# taz.de -- Kommentar Trump und Nordkorea: Gefährliches Spiel | |
> Im Umgang mit Nordkorea verhält sich US-Präsident Donald Trump wie ein | |
> Kind. Die große Frage ist, ob er dennoch auf kritische Fragen hören wird. | |
Bild: Guam im Pazifik: Nordkorea hat mit Raketenangriffen auf das US-Außengebi… | |
Ausgerechnet zwischen den Jahrestagen der Atombombenabwürfe vom 6. und 9. | |
August 1945 haben Donald Trump und Kim Jong Un weltweit die Angst vor einem | |
dritten Einsatz dieser fürchterlichen Massenvernichtungswaffen geschürt. | |
Zumindest rhetorisch hat sich der Präsident der häufig als Führungsmacht | |
der demokratischen Staaten bezeichneten USA damit auf das Niveau eines seit | |
Jahren völlig isolierten stalinistischen Diktators begeben. | |
Trump und Kim spielen beide Vabanque. Der Diktator von Pjöngjang hat | |
offensichtlich niemanden in seiner Umgebung, der ihm von diesem | |
hochgefährlichen Spiel abrät – anders als sein deutsches Pendant vor 78 | |
Jahren: „Wir wollen doch das Vabanquespiel lassen“, riet Hermann Göring dem | |
Führer nach der britischen Kriegserklärung an Nazideutschland vom 3. | |
September 1939, zwei Tage nach dem deutschen Überfall auf Polen. Adolf | |
Hitler antwortete: „Ich habe in meinem Leben immer va banque gespielt.“ | |
Dieser Satz könnte auch von Donald Trump stammen. | |
Der US-Präsident hat im Unterschied zu Kim in seinem Umfeld allerdings | |
viele Akteure – innerhalb der Administration, in beiden Kongressparteien, | |
in den Geheimdiensten und in den Medien –, die sein bisheriges Verhalten im | |
Konflikt mit Nordkorea kritisieren und auf eine Kursänderung drängen. Das | |
ist ein zentraler Unterschied zwischen der Diktatur in Pjöngjang und der | |
Demokratie in Washington. | |
Die große, bange Frage ist allerdings, ob Trump auf diese kritischen | |
Stimmen hört. Oder ob er weiterhin die Analyse der New York Times vom Mai | |
bestätigt, wonach „die Welt von einem Kind angeführt wird“ und „Präsid… | |
Trump sich verhält wie ein Siebenjähriger, der nicht gelernt hat, | |
zuzuhören, Fehler einzugestehen und seine Impulse zu kontrollieren“. | |
Schon einmal, mit seinem Befehl zum Raketenbeschuss einer syrischen | |
Luftwaffenbasis als Vergeltung für einen angeblichen Giftgaseinsatz durch | |
die syrische Luftwaffe, ignorierte der Präsident alle Warnungen und | |
Berichte seiner Geheimdienste und Militärs. Nach diesen Berichten handelte | |
es sich um einen Angriff der russischen Luftwaffe mit einer konventionellen | |
Bombe auf ein Treffen von Führungsleuten von al-Qaida, bei dem | |
versehentlich auch ein Lager mit chemischen Substanzen getroffen wurde. | |
Moskau hatte Washington sogar vorab von dem geplanten Luftangriff | |
informiert. | |
Nach dem Raketenbeschuss auf die syrische Luftwaffenbasis schnellten Trumps | |
Beliebtheitswerte in Umfragen in die Höhe. Viele seiner Kritiker stellten | |
sich hinter ihren „Commander-in-Chief“. Die Versuchung für Trump, durch | |
einen militärischen Konflikt mit Nordkorea wieder einen ähnlichen Effekt zu | |
erzielen und damit von seinen erheblichen innenpolitischen Schwierigkeiten | |
ablenken zu können, ist groß. Auch für Kim ist der Konflikt mit den USA in | |
erster Linie ein Mittel, das eigene Volk hinter sich zu scharen, dem er | |
ansonsten nur Armut, Hunger, Unterdrückung und internationale Isolation | |
anzubieten hat. | |
## Durchdachtes Schachspiel | |
Vor allem in westlichen Medien wird Kim häufig als „Psychophat“ bezeichnet, | |
als „der Irre mit der Bombe“ oder mit ähnlichen Begriffen, die ein | |
irrationales Verhalten des nordkoreanischen Diktators unterstellen. Das ist | |
ein gefährlicher Irrtum. Denn Kim spielt nicht nur Vabanque. Sondern er | |
beherrscht – im Unterschied zu Trump – auch das Schachspiel mit genau | |
durchdachten, rationalen Zügen. | |
Davon zeugt Pjöngjangs jüngste Veröffentlichung wohlkalkulierter und | |
detallierter Abschußplanungen mit Mittelstreckenraketen – nicht etwa gegen | |
das Territorium der Insel Guam oder gar gegen die dortige US-Militärbasis, | |
sondern gegen unbestimmte Ziele in den internationalen Gewässern 30 bis 40 | |
Kilometer vor der Küste Guams. | |
Eine Umsetzung dieser Planungen würde die US-Administration vor schwierige | |
