# taz.de -- Jahresbericht des Verfassungsschutzes: Weiter in Alarmbereitschaft | |
> Der Verfassungsschutz präsentiert seinen neuen Jahresbericht. Sorgen | |
> bereiten dem Amt der islamistische Terror, Reichsbürger und G20. | |
Bild: Seine Baustellen werden größer: Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg … | |
BERLIN taz | Thomas de Maizière ist besorgt. „Mit voller Härte“ habe der | |
islamistische Terrorismus auch in Deutschland zugeschlagen, sagte der | |
Bundesinnenminister am Dienstag. Die letzten Monate hätten das Land | |
geprägt. Nun gelte es, die „Bedrohungen einzudämmen“. | |
De Maizière stellte in Berlin mit Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg | |
Maaßen den neuen Jahresbericht des Geheimdienstes vor. Die Terrorgefahr sei | |
weiter sehr hoch, betonte auch Maaßen. „Auch zukünftig kann es jederzeit zu | |
einem terroristischen Ereignis in Deutschland kommen“, heißt es in seinem | |
Bericht. Solche Anschläge zu verhindern, sei derzeit „oberstes Ziel“ seiner | |
Behörde. | |
Der Jahresbericht verweist dafür auf Festnahmen von Terrorverdächtigen in | |
Schleswig-Holstein, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Berlin. | |
Aber: Die Zahl der Salafisten, aus denen sich viele Anschlagswillige | |
rekrutierten, sei auch 2016 erneut gestiegen, von 8.350 auf 9.700 Personen. | |
Auch finde in dem Spektrum insgesamt eine „Kräfteverschiebung in den | |
gewaltorientierten beziehungsweise jihadistischen Bereich“ statt. Der | |
Verfassungsschutz spricht von einer „neuen Qualität“ und „verschärften | |
Gefährdungslage“. | |
Und der Islamismus ist nicht die einzige Baustelle. Auch im rechtsextremen | |
Bereich notiert der Verfassungsschutz einen Anstieg gewaltbereiter | |
Neonazis: von 11.800 auf 12.100. Auch die Zahl rechter Gewalttaten | |
kletterte von 1.408 auf 1.600. Vor allem in der Flüchtlingsdebatte finde | |
eine „deutliche Radikalisierung in Inhalt und Diktion“ statt, heißt es im | |
Bericht. Die Hemmschwelle zur Gewalt gegen Asylbewerber sinke weiter, | |
Politiker würden verächtlich gemacht. Von einer „zunehmenden Brutalität und | |
Gewaltintensität“ spricht der Verfassungsschutz. Und auch: von einer | |
„virulenten Gefahr rechtsterroristischer Potentiale“. | |
## Reichsbürger sind waffenaffin | |
In den Fokus nahm der Geheimdienst erstmals auch die Reichsbürger – seit | |
ein Mitglied im Oktober 2016 im bayrischen Georgensgmünd einen Polizisten | |
erschoss. Rund 10.000 Personen rechnet der Verfassungsschutz nun der Szene | |
zu, die aus unterschiedlichsten Gründen die Existenz der Bundesrepublik | |
anzweifelt. Etwa 600 seien klar rechtsextrem. Ihr „Gefährdungspotential“ | |
sei „sichtlich gestiegen“. | |
Der Verfassungsschutz nennt dafür deren „verschärfte politik- und | |
staatsfeindliche Agitation“. In sozialen Netzwerken häuften sich | |
Widerstandsaufrufe, viele Reichsbürger sähen sich einer „Notwehrlage“. | |
Gewalttaten von ihnen hätten 2016 „deutlich zugenommen“. Dazu komme eine | |
hohe Waffenaffinität der Szene: Rund 700 Reichsbürger hielten derzeit | |
Waffenerlaubnisse. Erst kürzlich bekräftigten die Innenminister der Länder, | |
die Szene entwaffnen zu wollen. In der Praxis geschieht dies allerdings | |
bisher kaum. | |
## Auch Zahl gewaltbereiter Linksextremer gestiegen | |
Neu unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen auch die Identitären. | |
Einige der zumeist jungen völkischen Aktivisten pflegten Kontakte zu offen | |
rechtsextremistischen Szene, andere kämen von dort, heißt es im Bericht. | |
Die Gruppe selbst lege eine „zunehmende islamfeindliche Agitation“ an den | |
Tag, einige Mitglieder hätten sich zuletzt radikalisiert. Deshalb sei die | |
Beobachtung – gegen die sich die Identitären verwehren – gerechtfertigt. | |
Drei Tage vor dem G 20-Gipfel blickt Verfassungsschutzchef Maaßen auch | |
besorgt auf die linksradikale Szene. In Hamburg steuere diese auf einen | |
„Höhepunkt“ ihrer Mobilisierungsfähigkeit zu, mit militanten Aktionen sei | |
zu rechnen. Die Stadt biete „ein günstiges Terrain für Besetzungsaktionen, | |
Blockaden und Straßenkrawalle“. Auch habe die Akzeptanz von Gewalt vor | |
allem gegen Polizisten oder Neonazis „spürbar zugenommen“. Und die Zahl | |
gewaltbereiter Linksextremer sei zuletzt deutlich gestiegen: von 7.700 auf | |
8.500 Personen. | |
4 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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