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# taz.de -- Doku „Sgt. Pepper’s Musical Revolution“: Es geht nur um die M…
> Ein Musiklehrer erklärt zum 50-jährigen Jubiläum das Album „Sgt.
> Pepper’s“. Dabei geht es nicht um die Beatlesmania, sondern um Harmonien
> und Töne.
Bild: Howard Goodall beim Beatles-Unterricht
Es muss wirklich nicht noch einmal gesagt werden. Wenn es etwas gibt auf
der Welt, was wirklich jeder weiß, dann das: dass [1][„Sgt. Peppers Lonely
Hearts Club Band“ das großartigste Album], ja das Größte überhaupt in
Sachen Musik ist, dass es je gegeben hat. Weshalb übrigens auch die immer
mal wieder bemühte Beatles/Stones-Dichotomie ein einziger großer Irrtum
ist.
Die Rhythm-and-Blues-Cover-Band um den hysterischen Zappelkobold war nie
ein Maßstab, an dem die Beatles sich hätten messen müssen. Vielmehr ging es
darum, eine angemessene Antwort auf das – aus heutiger Sicht – zweitgrößte
Gesamtkunstwerk der Popmusikgeschichte zu finden, die genau ein Jahr zuvor
erschienenen „Pet Sounds“ der Beach Boys.
Wie gesagt, es muss, es müsste nicht noch einmal gesagt werden – doch der
rührige Kultursender [2][Arte lässt es sich nicht nehmen]. Hat er doch
diesen Sommer 2017, in dem sich die Veröffentlichung von „Sgt. Pepper’s“
zum fünfzigsten Mal jährt, [3][zum „Summer of Fish ’n’ Chips“] erklä…
Zeigt er also zwischen Richard Lesters Beatles-Film „A Hard Day’s Night“
und dem Konzert, das der treulose John Lennon 1972 mit Yoko Onos Plastic
Ono Elephant’s Memory Band in New York gegeben hat, dieses einzigartige
Stück …, nun ja: Schulfernsehen.
## Keine Beatlemania
In „Sgt. Pepper’s Musical Revolution“ geht es einmal nicht um die Beatles
als Phänomen der Popkultur, um unbedarfte Jungs in einem Hamburger
Stripclub, das Swinging London, [4][die Beatlemania], die Frage, ob die
Beatles berühmter waren als Jesus und so weiter. Es geht nur um: die Musik.
Da steht also ein Mann, der nicht mehr ganz jung ist, zu jung aber, um 1967
schon genug Taschengeld bekommen zu haben für „Sgt. Pepper’s“, vor seinem
Keyboard und haut in die Tasten. Typ moderner Musiklehrer, der eben weiß,
dass es außer der Wiener Klassik auch noch anderes gibt. Howard Goodall ist
Filmkomponist – etwa der Fernsehserie „Mr. Bean“. Hier spielt – und sin…
er nun mit sichtlicher Begeisterung die „Sgt. Pepper’s“-Songs an, um
vorzuführen, was er vorher oder hinterher über Harmonien und Modulationen,
über Polyphonie und Kontrapunkt zu dozieren weiß. „She’s Leaving Home“ …
Beispiel: „In der westlichen Musik gab es lange vor Dur und Moll das alte
modale System von Kirchentonleitern. […] Paul hat sich aber bestimmt nicht
vorgenommen, eine modale Tonleiter zu schreiben. Das geschah eher intuitiv.
Modi sind tief in den anglo-keltischen Folksongs seiner Jugend verankert.“
## Zeitgenössische Einflüsse
Aber natürlich waren die Beatles auch aufgeschlossen für zeitgenössische
Einflüsse, Cage und Stockhausen. So wiesen sie ein vierzigköpfiges
Orchester nach dem Prinzip der aleatorischen Komposition an: „Die Musiker
sollten mit der tiefsten Note ihres Instruments beginnen und dann so viele
Noten frei dazu spielen, wie sie wollten, solange die Tonhöhe dabei
ansteigt und sie am Ende dabei auf einer der drei Noten des E-Dur-Akkords
landen, idealerweise in der höchsten Stimmlage ihres Instruments.“
Zwischendurch haben die Beatles, die sich mit dem damaligen Standard von
vier Aufnahmespuren nicht zufrieden geben wollten, noch das Sound-Sampling
und das Bouncen erfunden.
Es war dies die Zeit vor den alles vermögenden Handy-Apps, als es noch
echten Sportsgeists bedurfte in einer Situation, in der die
Aufzeichnungsmaschinen noch keine variable Geschwindigkeitsfunktion hatten
(man verlangsamte die Geschwindigkeit, indem man die Stromversorgung
manipulierte.) Und wurde schon gesagt, dass die Beatles mit dem mit
indischen Sitar-Klängen eben nicht nur dekorierten „Within You Without You“
en passant auch die Weltmusik begründet haben?
Es darf bei all der Lobpreisung nicht unterschlagen werden, wem die Beatles
den entscheidenden Anstoß für ihre Heldentat zu verdanken hatten: ihren
Fans. Nur weil die es sich zur Regel gemacht hatten, bei den
Beatles-Konzerten so ohrenbetäubend laut zu schreien, dass am Ende nicht
einmal mehr die Beatles selbst sich noch hören konnten, konnten die Beatles
sich dazu entschließen, künftig keine Konzerte mehr zu geben. Nur weil sie
dadurch die Sorge los waren, ihre Platten auch live aufführen zu müssen,
hatten sie plötzlich alle kompositorischen Freiheiten. Und möglich wurde
„Sgt. Pepper’s“, das großartigste Album, das es je gegeben hat …
11 Aug 2017
## LINKS
[1] /!5409394
[2] http://programm.ard.de/?sendung=28724239293873
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## AUTOREN
Jens Müller
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