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# taz.de -- Wahlannullierung in Kenia: Die Opposition jubelt
> Das Urteil des Obersten Gerichts, die Präsidentenwahl neu anzusetzen,
> wird breit begrüßt. Präsident Kenyatta ruft das Land zum Frieden auf.
Bild: In Oppositionshochburgen bildeten sich nach dem Richterspruch spontane Ju…
Nairobi taz | „Wir werden politisch erwachsen. Unsere Justiz verdient eine
Medaille“, freut sich Kevin Mwachiro auf der Terrasse eines Kaffeehauses in
der Hauptstadt Nairobi.
Der kenianische Publizist braucht zwar eine Minute, um seine Worte zu
finden, nachdem er gehört hat, dass das Oberste Gericht gerade Kenias
Präsidentenwahlen vom 8. August annulliert und Neuwahlen innerhalb von 60
Tagen verordnet hat. Dann sagt er: „Vielleicht ist dieses Urteil der Anfang
für ehrliche Wahlen in Kenia. Es ist ein Sieg für Demokratie und ein Sieg
über die Wahlkorruption.“
Noch nie sind in Kenia oder überhaupt irgendwo in Afrika Wahlen von einem
Gericht infolge einer Klage des Verlierers annulliert worden. Dieser
Richterspruch ist historisch, und er kam unerwartet. Kurz nach der Meldung
packen die meisten Besucher im gut gefüllten Kaffeehaus ihre Sachen und
gehen.
„Ich fürchte Gewalt von den Anhängern von Präsident Kenyatta und gehe
lieber nach Hause. Man weiß nie“, sagt eine junge Frau.
Derweil tanzen Anhänger von Oppositionsführer Raila Odinga auf der Straße
vor dem Gerichtsgebäude. Die Polizei schaut zu. Als Oppositionsanhänger
protestierten, nachdem die Wahlkommission am 11. August den Sieg des
Amtsinhabers Uhuru Kenyatta verkündet hatte, waren die Polizisten noch mit
Schüssen gegen sie vorgegangen; landesweit waren mehrere Dutzend Menschen
gestorben.
Odingas Oppositionsbündnis NASA (Nationale Super-Allianz) hatte gegen das
Wahlergebnis geklagt. Präsident Kenyatta hatte nach Angaben der
Wahlkommission IEBC Odinga mit ungefähr 1,5 Millionen Stimmen Vorsprung
besiegt – rund zehn Prozent Unterschied.
Die Opposition war sich sicher, dass beim elektronischen Übertragen der
Einzelergebnisse in die zentralen Dateien geschummelt wurde. Der noch
ungeklärte Mord am IT-Spezialisten der IEBC, Chris Msando, kurz vor den
Wahlen, hatte großes Misstrauen verursacht. Auch fehlten viele papierene
Nachweise der elektronisch gesammelten Resultate.
Das Gericht gab nun der NASA-Klage mit vier gegen zwei Richterstimmen
statt; ein Richter war krank. Wo genau die IEBC Fehler gemacht hat, wird
erst klar sein, wenn die vollständige Urteilsbegründung veröffentlicht ist.
Der Vorsitzende Richter David Maraga verlas am Freitagmittag nur eine
Zusammenfassung.
Die Wahl stünde nicht im Einklang mit der Verfassung, sagte er, und sei
damit ungültig. Kenyatta selbst wird keine Manipulation vorgeworfen, aber
er ist nun erst mal nicht der gewählte Präsident.
„Das Urteil ist ein wunderbares Geschenk. Allah hat auf unsere Gebete
gehört“, meint Oppositionspolitikerin Farida Salim in der
Oppositionshochburg Kisumu – weltweit feierten Muslime am Freitag das
Opferfest. Die Politikerin hatte für ein lokales Amt kandidiert und
„ehrlich verloren“, wie sie sagt. Nun meint sie: „Wenn beim zweiten Mal
unser Kandidat Odinga verliert und es sind saubere Wahlen, dann kann ich
damit meinen Frieden machen.“
In Kisumu und anderen Oppositionshochburgen wie Mombasa wurde gefeiert.
Aber in Hochburgen der Regierungspartei Jubilee war die Stimmung bedrückt.
„Ich bin erstaunt“, sagt am Telefon Irene Wanjiku, eine Grundschullehrerin
in Nyeri nördlich von Mombasa. „Und ich glaube fest daran, dass Kenyatta
wieder gewinnen wird. Wenn das Gericht es für nötig hält, dass wir zweimal
Geld verschwenden, um Kenyatta als unseren Präsidenten zu bestätigen, finde
ich das prima.“
Präsident Kenyatta erklärte, er akzeptiere das Urteil. Er rief alle
Kenianer zum Frieden auf.
1 Sep 2017
## AUTOREN
Ilona Eveleens
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Uhuru Kenyatta
Raila Odinga
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