| # taz.de -- Internet-Hotspots in Berlin: Sind wir schon drin? | |
| > Der Bundestag hat die Störerhaftung für WLAN-Betreiber abgeschafft. Schon | |
| > jetzt gibt es viele kostenlose Hotspots in der Hauptstadt. | |
| Bild: Zuhause ist, wo du WLAN hast. In Berlin gibt es immer mehr kostenlose Hot… | |
| Es ist die Schreckensnachricht per SMS: „Lieber Kunde, ihre | |
| Highspeed-Megabytes sind aufgebraucht.“ Was gibt es Nervigeres als | |
| langsames Internet? Gar kein Internet. Der Zugang zum weltweiten Netz ist | |
| gefühlt inzwischen ein Grundrecht und so zahlt der Staat etwa auch | |
| Hartz-IV-Empfängern den Internetanschluss: Wer also keinen Handyvertrag mit | |
| Gigabyte-weise mobilem Datenvolumen besitzt, freut sich über jeden Hotspot | |
| in der Stadt, ob in Cafés, Hotels oder Bahnhöfen. | |
| Laut einer Studie zur Bereitstellung öffentlicher WLAN-Hotspots, u. a. | |
| durchgeführt von dem britischen Internetanbieter ipass aus dem Jahr 2014, | |
| hinkt Deutschland beim Angebot im internationalen Vergleich deutlich | |
| hinterher. Trotzdem können sich die Berlinerinnen und Berliner eigentlich | |
| nicht beschweren. Nach Angaben des Senats gibt es fast 2.000 kostenlos | |
| zugängliche WLAN-Netzwerke in der Stadt, Tendenz steigend. Wer aber sind | |
| die Anbieter dieser Leistung und warum ist sie gratis? | |
| Einer der größten Betreiber ist die Senatskanzlei selbst: Die hat mit dem | |
| Projekt „Free Wifi Berlin“ bis März diesen Jahres 656 Hotspots | |
| eingerichtet. Der Fokus liegt auf touristischen Schwerpunkten wie dem | |
| Brandenburger Tor oder dem Fernsehturm. Allerdings wurden auch | |
| Volkshochschulen, Stadtbäder und Bibliotheken mit kostenlosem Internet | |
| bedacht. | |
| Klingt gut, einen kleinen Haken gibt es jedoch: Die Fördergelder vom Senat | |
| decken nur ein Drittel der Kosten des WLAN-Anbieters ABL Social Federation, | |
| mit dem die Stadt kooperiert. Deshalb müssen sich Nutzer beim Einloggen | |
| einen kurzen Werbeclip ansehen. | |
| ## Freifunk für alle, godspot für Kirchengänger | |
| Weniger kommerziell ist dagegen das Angebot der Freifunker. Der Verein | |
| versucht möglichst viele öffentliche Netze aufzubauen und miteinander zu | |
| verbinden: Jeder Nutzer mit einem WLAN-Router kann sich in diese | |
| sogenannten Mesh-Netzwerke (Mesh aus dem Englischen für Masche) einklinken | |
| und wird Teil eines unabhängigen Funknetzwerks. Die WLAN-Knotenpunkte | |
| kommunizieren dabei erst mal nur untereinander und können Daten | |
| austauschen. | |
| Ist aber ein Knotenpunkt mit dem Internet verbunden, sind es alle – in der | |
| Theorie also öffentliches Internet, von Bürgern für Bürger. „Wir bauen ei… | |
| Infrastruktur auf, die jeder nutzen kann. Vor allem aber bieten wir Hilfe | |
| zur Selbsthilfe“, sagt Monic Meisel von den Berliner Freifunkern. Der | |
| Verein organisiert Workshops und vermittelt technisches Wissen. Allerdings | |
| steht hier kein professioneller Anbieter hinter dem Angebot, der | |
| garantiert, dass alles reibungslos funktioniert. In Berlin zählen die | |
| Freifunker momentan 786 Hotspots. | |
| Auch die Kirche gehört zu den Anbietern von kostenlosem WLAN. Seit Mai 2016 | |
