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# taz.de -- Kanzleramtsminister über G20-Krawalle: „All dies ist Terror, son…
> Die Krawalle in Hamburg seien „wie Terror von Rechtsextremen und
> Islamisten“, twitterte Peter Altmaier am Wochenende. Nun verteidigt er
> seine Aussage.
Bild: Von Linken, Rechten oder Islamisten – Gewalt gegen Personen sei gleich …
taz: Herr Altmaier, am Wochenende twitterten Sie über die Krawalle in
Hamburg:
Wollen Sie ernsthaft brennende Flüchtlingsunterkünfte und Terroristen, die
mit LKWs nur des Töten wegen in Menschenmengen rasen, mit brennenden
Barrikaden in Hamburg gleichsetzen?
Peter Altmaier: In Hamburg gab es brutale Gewalt gegen Personen und Sachen.
Nicht nur brennende Barrikaden. Auf Polizisten wurden Molotow-Cocktails,
große Wackersteine und Eisenstangen geworfen, viele Polizisten wurden
verletzt, einige schwer. Es ist ein Wunder, dass niemand zu Tode kam.
Unbeteiligte Anwohner und Passanten wurden tätlich angegriffen. Es wurden
Autos von Bürgern abgefackelt, auch von ambulanten Pflegediensten. Die
Autos waren direkt an Häuserfassaden geparkt, es gab meterhohe
Stichflammen, die auf die Häuser hätten übergreifen können. Menschen wurden
in Todesangst versetzt, Kindergärten gaben Notrufe an die Eltern der Kinder
ab.
Im Schanzenviertel sollte die Polizei offenbar sogar in eine tödliche Falle
gelockt werden: Der schwarze Block hatte sich mit Gehwegplatten und
Brandsätzen auf Hausdächer begeben, um diese auf die Polizisten
hinabzuschleudern. All dies ist Terror, sonst nichts. Das sehen ganz
offenbar auch der Vizekanzler und der SPD-Kanzlerkandidat ganz ähnlich:
Beide haben ebenfalls von Terror gesprochen. Martin Schulz sogar von
„Mordbrennern“.
Vielleicht hätten sie zur Klarstellung twittern sollen: „Der linksextreme
Terror in Hamburg war so schlimm wie Terror von Rechtsextremen und
Islamisten, abzüglich des Terrors von Rechtsextremen und Islamisten, über
den wir seit Jahren sprechen, also Breitscheidplatz, Bataclan, IS und NSU.“
Ich habe in meinem Tweet keine konkreten Tatvergleiche gezogen, sondern
allgemein den gerade beschriebenen Terror in Hamburg als so widerwärtig und
schlimm bezeichnet „wie Terror von Rechtsextremen und Islamisten“. Dabei
standen mir Beispiele rechtsextremer Brandanschläge auf
Flüchtlingsunterkünfte, die gezielte Terrorisierung und Einschüchterung von
Flüchtlingen sowie die Terroranschläge von Würzburg und Ansbach vor Augen.
Als erfahrener Politiker wissen Sie, was Sie mit Ihrem Tweet für
Assoziationen hervorrufen: Bilder von mordenden Islamisten mit dem
Untertitel: „Jetzt auch von Linksextremen“. Schafft die Union damit den
Hintergrundsound für den neuen Wahlkampfschlager Linksterrorismus?
Auf solche „Wahlkampfschlager“ verzichte ich gerne! Aber ich finde es
unakzeptabel und heuchlerisch, wenn plötzlich einige von denen, die bei
jeder Gelegenheit von „rechtem“ Terror und Gewalt sprechen, nach Hamburg
plötzlich erklären, wer Gewalttaten begehe, könne kein „Linker“ sein. Mir
geht es darum, dass Gewalt gegen Personen gleich schlimm ist, egal ob sie
von rechten, linken oder islamistischen Tätern begangen wird.
Zwischen 1990 und 2015 hat es zwischen 75 (Angaben der Bundesregierung) und
169 Todesopfer ([1][„Mut gegen rechte Gewalt“]) durch rechtsextreme Gewalt
gegeben. Ist es angesichts der Zahlen zulässig, rechten und linken Terror
einfach gleichzusetzen?
Menschenleben können nicht gegeneinander aufgerechnet werden, jeder Mensch
ist einzigartig. Die linksterroristische RAF hat über zwei Jahrzehnte eine
Spur von Morden und Anschlägen durch ganz Deutschland gelegt. Wenn jemand
den Tod von Menschen als Folge seines Tuns billigend in Kauf nimmt,
unterscheidet er sich nicht wesentlich von anderen, die auf gezielte Tötung
aus sind. Was in Hamburg passierte, war menschenverachtend, genauso wie der
Terror von rechts gegen Ausländer und Flüchtlinge.
Gibt es konkrete Erkenntnisse der Bundesregierung, dass sich
linksterroristische Strukturen in Deutschland aufbauen, die mit der RAF
vergleichbar sind?
Auch nach dem Ende der RAF gab und gibt es in Deutschland gewaltbereite
linksextremistische Strukturen, die ganze Zeit, in Hamburg, in Berlin und
anderswo. Die RAF hat gezielt gemordet, die kriminellen Täter in Hamburg
haben den Tod Unschuldiger offenbar billigend in Kauf genommen. Das ist
schlimm genug. Weder das Eine noch das andere darf der Rechtsstaat
hinnehmen.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
11 Jul 2017
## LINKS
[1] http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/
## AUTOREN
Ingo Arzt
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