# taz.de -- Wahl in Kenia annulliert: Ein Augenblick der Hoffnung | |
> Das oberste Gericht erklärt die Präsidentschaftswahl für ungültig und | |
> setzt Neuwahlen an. Das ist ein historisches Ereignis für Kenia – und | |
> Afrika. | |
Bild: Sicherheitsvorkehrungen in Nairobi vor dem Obersten Gericht Kenias | |
Es ist eine historische Premiere für ganz Afrika. Kenias Oberstes Gericht | |
annullierte am Freitag die Präsidentschaftswahl vom 8. August und ordnete | |
Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen an. Die Wahl sei nicht verfassungsgemäß | |
verlaufen und Präsident Uhuru Kenyatta sei nicht der ordnungsgemäß gewählte | |
Präsident, erklärte der Vorsitzende Richter David Maraga. | |
Es gehört zum Ritual afrikanischer Wahlen, dass eine unterlegene Opposition | |
hinterher das Ergebnis nicht anerkennt und vor Gericht dagegen zieht – und | |
dass sie dann auch vor Gericht verliert. Dies führt regelmäßig dazu, das | |
Vertrauen weiter Bevölkerungsteile in ihre „demokratischen“ Institutionen | |
zu untergraben. Wenn selbst offensichtliche Wahlmanipulationen von Richtern | |
durchgewunken werden, wozu dann noch zur Wahl gehen? Auf diese Weise sind | |
Wahlen in Afrika immer öfter zu einer Formalie geworden, bei der sich der | |
Machthaber vom Volk bestätigen lässt, Opposition lediglich eine dekorative | |
Funktion ausübt und die einzige spannende Frage die nach der | |
Wahlbeteiligung ist. | |
Kenia hat jetzt diesem unheilvollen Trend einen Riegel vorgeschoben. Die | |
Unregelmäßigkeiten, die die Richter in Nairobi feststellten, waren im | |
Vergleich zu so manchen Dingen, die anderswo durchgehen, gering. Präsident | |
Kenyatta selbst werden keine Manipulationen vorgeworfen. Die | |
Unregelmäßigkeiten seien in der Wahlkommission vorgefallen, beim | |
Zusammenzählen der Ergebnisse der einzelnen Wahlbezirke und Wahlkreise. | |
Dies entspricht den Vorwürfen der Opposition. | |
Es kam in Kenia nicht einmal ansatzweise zu Ungeheuerlichkeiten | |
beispielsweise vom Ausmaß des Wahlbetrugs in Gabun vor einem Jahr. Im | |
August 2016 hatte Gabuns Präsident Ali Bongo seine Wiederwahl ganz knapp | |
mit 49,8 Prozent gewonnen, gegen 48,2 für Oppositionsführer Jean Ping – | |
nachdem die ganze Zeit während der Auszählung Ping klar vorne gelegen | |
hatte, zuletzt mit 59 gegen 37 Prozent, bis ganz am Schluss Bongos | |
Heimatprovinz eine Wahlbeteiligung von 99,93 Prozent mit 95,46 Prozent | |
Bongo-Stimmen meldete und die Wahl sich damit plötzlich drehte. Die | |
Fälschung war offensichtlich, es floss viel Blut auf den Straßen. | |
## Rechtsstaatlichkeit gerettet | |
Aber es änderte nichts daran, dass Gabuns Oberstes Gericht Bongos Wahlsieg | |
bestätigte und er seitdem weiter Präsident ist. Auch in Kenia ist die | |
Opposition bei vorherigen Wahlen mit dem Anschein nach besser begründeten | |
Klagen nicht durchgekommen. Dieses Jahr rechnete nicht einmal | |
Oppositionsführer Raila Odinga so richtig damit, vor Gericht Recht zu | |
bekommen. Die kenianischen Richter hätten auch die Unregelmäßigkeiten | |
bestätigen und das Wahlergebnis trotzdem anerkennen können, wie dies schon | |
in anderen Ländern vorgefallen ist, beispielsweise im Nachbarland Uganda. | |
Nun gibt es einen seltenen Augenblick der Hoffnung. Unabhängig davon, ob | |
Kenyatta die angesetzte Wahlwiederholung vielleicht doch noch für sich | |
entscheidet, diesmal aber korrekt: Rechtsstaatlichkeit ist in Kenia nicht | |
verloren. Für Demokraten auf dem gesamten Kontinent gibt es nun neue | |
Zuversicht. Nächstes Jahr treten in Afrika die beiden Langzeitherrscher | |
Paul Biya in Kamerun und Robert Mugabe in Simbabwe zur Wiederwahl, beides | |
erfahrene Veteranen des Wahlbetrugs und des Niederschlagens von Opposition. | |
Sie werden es jetzt nicht mehr ganz so leicht haben. | |
1 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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