| auch in immer mehr evangelischen Kirchen. „godspot“ heißt das Projekt der | |
| Landeskirche von Berlin, Brandenburg und der Oberlausitz (EKBO). Momentan | |
| ist es in 152 Gotteshäusern zu finden – seit Neuestem auch in der | |
| Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. | |
| „Jede Woche statten wir weitere Kirchen mit Netzwerken aus,“ sagt Fabian | |
| Kraetschmer von der EKBO. Kirchengänger werden auf die Startseite von | |
| godspot geleitet, wo es Informationen zum Glauben und der entsprechenden | |
| Gemeinde gibt. Danach kann jeder frei surfen. | |
| ## 170 von 173 BVG-Bahnhöfe empfangen WLAN | |
| Mit so einer „Landing Page“ als Startseite arbeitet auch die BVG. An 170 | |
| von 173 U-Bahnhöfen in Berlin können Nutzer am Bahnsteig bereits im | |
| Internet surfen. Vorher müssen sie nur die Nutzungsbedingungen akzeptieren. | |
| Das Angebot ist kostenlos und erfordert keine weiteren Daten. Die | |
| Ausstattung der letzten drei Bahnhöfe Bismarckstraße, Rathaus Steglitz und | |
| Schloßstraße mit WLAN soll bald erfolgen. | |
| Warum Deutschland beim Wi-Fi international so schlecht abschneidet, liegt | |
| vor allem an einer Gesetzgebung, die der Bundestag mit einem Beschluss im | |
| Juni nun abgeschafft hat. Es geht um die Störerhaftung: Bisher mussten | |
| Hotel- und Café-Besitzer für die Internetnutzung ihrer Gäste haften. Das | |
| bedeutet: Lud ein Hotelbesucher illegal Filme oder Musik aus dem Internet, | |
| mussten die Hotelbetreiber mit Abmahnungen und rechtlichen Konsequenzen von | |
| Rechte-Inhabern rechnen. | |
| Mit der neuen Regelung ist damit jetzt Schluss. „Mit den Freifunkern haben | |
| wir lange dafür gekämpft“, sagt Monic Meisel. „Hoffentlich senkt das die | |
| Hürden für alle, ihre Internetzugänge zu öffnen.“ Auch die Branchenverbä… | |
| begrüßen die neue Regelung: „Es gibt Hotels und Gastronomien mehr | |
| Sicherheit in Bezug auf ihre Kunden“, sagt Kerstin Jäger vom Hotel- und | |
| Gaststättenverband Berlin. | |
| Laut der IHK Berlin hätten viele Unternehmen auf eine Abschaffung der | |
| Störerhaftung gewartet, „um ihren Kunden einen zeitgemäßen Service anbieten | |
| zu können.“ Viele Unternehmen gehen davon aus, das es mit der neuen | |
| Gesetzeslage zu einer weiteren Steigerung der freien WLAN-Netze kommt. | |
| ## Austausch und Kooperationen für die Zukunft | |
| Um die Internetverfügbarkeit und den Zugang für Berlin zu optimieren, lädt | |
| die Senatskanzlei die Anbieter in unregelmäßigen Abständen zur sogenannten | |
| WLAN-Runde ein. Laut Senat würden die Treffen einen wertvollen | |
| Erfahrungsaustausch bieten und seien Grundlage für gemeinsame | |
| Kooperationen. Konkrete Ergebnisse gebe es bisher noch nicht. | |
| Monic Meisel hält die Treffen dennoch für sinnvoll, das Ziel des | |
| flächendeckenden WLANs könne kein Anbieter alleine erreichen. Selbst ohne | |
| Störerhaftung scheint dieses jedoch in weiter Ferne zu liegen. Bis es also | |
| soweit ist, „lieber Kunde“, wird es wohl bei der einen oder anderen | |
| Schreckensnachricht Ihres Telefonanbieters „das High-Speed-Limit Ihres | |
| Datenvolumens ist erreicht“ bleiben. | |
| 11 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Robin Köhler | |
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