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# taz.de -- Ermittlungsverfahren in Venezuela: Verdacht auf Wahlbetrug
> Am Sonntag wurde die Verfassungsgebende Versammlung gewählt.
> Manipulationsvorwürfe bei der Wahl bringen Staatschef Maduro in akute
> Erklärungsnot.
Bild: Venezuelas Präsident Maduro gerät in Erklärungsnot
Caracas dpa | In der tiefen Staatskrise in Venezuela hat der sozialistische
Staatschef Nicolás Maduro versucht, Betrugsvorwürfe zu entkräften. Über
zwei Millionen hätten nicht wählen können, wegen der Blockaden und Proteste
der Opposition, sagte Maduro in Caracas.
Die Chefin der nationalen Wahlbehörde, Tibisay Lucena, nannte die Vorwürfe
der für die Wahlcomputer zuständigen Firma Smartmatic „unverantwortlich“.
Die Firma hatte mitgeteilt, dass eigene Serverdaten zeigten, dass die Wahl
zur Verfassungsgebenden Versammlung (VV) massiv manipuliert worden sei – es
hätten bei weitem nicht die offiziell verkündeten 8,1 Millionen Menschen
abgestimmt.
Die Wahlbeteiligung ist entscheidend, weil sie Auskunft gibt über den
Rückhalt für die Pläne Maduros. Befürchtet wird die Umwandlung in eine
Diktatur. Wahlberechtigt waren 19,4 Millionen Menschen.
Wegen der Vorwürfe leitete Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz
Ermittlungen gegen die eigene Regierung und die Wahlbehörde ein. „Zwei
Staatsanwälte ermitteln in diesem Betrugsfall bei der Wahl der VV, nach
einer Anzeige von Smartmatic“, teilte sie in Caracas mit. Ortega stand
lange fest an der Seite der Sozialisten, hat aber mit Maduro gebrochen.
Ortega soll schnellstmöglich des Amtes enthoben werden, zuletzt wurde sogar
ihr Pass eingezogen. Sie ist eines der Gesichter der Proteste in Venezuela
– sie kritisiert Maduros Pläne für eine VV scharf, deren 545 Mitglieder
wurden Sonntag gewählt.
## Friedlichen Verteidigung des Parlaments geplant
Die Vorwürfe brachten aber die Planungen der Sozialisten offenkundig
durcheinander. Maduro verschob die ursprünglich für Donnerstag geplante
Auftaktsitzung der neuen VV auf Freitag. Die Sitzung solle „in Frieden“
verlaufen, begründete Maduro den neuen Termin. Die Opposition hatte bereits
zu Massenprotesten gegen das neue Gremium aufgerufen. Die 545 Mitglieder
sollen die aus dem Jahr 1999 stammende Verfassung reformieren und werden in
der Nationalversammlung tagen. Dort hat das Parlament aber seinen Sitz, in
dem das aus 20 Parteien bestehende Oppositionsbündnis „Mesa de la Unidad
Democrática“ über eine klare Mehrheit verfügt.
Als Kandidatin für den Vorsitz gilt die Ehefrau des sozialistischen
Staatschefs Maduro, Cilia Flores. Die Opposition hatte die Wahl der
Mitglieder am Sonntag boykottiert. Es standen praktisch nur Vertreter des
Regierungslagers zur Wahl. Unklar ist, was mit den bisherigen Abgeordneten
passieren soll. Die Opposition rief zu Massenprotesten und zur friedlichen
Verteidigung des Parlaments auf.
Die VV wird eine Art Parallel-Parlament, das jetzige Parlament wäre
entmachtet. Ohnehin wird erwartet, dass das Land mit den größten Ölreserven
der Welt im Zuge der Reform hin zu einer Diktatur ohne Gewaltenteilung
umgebaut werden könnte.
Vermutet wird, dass die Versammlung als „Parlament des Volkes“ die in einer
regulären Wahl bestimmten Volksvertreter ersetzen könnte. Maduro will auch
härtere Strafen, die Justiz könnte noch stärker kontrolliert werden. Zudem
soll die Immunität der bisherigen Abgeordneten aufgehoben werden: damit
könnten Oppositionspolitikern, die Proteste gegen Maduro organisieren,
lange Haftstrafen drohen.
## EU und USA fordern Freilassung Oppositioneller
Die EU und die USA erkennen die Versammlung nicht an. Die Arbeit an der
neuen Verfassung kann bis zu ein Jahr dauern. Schon in der Zeit hätte
Maduro freie Hand. Seit April starben bei Protesten über 120 Menschen.
Parlamentspräsident Julio Borges sprach von einem riesigen Betrug. „Die
Firma (Smartmatic) hat Daten auf ihren Servern, die beweisen, dass überall
die Resultate aufgeblasen worden sind. Die Firma, die die Wahlen begleitet
hat, und seit über einem Jahrzehnt in Venezuela begleitet, sagt, dass die
Resultate nicht stimmen.“
Die EU und die US-Regierung fordern zudem, politischen Gefangenen
freizulassen. Die beiden führenden Oppositionspolitiker Leopoldo López,
Chef der Partei Voluntad Popular, und Antonio Ledezma, Bürgermeister der
Metropolregion Caracas, waren in der Nacht zu Dienstag in ihren Wohnungen
vom Geheimdienst abgeholt worden. Beide saßen schon in Haft, zuletzt war
ihnen Hausarrest gewährt worden.
Als einer der Initiatoren der Reform wird auch der bisherige Vizechef der
Sozialistischen Einheitspartei, Diosado Cabello, in die Versammlung
einziehen. Er hatte angekündigt, dass dort die von der Opposition
abgehängten Porträts des Begründers des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts�…
Hugo Chávez, wieder aufgehängt werden sollen – als symbolisches Zeichen der
Rückeroberung. „Und sie werden nie mehr verschwinden“, hatte Cabello laut
[1][dem Portal El Nacional] gesagt.
3 Aug 2017
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[1] http://www.el-nacional.com/
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