# taz.de -- Verbot von „linksunten.indymedia“: Zurzeit offline | |
> „linksunten.indymedia“ ist nicht mehr abrufbar. Die Staatsanwaltschaft | |
> ermittelt jedoch nicht. Die Reaktionen fallen gemischt aus. | |
Bild: Durchsuchung: Polizisten vor dem autonomen Zentrum KTS in Freiburg | |
Berlin taz | Am Ende des Tages bleibt eine weiße Seite mit schwarzer | |
Schrift. „Wir sind zurzeit offline …“, ist am Freitag auf | |
linksunten.indymedia.org zu lesen. Der Rest der Seite ist leer. | |
Wenige Stunden zuvor hatte Thomas de Maizière in Berlin das Verbot der | |
Plattform verkündet. „Linksunten.indymedia ist die bedeutendste | |
Internetseite für gewaltbereite Linksextremisten in Deutschland“, sagte der | |
Innenminister zur Begründung. „Seit Jahren nutzen sie diese Plattform, um | |
Hass gegen Andersdenkende zu säen.“ Sie würden gezielt zu Angriffen gegen | |
Personen und Sachen aufrufen und detaillierte Anleitungen zum Bau von | |
Brandsätzen veröffentlichen. | |
Tatsächlich gehörte linksunten bis Freitag trotz sinkender Nutzerzahlen zu | |
den wichtigsten Internetseiten der linken Szene in Deutschland. Sie war | |
Teil des weltweiten Indymedia-Netzwerks, das 1999 von | |
Globalisierungskritikern gegründet wurde und das weltweit über regionale | |
Ableger verfügt. Dort können Nutzer anonym Beiträge veröffentlichen und | |
kommentieren. Deutsche User nutzten ursprünglich den Ableger | |
de.indymedia.org, nach internen Streitereien spalteten sich Aktivisten aus | |
Südwestdeutschland 2009 ab und gründeten linksunten.indymedia.org. | |
Zu lesen gab und gibt es auf beiden Ablegern harmlose Demoaufrufe und | |
Aktionsberichte, aber auch Beiträge mit potenziell strafbarem Inhalt. Das | |
Innenministerium verbreitete am Freitag Beispiele: „Wir wollen Genoss*innen | |
motivieren in Hamburg und anderswo zum G20 Krawall zu machen“, heißt es in | |
einem Artikel. „Wir haben den Fuhrpark der Bundespolizei in Magdeburg in | |
Brand gesetzt“, in einem anderen. „Mit einer Feuerwerksbatterie lassen sich | |
die Bullen unter Dauerfeuer nehmen“, im nächsten. | |
## Zufallsfund mitten im Wahlkampf? | |
Wegen solcher Einträge hat das Innenministerium bereits am 14. August ein | |
Vereinsverbot gegen die Betreiber erlassen und dieses am Freitag | |
zugestellt. Wenige Wochen nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel und | |
wenige Wochen vor der Bundestagswahl riecht das nach einem | |
Wahlkampfmanöver. De Maizière weist diesen Vorwurf aber von sich. Die | |
Betreiber habe man lange gesucht, aber bisher nicht identifizieren können. | |
Jetzt sei es so weit gewesen. | |
Drei mutmaßlichen Betreibern, die das Innenministerium als Verein ansieht, | |
sei das Verbot am Freitagmorgen zugestellt worden. Gleichzeitig habe die | |
Polizei deren Wohnungen und das autonome Zentrum KTS in Freiburg | |
durchsucht. Strafrechtliche Ermittlungen laufen gegen sie noch nicht: Zwar | |
wäre es strafbar, wenn sie linksunten.indymedia.org weiterhin betreiben. | |
Allerdings wurde die Seite ja noch am Freitag vom Netz genommen. | |
Rückwirkend gilt das Verbot nicht. Anders als beim Verbot der | |
rechtsextremen Seite Altermedia im Januar 2016 ermittelt nicht | |
gleichzeitig der Generalbundesanwalt wegen der Bildung einer kriminellen | |
Vereinigung. | |
Die Reaktionen auf das linksunten-Verbot fielen am Freitag gemischt aus. | |
Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) sprach von einem „Schritt in | |
die richtige Richtung“, die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Linkspartei) | |
dagegen von „willkürlicher Zensur“. Der Grünen-Abgeordnete Christian | |
Ströbele sagte, dass die Behörden zunächst auf die Betreiber hätten zugehen | |
müssen. „Man hätte sie auffordern müssen, Dinge, die eine Aufforderung zu | |
strafbaren Handlungen darstellen könnten, nicht mehr zu veröffentlichen“, | |
sagte er der taz. Er verglich den Fall mit dem Vorgehen gegenüber Facebook. | |
„Mit den Betreibern dieser Plattform wurden und werden ja auch solche | |
Gespräche geführt.“ | |
Trotz des Verbots vom Freitag ist Indymedia in Deutschland noch nicht | |
Geschichte: Den Betreibern von linksunten steht gegen das Vereinsverbot der | |
Rechtsweg offen. Und gegen den Ableger de.indymedia.org geht das | |
Innenministerium gar nicht erst vor. Warum nicht? Laut de Maizière steht | |
nur linksunten.indymedia.org für „linksextremistische Gewaltaufrufe“. | |
25 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
Plutonia Plarre | |
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