# taz.de -- Nach der Wahl in Kenia: Kritikern geht es an den Kragen | |
> Die Proteste gegen den Sieg von Kenyatta sind niedergeschlagen. Kritische | |
> NGOs können froh sein, wenn sie nicht verboten werden. | |
Bild: Mitarbeiter des Roten Kreuzes bergen Opfer von Gewalt, Maathare, Nairobi,… | |
NAIROBI taz | Unklarheit und Willkür nehmen in Kenia zu, rund um den | |
umstrittenen Wahlsieg von Präsident Uhuru Kenyatta. Bürgerrechtsgruppen, | |
die eine Anfechtung der Wahlergebnisse beraten, werden vom Staat belästigt. | |
Nachdem sie mit Schließung bedroht wurden, machte Innenminister Fred | |
Matiang’i das wieder rückgängig – aber nur vorläufig, für 90 Tage. | |
Der „Kenianische Menschenrechtsrat“ (KHRC) und das gemeinnützige | |
„Afrikanische Zentrum für Transparente Regierungsführung“ (Africog) werden | |
beschuldigt, ihre Papiere und Steuern nicht in Ordnung zu halten. | |
Es ist aber wahrscheinlicher. dass sie für ihre kritische Haltung gegenüber | |
den Wahlen und dem Vorgehen der Polizei bei Straßenprotesten abgestraft | |
werden sollen. | |
Am Dienstag hatte es geheißen, man werde ihnen die Zulassung entziehen. | |
Kurz bevor Minister Matiang’i am Mittwoch die Schließung um 90 Tage | |
verschob, hatten Steuerbeamte das KHRC-Büro überfallen. | |
## „Angriff auf jede unabhängige Stimme“ | |
Den Beschluss, KHRC und Africog die Zulassung zu entziehen, traf Fazul | |
Mahamed, der Vorsitzende der staatlichen Behörde für | |
Nichtregierungsorganisationen. „Es ist ein Angriff auf jede unabhängige | |
Stimme“, meint Africog-Direktorin Gladwell Otieno. 2013 hatte Africog | |
zusammen mit der Opposition beim Gericht die Ergebnisse der letzten Wahlen | |
angefochten – damals hatte auch schon Kenyatta gegen Odinga gewonnen. | |
KHRC-Direktor George Kegoro sagt, dass Fazil Mahamed „offensichtlich | |
politische Unterstützung hatte, wenn ein solcher Amtsmissbrauch erlaubt | |
ist“. | |
KHRC ist die bekannteste der Gruppen, die glaubt, dass es Unstimmigkeiten | |
bei den Wahlergebnissen gibt. Voriges Jahr hat Fazal Mahamed schon einmal | |
versucht, KHRC zu schließen, aber ein Gericht hatte das für ungültig | |
erklärt. | |
Im November forderte der staatliche Ombudsman, Mahamed zu feuern, weil er | |
nicht die erforderlichen akademischen Qualifikationen für sein Amt besitzt. | |
Aber das ist nicht geschehen. | |
KHRC übte auch scharfe Kritik am Auftreten der Polizei gegenüber den | |
Demonstrationen der Opposition nach der Bekanntgabe des Wahlsiegs von | |
Präsident Kenyatta am Freitag. | |
Polizisten schossen auf Jugendliche, die Barrikaden bauten und mit Steinen | |
und Stöcken warfen. In verschiedenen Oppositionsbastionen kamen mehr als | |
zwanzig Menschen ums Leben. | |
## Ein Baby unter den Toten | |
Das jüngste Opfer war ein sechs Monate altes Baby. Das Mädchen, Samantha | |
Pendo, schlief in den Armen seiner Mutter, als die Polizei nachts in das | |
Haus der Familie in einem Slum der westkenianischen Oppositionshochburg | |
Kisumu eindrang. | |
„Wir hatten gewählt und waren zurück nach Hause gegangen, wie die Regierung | |
die Bevölkerung angewiesen hatte. Warum ist die Polizei uns in unser Haus | |
gefolgt?“, fragt sich der Vater, Joseph Abanja. | |
Er behauptet, dass die Polizei seine Tochter auf den Kopf geschlagen hat. | |
Sie war bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert worden und starb am | |
Dienstagnachmittag. | |
KHRC drängte schon am Wochenende auf Untersuchungen der Polizeieinsätze. | |
Viele Einwohner von Armenvierteln, die von der Polizei abgeriegelt wurden, | |
klagen, dass Polizisten in ihre Häuser eindrangen, Bewohner schlugen, mit | |
Vergewaltigung drohten und Geld forderten. | |
Die Polizei verneint das. Auch Innenminister Matiang’i erklärte, dass keine | |
Demonstranten umgekommen seien, nur „Kriminelle“. | |
Präsident Kenyatta und sein Vize William Ruto machen kein Geheimnis aus | |
ihrer Abneigung gegen Bürgerrechtler. Sie glauben, dass | |
Menschenrechtsorganisationen kenianische Zeugen präpariert haben, um beim | |
Internationalen Strafgerichtshof gegen sie auszusagen. Die Anklagen gegen | |
Kenyatta und Ruto wegen Anstiftung zur Gewalt nach den Wahlen 2007 waren | |
schließlich fallengelassen worden, nachdem Zeugen ihre Aussagen wieder | |
zurückgezogen hatten. | |
17 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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