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# taz.de -- Lateinamerika-Experte über Venezuela: „Radikale Kräfte werden s…
> Wohin steuert Venezuela? Nach der Gleichschaltung der Gewalten könnte das
> Land in Gewalt versinken, sagt Günther Maihold.
Bild: Dunkelziffer: Unklar ist, wie viele Venezolaner hinter Präsident Maduro …
taz: Die Verfassunggebende Versammlung spaltet Venezuela. Die Opposition
sagt: Sie soll das Parlament auflösen. Präsident Maduro sieht in ihr die
einzige Möglichkeit für Frieden. Wie sehen Sie das, Herr Maihold?
Günther Maihold: Zunächst ist das Wahlverfahren für die Verfassunggebende
Versammlung sonderbar. Nicht nur, weil es neben territorialen Kandidaten
auch Stimmen für „sektorale“ Vertreter gab. Die Listen wurden natürlich
durch Leute Maduros besetzt. Die Opposition hatte natürlich kein Interesse
daran, ein Verfahren zu legitimieren, das eine deutliche Mehrheit für
Regierungsanhänger bedeutet.
Ist Venezuela auf dem Weg in die Diktatur?
Ich würde noch nicht von Diktatur sprechen, sondern von Gleichschaltung.
Exekutive und Judikative waren bisher schon weitgehend auf Regierungslinie,
nun wird auch nun die Legislative auf Linie gebracht. Das nimmt der
Opposition jegliche institutionelle Ausdrucksform. Deshalb lagert sie die
politische Auseinandersetzung auf die Straße aus.
Seit April demonstrieren VenezolanerInnen gegen die Regierung. Wie viele
von ihnen unterstützen die Opposition?
Wenn wir das wüssten! Es gibt Umfragen, die sagen: 80 Prozent der
Bevölkerung sind gegen die Verfassunggebende Versammlung; 77 Prozent
wünschen die Ablösung von Maduro. Das entspricht aber nicht
notwendigerweise den Tatsachen. Ein nicht unerheblicher Teil der
Bevölkerung arbeitet im Staatsapparat, den Parteiorganisationen oder den
Sozialprogrammen und wird bevorzugt mit Lebensmitteln und Medikamenten
versorgt. Es ist schwierig zu sagen, wer die Regierung wirklich
unterstützt.
Ähnlich schwer zu beurteilen: Wer ist für die Versorgungskrise
verantwortlich? Regierung und Opposition geben sich gegenseitig die Schuld
…
Der Hauptfaktor ist sicher die desaströse Einnahmesituation des Landes, für
die die abnehmende Ölförderung und der niedrige Ölpreis verantwortlich
sind. Hinzu kommt, dass der aufgeblasene Staatsapparat sehr viel der
Finanzen auffrisst und Maduro klientelistische Strukturen geschaffen hat.
So hat er die Lebensmittelindustrie dem Militär unterstellt und lässt
seinen Anhängern über lokale Komitees Lebensmittelpakete zukommen. Das
schafft natürlich Bindung an das System.
Die USA haben Sanktionen angekündigt. Mehrere lateinamerikanische Staaten
erkennen die Wahl nicht an. Ist Isolation der richtige Schritt?
Natürlich nicht. Es ist sogar Teil des Narrativs der Regierung: Ein Putsch
von außen könne nur durch eine einheitliche Front zur Verteidigung des
Vaterlandes verhindert werden. Klar ist aber: Wir brauchen externe Akteure,
die verhindern, dass die Gewalteskalation in Venezuela weiter
voranschreitet. Die internen Akteure spielen alle nur auf Sieg. Da brauchen
wir Kuba, die USA und die südamerikanischen Staaten.
Auf die Kritik der Nachbarn im April hat Venezuela den Austritt aus dem
amerikanischen Staatenbündnis OAS verkündet. Wie wahrscheinlich ist eine
Vermittlung?
Gegenwärtig sind alle Versuche gescheitert, zuletzt die des Vatikan. Kein
Player ist von allen Akteuren anerkannt. Das darf aber nicht heißen, dass
das Land international isoliert werden darf. Zentral ist, dass die
humanitäre Krise im Land nicht vertieft wird.
Falls das nicht gelingt: Läuft es auf einen Bürgerkrieg hinaus?
Wir sehen, dass in der Opposition die radikalen Kräfte sichtbarer werden.
Das hat der Einsatz von Sprengstoff am Wochenende gezeigt. Das Maß an
Polarisierung und Waffen im Umlauf könnte einen noch weit höheren Blutzoll
fordern.
31 Jul 2017
## AUTOREN
Ralf Pauli
## TAGS
Venezuela
Nicolás Maduro
Diktatur
USA
Ölpreis
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