# taz.de -- Aufruhr in Jerusalem: Muslime gegen Israels Kontrolle | |
> Die Fatah hat einen „Tag des Zorns“ ausgerufen. Vor den Zugängen zu den | |
> Moscheen auf dem Tempelberg wird die Konfrontation geprobt. | |
Bild: Muslima beten am Mittwoch vor dem Löwentor in der Altstadt von Jerusalem | |
Jerusalem taz | Mit Flaschen, die sie auf Grenzpolizisten warfen, machten | |
muslimische Gläubige ihrem Zorn Luft. Unmittelbar nach dem Mittagsgebet am | |
Mittwoch stimmten rund 300 Palästinenser, die sich vor dem Löwentor am | |
Tempelberg versammelten, in Protestrufe ein. „Mit unserer Seele und unserem | |
Blut werden wir al-Aksa beschützen“, riefen die frommen Männer und Frauen, | |
die auf der Straße beteten, weil sie die Metalldetektoren an den drei | |
anfänglich geöffneten Toren zum Tempelberg nicht passieren wollten. | |
Eins davon ist für nichtmuslimische Besucher vorgesehen, weitere sechs | |
bleiben seit dem Attentat am verganenen Freitag, bei dem zwei Polizeibeamte | |
und drei Attentäter zu Tode kamen, geschlossen. Um die aufgebrachte Menge | |
am Löwentor aufzulösen, warfen die Polizisten Rauchbomben und Tränengas. In | |
der Nacht zu Mittwoch waren bereits rund 70 Menschen bei Ausschreitungen | |
verletzt worden, drei davon schwer. | |
Die 40-jährige Englischlehrerin Maham Younis kam eigens aus ihrem Dorf | |
unweit von Haifa angereist, um mit dem Gebet auf der Straße gegen die | |
Metalldetektoren zu protestieren. Zusammen mit einigen Dutzend weiteren | |
Frauen bildete sie eine Reihe, um gemeinsam zum Mittagsgebet niederzuknien. | |
„Wir werden al-Aksa nicht betreten, solange diese elektronischen Tore hier | |
stehen“, erklärte die energische Muslima, die die neuen | |
Sicherheitskontrollen als „erniedrigend“ empfinde. | |
Natürlich dürfe es an den heiligen Stätten keine Gewalt geben. Grund, dass | |
es doch zu Ausschreitungen kommt und zu Terror, sei die Besatzung. Al-Aksa | |
und der Tempelberg gehöre den Muslimen, „die israelischen Soldaten sollten | |
hier gar nicht sein“, so Younis, die sich zuversichtlich gab, dass „mit | |
Gottes Hilfe“ bald die neuen Sicherheitsapparaturen bald wieder | |
verschwinden werden. So sei es in der Vergangenheit schon einmal gewesen. | |
## Angst vor Veränderungen | |
Tatsächlich sind auch die Zugänge zur benachbarten Klagemauer, der | |
wichtigsten jüdischen Pilgerstätte, permanent durch Metalldetektoren | |
gesichert, ohne dass sich dort Proteste laut machen. Die Muslime jedoch | |
fürchten, so heißt es in diesen Tagen immer wieder, dass Israel den Status | |
quo verändern wolle, der Juden zwar Besuchsrechte aber nur Muslimen auch | |
Gebetsrechte auf dem Tempelberg einräumt. | |
Israels Regierung betont, an der bestehenden Regelung nichts verändern zu | |
wollen. Während sich an den Zugängen für Muslime kaum eine Seele sehen | |
ließ, bildete sich an der Mughrabi-Brücke, über die nichtmuslimische | |
Besucher zum Tempelberg kommen, trotz der Metalldetektoren eine Schlange, | |
die fast bis zur Stadtmauer reichte. | |
Einen „Tag des Zorns“ rief die Fatah am Mittwoch aus, und auch von der | |
Wakf, den vom jordanischen Königshaus beauftragten Religionshütern für die | |
muslimschen Pilgerstätten, kam keine Botschaft zur Beruhigung der erbosten | |
Muslime. „Alles was wir wollen, ist dass der Status quo erhalten bleibt“, | |
sagt Scheich Asam Khatib, Direktor der Wakf. | |
Dass Israels Regierung genau das verspricht, ändert nichts an seinem | |
Misstrauen, dass die Metalldetektoren bereits ein erster Schritt sein | |
