# taz.de -- Prozess gegen Altermedia-Betreiber: Volksverhetzung als Zweck | |
> Die Betreiber der Naziwebseite Altermedia stehen als Mitglieder einer | |
> „kriminellen Vereinigung“ vor Gericht. Ihnen drohen bis zu fünf Jahre | |
> Haft. | |
Bild: Alter! | |
Stuttgart taz | | Sie wollten eine „Gegenöffentlichkeit“ für Nazi-Inhalte | |
schaffen und müssen sich jetzt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart | |
verantworten. Im Stammheimer Hochsicherheitsbau begann an diesem Donnerstag | |
der Prozess gegen vier mutmaßliche Betreiber des rechtsradikalen | |
Hetzportals Altermedia. | |
Die schon 2003 gegründete Webseite Altermedia war eine der wichtigsten | |
Plattformen für rechte Propaganda. Als der ursprünglicher Betreiber Axel | |
Möller wegen Volksverhetzung angeklagt und verurteilt wurde, übernahmen | |
2011 Jutta Valentin und Ralph Kästner unter Aliasnamen die Plattform, so | |
die Anklage. Der Server stand zunächst in den USA, später in Russland. Im | |
Januar 2016 verbot Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die „Vereinigung“ | |
Altermedia nach dem Vereinsgesetz. Gleichzeitig wurden Valentin und Kästner | |
verhaftet, nach zwei Monaten aber aus der U-Haft entlassen. | |
Die Bundesanwaltschaft hat Valentin und Kästner angeklagt, eine „kriminelle | |
Vereinigung“ gegründet und als „Rädelsführer“ geleitet zu haben. Ihnen | |
drohen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe. | |
Weitere Angeklagte sind die jeweils 64-jährigen Irmgard T. und Talmara | |
Sch.; sie sollen Mitglieder der kriminellen Vereinigung gewesen sein. | |
Abgetrennt wurde das Verfahren gegen Uwe P., der nicht erschien. Er wohnt | |
in Lloret de Mar (Spanien) und behauptet, er sei weder reise- noch | |
verhandlungsfähig. | |
Die 49-jährige Valentin, die in einem Callcenter arbeitet, und der | |
28-jährige arbeitslose Informatiker Kästner stellten laut Anklage die | |
technische Infrastruktur sicher und gaben die ideologischen Richtlinien | |
vor. Wer auf Altermedia posten wollte, musste sich zu einer „offenen | |
Grundhaltung gegenüber der nationalsozialistischen Weltanschauung“ | |
bekennen. | |
## Siebzig Beispiele für Volksverhetzung | |
Zweck der Vereinigung sei die „fortlaufende Veröffentlichung“ von | |
strafbarer Volksverhetzung gewesen. Dabei hätten die vier Angeklagten nur | |
„vereinzelt“ eigene Beiträge gepostet. Vorgeworfen wird ihnen vor allem, | |
dass sie als Moderatoren strafbare Inhalte von anderen Personen | |
freischalteten. | |
Die Verlesung der Anklage dauerte zweieinhalb Stunden. Dabei wurden rund | |
siebzig Beispiele für Volksverhetzung unterschiedlicher Art auszugsweise | |
verlesen. So wurde auf Altermedia der Holocaust als „größte Lüge der | |
Geschichte“ bezeichnet und Muslime als „Menschenmaterial, das man verwenden | |
kann, um den Boden aufzuwischen“. Gefordert wurde eine „durchdachte Nacht- | |
und Nebel-Aktion“, in der möglichst viele Ausländer „liquidiert“ werden | |
sollen. Dazu kommen laut Anklage noch rund 700 Posts, in denen verbotene | |
NS-Grußformeln wie „Heil Hitler“ benutzt wurden. | |
## Richter duldet T-Shirt | |
Zur Verhandlung war nur rund ein Dutzend Sympathisanten der Angeklagten | |
gekommen. Ein Polizist monierte das T-Shirt eines Besuchers mit der | |
Aufschrift: „Ich glaube eher an die Unschuld einer Hure als an die | |
Gerechtigkeit der deutschen Justiz“. Doch der Vorsitzende Richter Herbert | |
Anderer schritt nicht ein. „Das kann eine freiheitlich-demokratische Justiz | |
aushalten“, sagte er. | |
Der Prozess wird bis weit ins kommende Jahr dauern. Beim nächsten Termin am | |
28. September wollen drei der vier Angeklagten aussagen. | |
Ende August hatte Innenminister de Maizière auch das linksradikale Portal | |
Indymedia linksunten vereinsrechtlich verboten. Hier sieht die | |
Bundesanwaltschaft jedoch keine kriminelle Vereinigung – wohl weil für | |
linksunten die Begehung und Ermöglichung von Straftaten nicht der | |
Hauptzweck war. | |
14 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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