# taz.de -- Wahlergebnisse in Kenia: Schillernde Figuren profitieren | |
> Die Wahlergebnisse aus Kenia sind raus. Auf Distriktebene zeigt sich, | |
> dass die Menschen nicht nur entlang ethnischer Loyalitäten wählten. | |
Bild: Geduldsprobe Stimmabgabe in Nairobi | |
Nairobi taz | „Ich brauchte Wochen, um meinen Urnengang vorzubereiten. Wir | |
mussten ja sechs Wahlzettel ausfüllen und ich kannte manche Kandidaten | |
überhaupt nicht“, erzählt John Wambua, Arbeiter in einem kleinen | |
Holzgeschäft außerhalb der Hauptstadt Nairobi. Die Wahlen am Dienstag in | |
Kenia waren nicht nur für den Präsidenten. Sondern auch für zwei | |
Parlamentskammern, gesonderte Parlamentssitze für Frauen sowie 47 | |
Distriktgouverneure und -parlamente. Während das Land am Donnerstag auf die | |
Überprüfung der Präsidentschaftswahlergebnisse wartete, ergaben sich dabei | |
nun einige Überraschungen. | |
Die weitgehende Dezentralisierung der politischen Macht in Kenia – verteilt | |
auf 47 Distrikte – ist festgelegt in der neuen Verfassung aus dem Jahr | |
2010. Die Distriktregierungen wurden zum ersten Mal 2013 gewählt. Jetzt | |
scheinen viele der damaligen Sieger verloren zu haben. | |
„Ich habe den Jubilee-Kandidaten für den Gouverneursposten gewählt“, | |
erzählt Wambua – Jubilee ist die Regierungsallianz von Präsident Uhuru | |
Kenyatta. Den oppositionellen Amtsinhaber seines Distrikts Ongata Rombai | |
wollte er nicht mehr, „weil der keines von seinen Versprechen gehalten hat. | |
Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie er ein kolossales Haus für sich | |
selber baute in den letzten Jahren. Mit welchem Geld?“ | |
Auch in Nairobi selbst spielte Geld wahrscheinlich eine Rolle. | |
Jubilee-Kandidat Mike Sonko, sehr populär unter dem armen Teil der | |
Bevölkerung, hat voraussichtlich den scheidenden Gouverneur der Opposition | |
geschlagen. Sonko, der oft aus eigener Tasche Krankenhausrechnungen oder | |
Schulgeld für die Allerärmsten in der Stadt zahlt, wird mit Drogenhandel in | |
Verbindung gebracht. Er verneint es – aber keiner weiß, woher er seinen | |
riesigen Reichtum hat. | |
## Ein zweite Karriere | |
Im Distrikt Kirinyaga in Zentralkenia ist eine weitere umstrittene | |
Politikerin auf der Jubilee-Liste zur Gouverneurin gewählt worden: Anne | |
Waiguru, bis vor Kurzem Ministerin für Dezentralisierung. Sie wurde in den | |
Rücktritt gezwungen, nachdem beim Nationalen Jugenddienst, ein | |
Zivildienstprogramm unter ihrem Ministerium, 14 Millionen Euro | |
verschwanden. Sie wird als verantwortlich gesehen, aber ist nie offiziell | |
angeklagt worden. Nun hat sie eine zweite Karriere. | |
In Kenia wird oft die ethnische Herkunft von Kandidaten für | |
wahlentscheidend gehalten – aber Waiguru gehört zum selben Kikuyu-Volk wie | |
ihre Gegnerin Martha Karua, eine sehr erfahrene Politikerin. Die Ethnie hat | |
also keine Rolle gespielt. | |
Am wichtigsten in der Dezentralisierung sind die Distriktparlamente. | |
„Distriktparlamentarier sind Schullehrer, örtliche Geschäftsleute oder | |
Beamte, vielleicht die Nachbarn“, meint Mutakha Kangu, ein | |
Dezentralisierungsspezialist. „Sie sind erreichbar, einfach anzusprechen | |
und einflussreich.“ | |
Aktiv zu sein, reicht aber nicht. Millie Nyong’o, die ins Distriktparlament | |
in Kisumu wollte, hat verloren, obwohl sie seit Jahren viel für die | |
Jüngeren getan hat. Ihr Fehler: Sie trat nicht für die Opposition an, die | |
in Kisumu, der Hochburg des Luo-Volkes, dominiert. „Ich kandidierte nicht | |
für die Partei, der sich die Bevölkerung verbunden fühlt“, muss sie | |
anerkennen. | |
Und im umstrittenen Dorf Owiro im Distrikt Nandi, wo Luo leben, die Angst | |
vor einer Vertreibung durch Angehörige der Nandi-Volksgruppe haben, hat man | |
sich erst gar nicht die Mühe gemacht, zu wählen. „Wozu Nandi-Politiker | |
wählen, die nichts für uns tun“, meint der Bauer Justus Odwarte am Telefon. | |
„Wir sind nur 3.000 Menschen. Zu wenige, um einen Unterschied zu machen.“ | |
10 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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