# taz.de -- Kommentar Polizeiversagen bei G20: Die übliche Ablenk-Debatte | |
> Nach den Krawallen bei G20 diskutieren alle über linken Extremismus. So | |
> soll die fehlerhafte Taktik der Polizei in Vergessenheit geraten. | |
Bild: Sollten über ihre Fehler reden: Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und … | |
Am Tag danach ist es wie fast immer, wenn in Deutschland schwere Straftaten | |
geschehen: Politiker von Union und SPD überbieten sich mit Forderungen nach | |
schärferen polizeilichen Maßnahmen. [1][Nach den Hamburger G20-Krawallen] | |
soll jetzt eine europäische [2][Extremistendatei] her. Auch diesmal ist der | |
Zweck der Forderung eindeutig: Über polizeiliche Fehleinschätzungen und | |
falsche Taktiken soll nicht mehr gesprochen werden. | |
Dabei sind diese Fehler in Hamburg offensichtlich: Erstens hatte die | |
Polizei am Freitagabend keine ständigen Einsatzkräfte in den Hauptstraßen | |
des Schanzenviertels postiert, obwohl dies der traditionelle Ort für | |
größere und kleinere Ausschreitungen an einem solchen Tag ist. | |
Bürgermeister Olaf Scholz begründet das späte Einschreiten der Polizei | |
damit, dass die Beamten von Dächern aus hätten beworfen werden können. Eine | |
schlechte Ausrede: Die Frage bleibt, warum die Polizei nicht schon das | |
Klettern auf Gerüste und Dächer durch ihre Präsenz verhindert hat. | |
Zweitens verweist Scholz darauf, dass die Sicherheitsbehörden nicht mit dem | |
„Typus marodierender Straftäter“ gerechnet hätten, also jenen, die Autos | |
anzündend durch Altona zogen. Dabei streiften in Genua 2001, dem letzten | |
Gipfel, zu dem in ähnlicher Größenordnung mobilisiert wurde, Autoanzünder | |
in Kleingruppen lange ungestört durch die Straßen. Ähnlich war es bei der | |
jüngsten Demonstration gegen die EZB in Frankfurt. | |
Drittens hätte Hamburg längst nach Berlin schauen können. Die Krawalle auf | |
den jährlichen 1.-Mai-Demonstrationen haben deutlich nachgelassen, seitdem | |
die Polizei ihre Wasserwerfer in der Garage lässt und stattdessen auf | |
Festnahmeeinheiten setzt, die Gewalttäter gezielt aus der Menge | |
herausgreifen. | |
Hamburg fährt dagegen noch immer Wasserwerfer auf. Der G20-Gipfel war | |
geradezu eine Parade der neuen, teuren „Wasserwerfer 10000“, die unter | |
Beweis stellten, warum sie nicht das polizeiliche Mittel der ersten Wahl | |
sein können: Wasserwerfer machen nass, aber Autonomen keine Angst. Sie | |
zerstreuen Mengen kurzfristig, aber nicht nachhaltig. | |
Was also hätte Scholz eine europäische Extremistendatei genutzt, solange | |
Hamburg nicht einmal bereit ist, von der Polizei in anderen Bundesländern | |
zu lernen? In Deutschland bestimmt der Föderalismus die Einsatztaktiken. | |
Das kann man mit dem Argument gutheißen, so lokale Einsatzerfahrungen | |
schneller berücksichtigen zu können. Aber wenn es wie jetzt in Hamburg | |
offensichtlich schiefgeht, sollte man dafür auch die Verantwortung | |
übernehmen und eigene Fehler eingestehen. | |
10 Jul 2017 | |
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[1] /G20-Krawalle-in-Hamburg/!5423733/ | |
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## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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