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# taz.de -- Kommentar Wahl in Venezuela: Keine Spur vom Frieden
> Der Chavismus hat sich immer die Zustimmung der Bevölkerung eingeholt.
> Bei der Wahl am Sonntag fehlte sie. Das Votum spaltet das Land.
Bild: Auf der Straße statt im Wahllokal: Demonstranten am Sonntag in Caracas
Die Wahl der Verfassunggebenden Versammlung (VV) in Venezuela markiert
einen tiefen Einschnitt in dem bis dahin noch einigermaßen demokratisch
verfassten Staat. Einmal konstituiert, wird die VV aller Voraussicht nach
die Auflösung der Nationalversammlung beschließen. Und zwar politisch und
räumlich, denn sie wird ihren Sitz im Parlamentsgebäude haben. Als weiteres
wird sie die unbequem gewordene Generalstaatsanwältin Luisa Ortega absetzen
und das ihr unterstellte autonome Ministerio Público übernehmen.
Der mit der VV versprochene Friede blieb bisher aus. Allein am Wahlsonntag
[1][kamen mindestens 15 Menschen bei Protesten ums Leben]. Schon jetzt
erkennt die rechtspolitisch dominierte Nationalversammlung die chavistische
VV nicht an und wird weiter tagen. Innenpolitisch wird sich die
Polarisierung durch die Bildung solcher paralleler Institutionen weiter
verschärfen. Denn auch die Generalstaatsanwältin wird ihre Absetzung nicht
hinnehmen. Zwischen den Polen ringt der größte Teil der Bevölkerung weiter
ums tägliche Überleben: Mit der Wahl vom Sonntag ist kein einziges der
wirtschaftlichen Probleme gelöst, geschweige denn die Versorgungsnot bei
Nahrungsmitteln und Medikamenten gelindert.
Außenpolitisch gerät Venezuela weiter in die Isolation. Die Regierung im
Nachbarland Kolumbien machte mit der Bekanntgabe ihrer Nichtanerkennung der
VV vergangenen Freitag lediglich den Anfang. Bisher folgten sieben Staaten
aus der Region, darunter Argentinien, Brasilien und Mexiko. Erklärungen aus
der Europäischen Union deuten in dieselbe Richtung und US-Vizepräsident
Mike Pence hatte unmittelbar vor der Wahl die Verhängung von
Wirtschaftssanktion von Seiten der Vereinigten Staaten bekräftigt.
Der Chavismus hat sich in den vergangenen 18 Jahren immer die Zustimmung
der Bevölkerung eingeholt. So war es auch 1999, beim Referendum über die
gegenwärtige Verfassung und auch 2004, beim gescheiterten Abwahlverfahren
gegen den damaligen Präsidenten Hugo Chávez. Die Wahl am vergangenen
Sonntag fand ohne die breite Unterstützung der Bevölkerung statt. Darüber
kann die vom Obersten Wahlrat angegebene Beteiligung von 41,5 Prozent der
rund 19,4 Millionen Stimmberechtigten nicht hinwegtäuschen.
Die rechte Opposition blieb der Abstimmung kategorisch fern und die
Regierung weigerte sich, internationale WahlbeobachterInnen zuzulassen. Wer
nicht in seinem, vom Wahlregister vorgeschriebenem Wahllokal sein Votum
abgeben konnte, konnte dies in irgendeinem anderen tun. Der Clou: Als
Präsident Nicolás Maduro mit seinem vaterländischen Personalausweis sein
Votum abgeben wollte, wies ihn das System als nicht existent ab.
31 Jul 2017
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## AUTOREN
Jürgen Vogt
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Venezuela
Nicolás Maduro
Verfassung
Wahl
Gewalt
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