könnten, um die Autorität des jordanischen Könighauses und der Wakf zu | |
untergraben. „Niemand darf gestört werden, wenn er beten will“, beharrt | |
Scheich Khatib entschieden. Es erscheint wie ein Dialog unter Tauben, denn | |
genau aus diesem Grund ließ die Regierung in Jerusalem die neuen | |
Sicherheitsanlagen anbringen. | |
Dass Israel für die Sicherheit zuständig ist, sieht Scheich Jussef Abu | |
Snaineh, der Prediger der al-Aksa-Moschee zwar ein. Wie genau dieser | |
Auftrag erfüllt werden soll, sagt der fromme Mann nicht. Nur dass „die | |
Metalldetektoren unakzeptabel“ sind, das findet auch er. Ein Mantra macht | |
sich breit in der Stadt, und je lauter es tönt, desto gefährlicher wird es. | |
19 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
## TAGS | |
Israel | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Jerusalem | |
Muslime | |
Palästinenser | |
Besatzung | |
Tempelberg | |
Tempelberg | |
Tempelberg | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Jerusalem | |
Israel | |
Irak | |
Viktor Orbán | |
Ungarn | |
Israel | |
Israel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Israel demontiert Sicherheitsanlagen: 50 Verletzte am Tempelberg | |
Es sah nach Entspannung aus, doch am Tempelberg gab es erneut Verletzte. | |
Polizisten gingen mit Tränengas und Schlagstöcken gegen Demonstrierende | |
vor. | |
Vor Freitagsgebet auf dem Tempelberg: Israel lockert Sicherheitsmaßnahmen | |
Die Sicherheitsvorkehrungen in Jerusalem werden abgebaut, um die Lage zu | |
entspannen. Die muslimische Führung ruft zur Rückkehr auf den Tempelberg | |
auf. | |
Politologe aus Palästina über Tempelberg: „Israel verschärft die Situation… | |
Zakaria Odeh betont die symbolische Bedeutung des Tempelbergs. Und erklärt, | |
warum die Saudis und Ägypter in der aktuellen Krise so zurückhaltend sind. | |
Eskalation in Israel: Anschlag im Westjordanland | |
Bei Protesten sterben drei Palästinenser, später kommt es zu einem | |
verheerenden Übergriff im Westjordanland. Abbas friert die Beziehungen zu | |
Israel ein. | |
Zusammenstöße am Tempelberg: Palästinenser in Jerusalem erschossen | |
Nach dem Tod zweier israelischer Polizisten nehmen die Spannungen weiter | |
zu. Am Freitag wurden bis zu 200 Menschen verletzt. | |
Nach Anschlag am Tempelberg: Kein Zutritt für Männer unter 50 | |
Die Polizei in Israel untersagt jungen muslimischen Männern den Zutritt zur | |
Altstadt in Jerusalem. Vor einer Woche waren dort zwei Polizisten | |
erschossen worden. | |
Verheerende Lage in Mossul: In Häuser gesperrt und Türen vermint | |
Mossul ist vom „Islamischen Staat“ befreit. Aber die Verhältnisse in der | |
irakischen Stadt bleiben fürchterlich, berichtet Ärzte ohne Grenzen. | |
Kommentar Netanjahu in Ungarn: Erbärmliche Gesinnungslosigkeit | |
Oft beschwört er den Kampf gegen den Antisemitismus in Europa. Nun | |
verspielt der israelische Regierungschef in Ungarn seine Glaubwürdigkeit. | |
Netanjahus Besuch in Ungarn: Brüder im Geiste | |
Der israelische Regierungschef versteht sich mit seinem Amtskollegen Orbán | |
prächtig. Doch es gibt antisemitische Misstöne. | |
Nach dem Anschlag in Jerusalem: Die Sicherheitslage ist prekär | |
Der Tempelberg ist wieder zugänglich, die Kontrollen wurden verschärft. Das | |
Attentat könnte Auslöser einer neuen Gewaltwelle sein. | |
Tempelberg in Jerusalem: Mehrere Tote bei Anschlag | |
In Ost-Jerusalem haben drei Angreifer zwei Polizisten erschossen, bevor sie | |
selbst getötet wurden. Der Tempelberg wurde abgeriegelt. |