| # taz.de -- Actionfilm „Baby Driver“: Reifen quietschen im Rhythmus | |
| > Edgar Wrights Spielfilm „Baby Driver“ überzeugt mit einer präzisen | |
| > Verquickung von Soundtrack, Rhythmus und Action. | |
| Bild: Fahren ist für ihn keine bloße Fortbewegung: Musiknerd Baby (Ansel Elgo… | |
| Edgar Wright ist ein Regisseur, der aufs Detail achtet. Seine | |
| „Cornetto“-Trilogie zum Beispiel, wie die drei Genrefilmparodien „Shaun of | |
| the Dead“, „Hot Fuzz“ und „The World’s End“ von den Fans genannt we… | |
| bezieht ihren Namen aus den Eissorten, die leitmotivisch in den einzelnen | |
| Filmen vorkommen. Das rote Erdbeer-Cornetto korrespondiert mit dem Blut des | |
| Zombiefilms, das Blau des Cornetto „Classic“ mit den Uniformen des | |
| Buddy-Krimis und das Grün des Mint-Choc-Chips mit den Aliens in der | |
| Science-Fiction. | |
| So absichtsvoll albern diese Filme auch waren, belegte diese Liebe zum | |
| bedeutungsvollen Detail den Ernst des Filmemachers. In „Baby Driver“ nun | |
| lässt Wright die Comedy hinter sich und führt seine Detailversessenheit in | |
| stylish-coole Dimensionen, wie man sie ihm kaum zugetraut hätte. | |
| Wie um seine Abkehr vom Witzige-Dialoge-Schreiben deutlich zu machen, | |
| vergehen in „Baby Driver“ fast zehn Minuten, bevor die ersten Sätze | |
| gesprochen werden. Ganze drei Songs des Soundtracks sind da schon gespielt, | |
| und das nicht etwa als Hintergrund für eine Handlung, sondern anders herum: | |
| Was geschah, passierte im präzis abgestimmten Rhythmus der Musik, die der | |
| Protagonist auf seinem iPod hört. Das klingt banal. Ist das nicht in jedem | |
| Musical so? | |
| Aber erstens zeigen Musicals selten einen Raubüberfall mit anschließender | |
| Autoverfolgungsjagd, zweitens hebt Wright nicht die Realitätsillusion durch | |
| tanzende Statisten auf und drittens ist die Musik so erlesen wie abgedreht. | |
| Zu den Klängen von „Bellbottoms“ der Jon Spencer Blues Explosion beobachtet | |
| der von Ansel Elgort gespielte „Baby“ als Fluchtautofahrer seine | |
| Verbrecherkollegen, die gerade eine Bank ausrauben, und wie von Zauberhand | |
| fügen sich ihre Handlungen an präzisen Stellen in den Rhythmus der Musik. | |
| Genauso später, wenn Baby auf die Tube drückt und mit waghalsigen | |
| Rückwärtsgang-Manövern der Verfolgung durch die Polizei entkommt. Es ist, | |
| als habe Wright die gesamte Action einschließlich der Highway-Auffahrt | |
| eigens für diesen Song choreografiert. | |
| ## Das „Mixtape“ ist sein Gestaltungsprinzip | |
| Musik, das macht auch die Titelsequenz klar, in der Baby zu „Harlem | |
| Shuffle“ Kaffee holt, ist mehr als nur das Leitmotiv dieses Films; das | |
| „Mixtape“ ist sein Gestaltungsprinzip. Elgorts „Baby“ wird als | |
| Musikfanatiker vorgestellt, aber seine iPod-Obsession hat viele Gründe: | |
| Seit er als Kind mit seinen Eltern in einen Autounfall geraten sei, leide | |
| er an Tinnitus, erklärt etwa Gangster-Boss Doc (Kevin Spacey) einem | |
| misstrauischen Mittäter. | |
| Wenig später folgt Baby der jungen Diner-Angestellten Debora (Lily James), | |
| weil sie singt, wie es an selbiger Stelle seine Mutter einst getan hat. In | |
| der Wohnung, die er mit seinem stummen Pflegevater (CJ Jones) teilt, | |
| montiert er mit altmodischem Equipment eigene Sprech-Pop-Collagen. | |
| Warum macht jemand mit so erfüllenden Hobbys bei Bankrauben mit? Wie es | |
| Kevin Spacey in voller Spaceyhaftigkeit als Doc erklärt: Baby ist ihm was | |
| schuldig. Und wie immer in solchen Filmen gibt es nach der Begleichung der | |
| Schuld nur noch diesen einen letzten Job, zu dem Baby nicht Nein sagen | |
| kann. | |
| ## Absolut sehenswert | |
| Der Plot mit all seinen Referenzen an die Kinogeschichte ist allerdings das | |
| Langweiligste an „Baby Driver“. Was Wrights Film dagegen absolut sehenswert | |
| macht, ist die Energie, die er erzeugt mit seiner präzisen Verquickung von | |
| Soundtrack, Rhythmus und Action. | |
| Die mäßig markanten Dialoge und die flachen Figuren, zu denen auch ein | |
| dämonischer Jon Hamm gehört, tragen auf ihre Weise dazu bei, dass man sich | |
| ganz auf die Inszenierung konzentrieren kann. Auf die pure Kinolust, die | |
| entsteht, wenn ein quietschender Reifen den rhythmischen Fluss eines | |
| Popsongs unterstreicht und ein Auto einem lebendigen Tier gleich das Weite | |
| sucht. | |
| 27 Jul 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Schweizerhof | |
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