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# taz.de -- Kommentar G20-Ausschreitungen: Scholz und Sühne
> Hamburgs Bürgermeister bezeichnet die Krawalle während des G20-Gipfels
> als „neue Dimension der Gewalt“. Das ist Unsinn.
Bild: Ist Scholz ein erledigter Fall?
Olaf Scholz hat sich die größten Niederlagen seiner Karriere selbst
organisiert. Zum Beispiel 2015 mit dem verlorenen Referendum über die
Olympia-Bewerbung der Stadt, als er die Stimmung ebenso falsch einschätzte
wie jetzt die Sicherheitslage vor und während des G20-Gipfels.
In seiner Regierungserklärung am Mittwoch zu den Hamburger Krawallen hat
Scholz nun die Flucht nach vorn angetreten. Um nicht über die Details eines
teilweise dilettantischen Polizeieinsatzes reden zu müssen, sprach der
Bürgermeister von einer „neuen Dimension der Gewalt“. Jeder, der sich mit
der Geschichte der Bundesrepublik beschäftigt hat, weiß, dass dies falsch
ist.
In Wackersdorf oder bei den Krawallen am 1. Mai 1987 in Kreuzberg war das
Gewaltniveau ähnlich oder höher. Die Fähigkeit der Autonomen zur
„generalstabsmäßigen Planung“ ist nicht so groß, wie Scholz suggeriert. …
Gegenteil: Ihre Gewalt entfaltet sich vor allem dort, wo es die Polizei
selbst an der einfachsten Planung fehlen lässt – wie am Freitag im
Schanzenviertel.
Auch eine zweite Bemerkung aus Scholz’ Regierungserklärung ist Unsinn.
„Wenn ein solcher Gipfel in Hamburg nicht stattfinden könnte, dann ließe er
sich künftig auch in keiner anderen westeuropäischen Stadt veranstalten.“
Dabei hätten Köln oder München, zwei Städte ohne große Krawallszene, den
G20-Gipfel wohl ohne größere Störungen über die Bühne gebracht. Den Gipfel
in Hamburg abzuhalten, in unmittelbarer Nähe zur letzten großen
Autonomenhochburg, war dagegen die dümmste Idee, auf die man kommen konnte.
Scholz will davon ablenken, und das ist gefährlich. Der nächste G20-Gipfel
findet 2037 in Deutschland statt. Bis dahin dürfte ein guter Teil derer,
die in Hamburg randalierten, schon mangels Gelegenheit nicht mehr
sonderlich auffällig werden. Die Autonomen sind, wenn nicht ein Gipfel in
ihrer Nähe stattfindet, im Grunde ein erledigter Fall. Aber wer sie zu
einem ernstzunehmenden Gegner aufbläst, könnte ihnen neuen Zulauf
bescheren.
Ob Scholz auch ein erledigter Fall ist, ist schwerer zu beantworten. Die
Personaldecke in der SPD ist dünn, nach der Bundestagswahl vermutlich noch
dünner. Einen Bürgermeister, der mit solchen Ablenkungsmanövern durchkommt,
könnte die Partei noch gut gebrauchen.
12 Jul 2017
## AUTOREN
Martin Reeh
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Olaf Scholz
Hamburg
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