers…
[3] http://www.hrln.org/hrln/
[4] https://www.swr.de/report/kaviardiplomatie-cdu-bundestagsabgeordnete-profit…
[5] https://www.theguardian.com/world/2017/sep/19/laundromat-scandal-merkel-all…
[6] http://www.deutschlandfunk.de/ungeklaerte-zahlungen-die-baku-connection-der…
[7] http://www.ecdd-ethiopia.org
[8] https://www.light-for-the-world.org/
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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