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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Kenia: Anschuldigungen und Angst
> Auf die Nachricht, er habe die Wahl verloren, reagiert Oppositionsführer
> Raila Odinga mit dem Vorwurf, die Wahlkommission sei gehackt worden.
Bild: An der Front in Maathare in Kenias Hauptstadt Nairobi
Nairobi taz | Die Angst ist überall spürbar. Am Tag nach den Wahlen in
Kenia werden die Straßen in der Hauptstadt Nairobi immer leerer. Menschen,
die zur Arbeit gegangen sind, kehren wieder um – aber oft gibt es für sie
keinen öffentlichen Nahverkehr mehr. In den Armenvierteln Kibera und
Maathare bauen Gruppen junger Männer Barrikaden und liefern sich
Straßenschlachten mit der Polizei. Tränengaseinsätze gibt es auch in
Kisumu, Heimatstadt des Oppositionsführers Raila Odinga.
Entlang der Stadtautobahn quer durch Nairobis riesiges Armenviertel Kibera
sitzen Gruppen junger Männer auf den Leitplanken. Von da haben sie eine
gute Sicht auf Kibera. Dort wohnen vor allem Luo, das Volk von
Oppositionsführer Odinga. „Wir sind friedlich“, sagt George Ojwang, und
seine Kumpels grinsen. „Wir können aber nicht immer zulassen, dass die
Wahlen gestohlen werden. Wenn es sein muss, werden wir für Gerechtigkeit
kämpfen.“
Am Mittwochmorgen hatten die Kenianer beim Aufwachen erfahren, dass
Präsident Uhuru Kenyatta die Wahlen komfortabel gewonnen hatte, mit rund 54
Prozent der Stimmen nach Auszählung fast aller Wahllokale. Ein paar Stunden
später erklärte Oppositionsführer Raila Odinga, dem die Zahlen der
Wahlkommission rund 44 Prozent gaben, dass er diese Zahlen nicht anerkenne,
weil das Computersystem der Wahlkommission IEBC gehackt worden sei. Mit
dieser Mitteilung ergriff Panik die Menschen in der Hauptstadt.
Umgeben von anderen Oppositionsführern und einem Computerspezialisten
erklärte Odinga vor Journalisten, dass Hacker sich Zugang zum
Computersystem der IEBC verschafft hätten. Sie hätten dafür die Identität
des getöteten IT-Managers der Kommission, Chris Msando, benutzt, der zehn
Tage vor der Wahl grausam ermordet worden war.
„Es wurden Algorithmen hochgeladen, die die Resultate veränderten und die
Zahlen ignorierten, die aus den Wahlbüros im Land gesendet worden waren“,
behauptete ein böse dreinschauender Odinga. Seine Informationen habe er von
einem Informanten innerhalb der IEBC.
## Opposition veröffentlicht eigene Zahlen
Schon vor dieser Anschuldigung hatte der Oppositionsführer auf einen Mangel
an den Formularen 34A und 34B hingewiesen. Das sind die handgeschriebenen
Ergebnisprotokolle der Wahlbüros und der Wahlkreise, die Wahlleiter
einscannen und ins IEBC-Computersystem hochladen sollen. „Bis jetzt habe
ich aus den knapp 41.000 Wahllokalen nur eines gesehen“, sagte Odinga.
Die Wahlkommission reagierte auf einer Pressekonferenz defensiv. „Ich
kann nicht sagen, ob das System gehackt wurde“, erklärte IEBC-Chef Waguma
Chebukati. „Wir werden eine Methodologie finden, um den Vorwurf zu
überprüfen.“ Er sagte, die Ergebnisprotokolle 34A und 34B seien sehr wohl
vorhanden. Man werde sie sowohl hochladen als auch Vertretern der Parteien
zum Abgleich mit den veröffentlichten Zahlen zugänglich machen. Die bisher
veröffentlichten Zahlen seien nicht endgültig.
Odingas Oppositionskoalition NASA (Nationale Super-Allianz) erklärte Odinga
zum Wahlsieger und veröffentlichte eigene Zahlen. Odinga und sein
Stellvertreter Kalonzo Musyoka riefen zwar zur Ruhe auf. Aber Odinga fügte
hinzu, er könne „die Bevölkerung nicht kontrollieren“. Musyoka warnte, da…
die Opposition „möglicherweise später zu unspezifizierten Aktionen
aufrufen könnte.“
Darauf warteten manche Jugendlichen am Nachmittag aber nicht. „Kein Raila,
kein Frieden“, skandierten sie. Das war auch der Slogan vor zehn Jahren,
als nach den Wahlen massive Gewalt ausbrach. Am Rande von Kibera packt
Marktfrau Pnina Ngoizi ihre Sachen. „Ich gehe lieber nach Hause“, sagt sie.
„Ich verdiene heute doch nichts, und die Jungen, die hier herumhängen,
machen mich nervös.“
9 Aug 2017
## AUTOREN
Ilona Eveleens
## TAGS
Kenia
Uhuru Kenyatta
Raila Odinga
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