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# taz.de -- „Reichskönig“ Peter Fitzek vor Gericht: Diesmal ohne Hermelinm…
> Peter Fitzek, Scharlatan und Reichsgründer, steht vor Gericht. Er hatte
> eine Krankenkasse gegründet und die Versicherten abgezockt.
Bild: Alles „im Dienst an den Menschen“: Peter Fitzek
DESSAU taz | Der „König von Deutschland“ erscheint vor dem Landgericht
Dessau zwar nicht im Hermelinmantel wie bei seiner „Krönung“ 2012. Aber
charmant grüßt er am Dienstag die Besucher und wirft seiner Freundin einen
Kussmund zu. Einmal mehr ist der drahtige gelernte Koch, Esoterikhändler
und Karate-Trainer Peter Fitzek auch vor Gericht nicht zu erschüttern.
Dabei ist er zur Verhandlung aus der Haftanstalt Halle, wo er drei Jahre
und acht Monate Haft wegen unerlaubter Bankgeschäfte absitzt, nach Dessau
gebracht worden. Diesmal geht es um zwei Berufungen zu Verurteilungen am
Amtsgericht, eine wegen Verstoßes gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz,
die andere wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
Reichsbürger, Esoteriker, Narzisst, Betrüger, Scharlatan: Der 51-jährige
Fitzek ließe sich unter mehrere Rubriken fassen. Am Rande von Wittenberg
erwarb er ein ehemaliges Krankenhausgrundstück, erklärte es zu seinem
Königreich. Ein Mini-Staat im Staate, der tatsächlich ein reichliches
Dutzend von der großen Bundesrepublik frustrierte Staatsbürger fand.
Hunderte hingegen fielen auf die separate Währung, den „Engel“, herein oder
legten Geld auf der „Reichsbank“ an. Seit Juni 2016 saß Fitzek bereits in
Untersuchungshaft. Im Mai dieses Jahres wurde sein „Königreich“
zwangsgeräumt.
Sein BMW trug das Fantasiekennzeichen „Deutschland 1“, einen Führerschein,
vermeintlich aus Paraguay, bastelte Fitzek sich selbst. Um das Fahren ohne
Führerschein, für das er schon mehrfach zu Geldstrafen verurteilt worden
war, wird es erst bei den Juli-Terminen der Berufungsverhandlung gehen. Am
Dienstag spielte die Krankenversicherung „NeuDeutsche Gesundheitskasse“ die
Hauptrolle, mit der Fitzek nach eigenen Worten „Ersatzstrukturen für das
bestehende System“ schaffen wollte – „im Dienst an den Menschen“.
## Ein Schaden von 321.000 Euro
Die Vorgeschichte beginnt 2007 mit der Gründung des Vereins „Ganzheitliche
Wege“ durch Fitzek. Ihm folgte der nie rechtsfähig eingetragene Verein
„Neudeutschland“, der Träger dieser „Ersatzkasse“ wurde: ein
Fitzek-Ein-Mann-Betrieb. Von 2009 bis 2011 soll gutgläubigen
Versicherungsnehmern ein Schaden von 321.000 Euro entstanden sein, sagt die
Staatsanwaltschaft.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin wurde aufmerksam
und untersagte die Geschäfte. Zentraler Punkt für eine Genehmigungspflicht
dieser Aktivitäten sei jedoch der Rechtsanspruch auf
Versicherungsleistungen, so ein BaFin-Mitarbeiter vor Gericht. Fitzek
wusste das offenbar, bastelte an Vertragsklauseln, suchte sogar die
Beratung der Finanzaufsicht.
Eine Strafe von 120 Tagessätzen zu je 35 Euro, die das Amtsgericht Dessau
verhängte, wollten jedoch weder er noch die Staatsanwaltschaft akzeptieren.
Seine Anhänger, von denen einige im Gerichtssaal in T-Shirts mit der
Aufschrift „Königreich Deutschland“ erschienen, stört die Abzocke nicht.
Unter ihnen findet sich auch eine ehemalige DDR-Lehrerin, die im
Wittenberger „Königreich“ Arbeitseinsätze geleistet hatte. Mit dem ebenso
cleveren wie charismatischen Fitzek verband sie die Hoffnung auf eine
gründliche Alternative zum bestehenden System. „Ich unterstütze alles, was
Richtung Kommunismus geht“, verkündete sie und suchte in der
Verhandlungspause Genossen, mit denen man sich „zusammentun“ könne.
27 Jun 2017
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Reichsbürger
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Überwachung
Reichsbürger
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