Entscheidungen stellen: sowohl eine militärische Reaktion wie ein | |
präventiver Militärschlag der USA gegen Nordkorea wären völkerrechtlich | |
nicht zu begründen. Selbst dann nicht, wenn die nordkoreanischen Raketen | |
tatsächlich durch den Luftraum Japans und Südkoreas fliegen sollten. Und in | |
beiden Szenarien – präventiver oder reaktiver Militärschlag – müßten die | |
USA alle Angriffskapazitäten Nordkoreas verläßlich ausschalten, um | |
Gegenschläge gegen südkoreanische oder japanische Städte zu verhindern. | |
Eine Deeskalation und vielleicht sogar politische Beilegung des Konflikts | |
wird es nur geben, wenn die USA wieder zu ihrer Politik der 90er Jahre | |
zurückkehren. Die Clinton-Administration gab Nordkorea im Genfer Abkommen | |
von 1994 neben der Zusage der Lieferung von verbilligten Nahrungsmitteln | |
und Öl sowie nicht zu militärischen Zwecken nutzbaren Leichtwasserreaktoren | |
zur Energieversorgung eine Nichtangriffsgarantie. Im Gegenzug verpflichtete | |
sich Pjöngjang, sein militärisches Nuklearprogramm einzustellen und sich an | |
all seine Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Nichtweiterverbreitung | |
von Atomwaffen (NPT) zu halten. | |
Erst seitdem Präsident Georg Bush die Nichtangriffsgarantie im Januar 2002 | |
aufkündigte, hält sich Pjöngjang nicht mehr an diese Zusagen. Die besten | |
Chancen, Washington zur Kurskorrektur zu bewegen und dann auch eine | |
erfolgreiche Vermittlerrolle zwischen den USA und Nordkorea zu spielen, | |
hätte die EU. | |
11 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
## TAGS | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Donald Trump | |
Nordkorea | |
Kim Jong Un | |
Nordkorea | |
USA | |
Nordkorea | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Nordkorea | |
Nordkorea | |
Nordkorea | |
Nordkorea | |
Nordkorea | |
Nordkorea | |
Japan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Provokation aus Nordkorea: Rakete über Japan hinweggeschossen | |
Nordkorea feuert erneut ein Geschoss ab, es zerbricht in drei Teile und | |
stürzt ins Meer. Japan spricht von einer beispiellosen Bedrohung. | |
Nach dem Austauschjahr in den USA: Zurück in Trump-Land | |
Vor einem Jahr war unsere Autorin Austauschschülerin in den USA. Nun kehrte | |
sie zurück und fragte: Seid ihr jetzt wirklich glücklich? | |
Konflikt zwischen USA und Nordkorea: Kim atmet durch | |
Nordkorea kündigt an, vorerst keine Raketen nach Guam abzuschießen. Die USA | |
und Japan haben mit militärischen Übungen begonnen. | |
Konflikt zwischen USA und Nordkorea: Bizarrer Anruf aus Washington | |
Die verbale Aufrüstung zwischen den USA und Nordkorea bietet immer wieder | |
neue Pointen. Das sieht skurril aus, birgt aber große Gefahren. | |
Nach Eskalation im Nordkorea-Konflikt: China kündigt Importstopp an | |
China ist der einzige Handelspartner von Nordkorea. Ab Dienstag will das | |
Land die UN-Sanktionen gegen Nordkorea umsetzen. | |
Konflikt zwischen USA und Nordkorea: Peking um Deeskalation bemüht | |
Chinas Staatschef Xi Jingping spricht mit Trump und hofft auf eine | |
friedliche Lösung des Konflikts. Japan stationiert Raketenabfangsysteme. | |
Konflikt zwischen USA und Nordkorea: Merkel geht auf Distanz | |
Im Konflikt zwischen Washington und Pjöngjang warnt Merkel vor einer | |
militärischen Antwort. Moskau ist „sehr beunruhigt“. Doch Trump droht | |
weiter. | |
Umgang mit Nordkorea: Isoliert in einer ratlosen UNO | |
Zur Beilegung des Konflikts mit Nordkorea hat die internationale | |
Gemeinschaft keine anderen politischen Alternativen als Sanktionen. | |
Konflikt Nordkorea-USA: Trump droht Pjöngjang weiter | |
US-Präsident Trump sagt, Nordkorea solle „sehr, sehr nervös“ sein. Seine | |
„Feuer und Wut“-Drohung sei sogar „vielleicht nicht scharf genug“ gewes… | |
Konflikt zwischen USA und Nordkorea: Nordkorea legt Pläne für Angriff vor | |
Die Drohungen gegen die USA sind so konkret wie nie. Dennoch ist ein | |
Angriff unwahrscheinlich. International rufen Politiker zur Deeskalation | |
auf. | |
Kommentar Nordkoreakrise: In der Rolle einer Geisel | |
Die Politik von Moon Jae, dem linken Präsidenten Südkoreas ist besonnen. | |
Wie erfrischend. Doch ändert das nichts an der Rolle seines Landes. |